Langlebige Umweltgifte, die etwa bei industriellen Prozessen und in der herkömmlichen Landwirtschaft entstehen und in die Umwelt gelangen, sind vor allem für hoch in der Nahrungskette stehende Tiere wie Eisbären, Elfenbeinmöwen und Eismöwen gefährlich. Dies ist prinzipiell schon länger bekannt und zu den physiologischen Effekten der Umweltgifte, die in der kalten Arktis besonders langlebig sind, gibt es schon eine Reihe von Untersuchungen.
Forscher des norwegischen Instituts für Naturforschung (NINA) haben die Wirkungen auf den Artbestand von Eismöwen nun erstmals auch quantitativ zu erfassen versucht. Sie teilen unter anderem mit, dass stark belastete Eismöwen eine jährliche Überlebensrate von nur 40-50 % haben.
Die Studie wurde an Eismöwen auf der Bäreninsel durchgeführt, wo jedes Jahr tote Eismöwen mit hohen Konzentrationen von Umweltgiften gefunden werden. Aufgrund ihrer Lage und der lokalen meteorologischen Bedingungen gehört die Bäreninsel zu den am stärksten belasteten Gebieten in der gesamten Arktis (weitere Hintergründe hierzu im Buch „Die Bäreninsel“).
Probennahme bei einer Skua auf der Bäreninsel.
Das sehr warme und feuchte Winterwetter hat bislang zu einer schlechten Wintersaison geführt, worunter sowohl Touristen als auch unternehmungsfreudige Einheimische leiden. Plusgrade und Regen haben Schnee in kilometerweite blanke Eisflächen verwandelt, und die Mitte März sonst gefrorenen Fjorde bieten statt ski- und motorschlittenfreundlichen Eisdecken dunkles, offenes Wasser. Übliche Ausflugsziele wie Kapp Linné sind kaum erreichbar, und das zu dieser Zeit üblicherweise im Tempelfjord eingefrorene „Schiff im Eis“ fällt bislang weitestgehend aus. Insgesamt verlangt die Situation von Touristen und Veranstaltern viel Flexibilität.
Kilometerweit blankes Eis statt Schnee: Da bleibt man besser zu Hause.
Im Herbst vergangenen Jahres griff die Polizei in einer Razzia in Longyearbyen elf junge Leute mit Drogen auf. Mittlerweile sind 10 von ihnen zu Geldstrafen oder Gefängnisstrafen bis zu 60 Tagen (teilweise auf Bewährung) verurteilt. Neben Besitz und Verkauf von bis zu 100 Gramm Haschisch kam es in mindestens einem Fall zu einem Urteil wegen unsachgemäßer Aufbewahrung einer Schusswaffe. Zwei Personen wurden darüber hinaus mit einem mehrjährigen Aufenthaltsverbot für Spitzbergen belegt. In einer Internet-Umfrage der Svalbardposten nach der Razzia sprachen sich im vergangenen Herbst von 1060 Leser 911 dafür aus, Rauschgiftmissbrauch mit der Ausweisung aus Spitzbergen zu ahnden.
Unter dem Strich handelt es sich um Kleinkriminalität zur Deckung des Eigenbedarfs, was aber im Kontext eines kleinen, isolierten Ortes mit einem hohen Anteil junger Menschen an der Bevölkerung und entsprechendem Ausbreitungspotential gesehen werden muss. Das Haschisch wurde mit der Post aus Norwegen geschmuggelt.
In Longyearbyen wächst das Gras nicht nur auf der Tundra.
Die Ablehnung von Anträgen zur Genehmigung archäologischer Feldarbeit wird mehr zur Regel als zur Ausnahme. Nachdem der bekannte russische Archäologe Vadim Starkov bereits im Sommer 2011 eine alte Pomorenansiedlung in der Bettybukta im Süden Spitzbergens nicht ausgraben durfte, verweigerte der Sysselmannen jetzt die Genehmigung zur Ausgrabung eines russischen Schiffswracks in der Vrakbukta im Van Mijenfjord. Das Wrack, das wahrscheinlich als Brenn- und Baumaterial ausgeschlachtet wurde, liegt auf dem Trockenen, ist aber größtenteils im Boden und sollte zur Dokumentation freigelegt und anschließend wieder zugedeckt werden. Der Sysselmannen hat den Antrag vorläufig abgelehnt mit der Begründung, dass das Wrack während der kurzen Exposition möglicherweise durch Wind und Wetter Schaden nehmen könnte. Die endgültige Entscheidung fällt in Oslo (Riksantikvar).
