Die Übersäuerung der Ozeane gehört zu den bislang oft übersehenen, von Fachleuten aber gefürchteten Konsequenzen der Klimaänderung: Die Weltmeere nehmen große Mengen des in der Atmosphäre enthaltenen Kohlendioxids auf. Mit steigendem CO2-Gehalt der Atmosphäre steigt auch die Menge des im Wasser gelösten CO2: der pH-Wert fällt, das Wasser wird „saurer“.
Als Folge wird befürchtet, dass darunter insbesondere solche Organismen leiden, die ein Endoskelett (sprich: Schale) aus Kalk aufbauen. Dazu zählen verschiedene Planktonarten von Einzellern bis hin zu marinen Schnecken, die alle eines gemeinsam haben: sie sind wichtig für die Nahrungskette im Meer. Fällt der pH-Wert unterhalb von Schwellen, die einzelne Arten tolerieren können, wäre es möglich, dass ganze Glieder aus der Nahrungskette herausbrechen. Im Extremfall könnte der Kollaps regionaler Ökosysteme die Folge sein. Auch Seevogelkolonien und Tiere wie Wale, Robben und Eisbären sind völlig von der im Plankton bestehenden Basis der marinen Nahrungskette abhängig. Beobachtungen mehren sich, dass solche Befürchtungen nicht blanke Panikmache sind, sondern durchaus real sein können.
Immerhin gibt es jetzt auch eine fundierte Beobachtung, die andeutet, dass das marine Ökosystem in Spitzbergen gegen eine Übersäuerung möglicherweise widerstandsfähiger ist als bislang befürchtet. Im Kongsfjord haben Wissenschaftler das Meerwasser an Beobachtungsstationen mit Kohlendioxid angereichert und die Entwicklung beobachtet. Entgegen der Erwartung konnte kein Einfluss auf die Artenzusammensetzung und den Zustand des Zooplanktons festgestellt werden. Dies gibt Anlass zur Hoffnung, dass das ökologisch so bedeutsame marine Zooplankton in der Arktis doch resistenter gegen fallende pH-Werte sein könnte als angenommen.
Gewissheit lässt sich daraus natürlich noch nicht ableiten. Es handelt sich bislang nur um eine zeitlich und räumlich eng begrenzte Beobachtung. Untersuchungen, welche die Empfindlichkeit des Zooplanktons gegen einer Übersäuerung feststellen, sind nicht aus der Luft gegriffen. Wie heißt es so schön am Ende einer jeden wissenschaftlichen Veröffentlichung: „weitere Untersuchungen werden benötigt …“
Flügelschnecken im Krossfjord: Wie empfindlich sind sie gegen eine Übersäuerung des Meerwassers? Ökologisch ist das eine der 10000000-Euro-Fragen.