Nicht überraschend kam die Ablehnung eines russischen Antrages, bei Russekeila, westlich vom Grønfjord, eine Rekonstruktion einer Pomorenhütte zu bauen. Diese hätte als Museum und als Ausflugsziel für Touristen dienen sollen. Gebäude außerhalb der bestehenden Siedlungen sind generell kaum genehmigungsfähig, zumal Russekeila innerhalb eines Geotops liegt (Schutzgebiet für geologische Besonderheiten).
Bei Russekeila, zwischen Barentsburg und Kapp Linné, befand sich eine der wichtigsten Pomorensiedlungen. Das Kreuz ist eine Rekonstruktion.
Mitteilung aus eigenem Hause: Vom Reiseführer „Spitsbergen-Svalbard“ ist nun die dritte englische Auflage erschienen und ab sofort erhältlich. Die zweite englische Auflage war schon eine Weile vergriffen und die Überarbeitung musste hinter anderen Projekten zunächst zurückstehen, bevor sie während des vergangenen Winters in Angriff genommen werden konnte. Auch die dritte Auflage folgt in Struktur, Stil und Optik den bewährten früheren Auflagen, ist im Detail aber an vielen Stellen in Wort und Bild überarbeitet und aktualisiert.
In der norwegischen Politik und anscheinend auch in der öffentlichen Wahrnehmung herrscht vielfach die Meinung vor, Touristen seien in der Arktis a priori eine starke Gefährdung der Umwelt, die oft reflexartig als „empfindlich“ bezeichnet wird. Auf der Grundlage solcher nicht dokumentierten Vermutungen werden weitreichende Sperrungen großer Gebiete erwogen (siehe etwa Artikel „Ost Svalbard“ im Dezember 2011 in diesem Nachrichtenarchiv). Diese und andere mitunter drastischen Schritte, die teilweise noch nicht einmal dem Umweltschutz, sondern der Einrichtung von Privatspielplätzen („reference areas“) für die Verwaltung und „verwaltunsgrelevante Forschung“ dienen sollen, basieren nicht auf dokumentierten tatsächlichen oder wenigstens gut beschriebenen erwartbaren Umweltproblemen, sondern auf dem „føre var prinsippet“, dem vorbeugenden Prinzip, das allerdings stark überstrapaziert wird.
Eine solche Überstrapazierung des „vorbeugenden Prinzips“ mangels tatsächlich erkennbarer Probleme zur Begründung drastischer Verwaltungsschritte hat in den letzten Jahren dazu geführt, dass die Verwaltung an Akzeptanz verliert und somit ein Legitimitätsproblem bekommt.
Das Norwegische Institut für Naturforschung (NINA) ist diesem Problem nachgegangen und hat nun einen Bericht dazu veröffentlicht, der auf Daten basiert, die in 3 Jahren Feldarbeit (2008-2010) erhoben wurden. An 30 Lokalitäten an der Westküste wurden Touristengruppen beobachtet, Interviews mit Touristen und Guides gemacht und vor allem das Gelände in Augenschein genommen, um die Gefährdungspotentiale im Hinblick auf Tiere, Vegetation, Gelände (Erosion) und Kulturdenkmäler zu beurteilen. Laut Bericht haben erfahrenen Guides eine Schlüsselposition, um positiv auf umweltverträgliches Verhalten von Besuchern einzuwirken. Der Bericht kommt überwiegend nicht zu abschließenden Ergebnissen, sondern macht der Verwaltung konkrete Empfehlungen zu einer gezielteren Datenerhebung, um eine Beurteilung des Umweltgefährdungspotentials durch Tourismus überhaupt zu ermöglichen.
Touristenbesuch auf einer Insel im Liefdefjord: wieviel Umweltschaden richten sie tatsächlich an?
Landungen mit Hubschraubern außerhalb der registrierten Flugplätze sind in Spitzbergen prinzipiell verboten. Ausnahmen müssen vom Sysselmannen genehmigt werden. Nun liegen Zahlen für Hubschrauberlandungen im Gelände für das Jahr 2011 vor: Insgesamt hat es davon nicht weniger als 2403 gegeben. 1729 davon dienten dem Bergbau und der Suche nach Mineralien, 335 waren Landungen bei Forschungsflügen. Nicht in die Statistik eingegangen sind offensichtlich Flüge zu Verwaltunsgzwecken. Touristische Flüge sind grundsätzlich nicht erlaubt und werden auch im Einzelfall nicht genehmigt.
Der Eisbärenangriff auf ein Zeltlager einer englischen Jugendgruppe im Tempelfjord vom August 2011, bei dem ein 17-jähriger Jugendlicher ums Leben kam und 4 weitere verletzt wurden, bevor der sehr aggressive Eisbär erschossen werden konnte, wird seitens des Sysselmannen nicht weiter strafrechtlich verfolgt. Zu dem Unglück habe eine ungünstige und ungewöhnliche Kombination unglücklicher Umstände geführt, strafrechtlich relevantes Verhalten der Organisation (BSES, British School Exploring Society) oder von Einzelpersonen habe es aber nicht gegeben.
Die Eltern des Verstorbenen haben gegen die Einstellung des Verfahrens rechtliche Schritte eingeleitet.
Der Eisbär, der die Gruppe im Tempelfjord angegriffen hatte, war mindestens so ausgehungert wie dieser magere Bär hier im Duvefjord (Nordaustland), hatte dazu aber noch starke Zahnschmerzen.
Die IMO (International Maritime Organization) ist eine Abteilung der UNO und regelt Schiffsverkehr auf globaler Ebene. Seit einigen Jahren wird in der IMO an einem Polar Code gearbeitet, der durch verschiedenste Vorgaben Schiffsverkehr in polaren Gewässern sicherer machen soll. Die Vorgaben reichen von der Konstruktion der Schiffe über Sicherheitsausstattung bis hin zur Qualifikation der Mannschaft. Umweltschutz ist ein weiterer wichtiger Schwerpunkt.
Naturgemäß sind bei einem so komplexen Vorhaben viele Aspekte umstritten, so dass es nun nicht, wie geplant, in diesem Jahr zu einem Beschluss kommen wird, sondern wohl erst im Herbst 2014. Das langsame Vorgehen steht in der Kritik von Umweltorganisationen. In der Tat ist der in den letzten Jahren deutlich angewachsene Schiffsverkehr durch Frachtschiffe und insbesondere Öltanker in bestimmten Gewässern wie etwa der Nordwest- und Nordostpassage Anlass zur Sorge. Andererseits sind vielerorts nationale Regierungen in der Lage, wichtige Regelungen schneller einzuführen. So gilt mittlerweile in Spitzbergen das für den Umweltschutz bedeutsame Schwerölverbot. Seit August 2011 ist dies auch in der Antarktis der Fall.
In der Diskussion ist auch ein generelles Verbot aller Schiffe, die vor einem bestimmten Jahr wie 1996 gebaut wurden. Ob ein solcher Schnitt mit der Sense, der für viele drastische Konsequenzen hätte, zielführend wäre, ist zweifelhaft. Gerade kleinere Eismeerschiffe wurden früher oft sehr robust gebaut. Ein Ersetzen solcher Schiffe, wenn überhaupt möglich, wäre vermutlich aus Sicht des Umweltschutzes zumindest teilweise kontraproduktiv.
Die komplexe Thematik wird dadurch noch schwieriger, dass es sich um eine riesige, vielfältige Region handelt, deren Teilgebiete von unterschiedlichsten Bedingungen geprägt sind. So ist etwa die Westküste Spitzbergens über große Teile des Jahres für Schiffe aller Art meistens problemlos zugänglich, so dass der Einsatz von spritfressenden Eisbrechern dort insbesondere im Sommer grobe Ressourcenverschwendung ist. Die nahegelegene Nordostecke von Grönland ist hingegen selbst im Sommer nur mit schweren Eisbrechern erreichbar, wenn überhaupt. Ähnliche regionale Unterschiede gibt es in der Antarktis, etwa im Vergleich der weitgehend eisfreien nordwestlichen Antarktischen Halbinsel einerseits und dem eisreichen zentralen Weddell- oder Ross Meer andererseits.
Der schwedische Eisbrecher Oden an der Westküste Spitzbergens (Juni 2008, mit den skandinavischen Thronfolgern an Bord).
Das schwedische Schiff Stockholm, hier an der Nordküste Spitzbergens, ist mit Baujahr 1953 sicherlich eines der ältesten Schiffe, die regelmäßig in Spitzbergen fahren, aber sehr robust und kräftig gebaut.