Neues aus der Welt der Rentiere, die derzeit während der Polarnacht harte Zeiten erleben. Die härtesten Zeiten kommen allesdings, genau so wie für die früher überwinternden Jäger, im Frühjahr, wenn das Licht zurückommt. Dann sind die Fettreserven nämlich bereits weitgehend aufgebraucht, Schnee und Eis blockieren aber noch eine ganze Weile den Zugang zur Nahrung.
Um unter diesen extremen Bedingungen zu überleben, können Rentiere mehr sehen als Menschen. Wir Menschen können Licht sehen, dessen Wellenlänge sich zwischen 400 und 700 nm (Nanometer) bewegt: das Spektrum der Regenbogenfarben. Was außerhalb liegt, wie Ultraviolettstrahlung (UV) mit Wellenlängern kleiner als 400 nm oder im Infrarotbereich überhalb von 700 nm, können wir mit den Augen nicht mehr wahrnehmen. Allerdings kann die schädliche Wirkung der UV-Strahlung auf der Hornhaut zu Schneeblindheit führen.
Rentiere können hingegen Licht unterhalb von 400 nm wahrnehmen. Ihre Sehfähigkeit geht bis zu 320 nm und damit weit über unsere hinaus. Unbekannt ist, wie genau sie in diesem Bereich sehen, ob sie etwa Farben wahrnehmen oder nur Helligkeitsstufen (schwarzweiß).
Diese Fähigkeit hilft den Rentieren möglicherweise bei der Suche nach Nahrung: Wichtige Futterpflanzen absorbieren Teile des UV-Spektrums durch die Fotosynthese. Somit sind sie im Rahmen des UV-Spektrums möglicherweise kontrastreicher zu sehen. Auch im berühmt-berüchtigten Whiteout können sie sich möglicherweise besser orientieren, und möglicherweise auch Angreifer wie Wölfe schneller wahrnehmen – unwichtig in Spitzbergen, wo es keine Wölfe gibt, aber die Sehfähigkeit der Rentiere hat sich in der Evolution in viel größeren Regionen der Arktis und Subarktis entwickelt.
In der Tierwelt sind Rentiere damit keine Ausnahme. Sehfähigkeit im UV-Bereich ist bereits bei Vögeln, Fledermäusen, Nagetieren und Insekten nachgewiesen worden. Möglicherweise ist die beschränkte Sehfähigkeit der Menschen die Ausnahme und nicht die erweiterte Wahrnehmung mancher Tiere.
In einem weiteren Artikel berichtet forskning.no über die Evolution der Rentiere: Die Vielfältigkeit des Genpools hat stark mit den Klimaänderungen des Eiszeitalters zu tun. Trennung von Lebensräumen durch die Bildung großer Inlandeise in Nordamerika hat zu unterschiedlichen genetischen Varianten und Anpassungen in verschiedenen Teilen der Arktis geführt. Das auf riesigen Flächen verbreitete Tundra-Rentier hat dabei eine große Anzahl genetischer Varianten entwickelt, während die genetische Vielfalt beim Wald-Rentier vergleichsweise eingeschränkt ist, da der Lebensraum des Wald-Rentiers während der Eiszeiten deutlich eingeschränkt war. Möglicherweise ist das Tundra-Rentier dadurch vergleichsweise gut in der Lage, auf sich ändernde Lebensbedingungen durch Anpassung zu reagieren. Während der Eiszeit haben Rentiere jedenfalls außerordentliche Anpassungsfähigkeit bewiesen. Immerhin gehören sie zu den wenigen Vertretern der eiszeitlichen „Megafauna“, während andere Arten wie Mammut, Säbelzahntiger und Riesenhirsch ausgestorben sind.
Überlebenskünstler im extremen Klima: Rentiere in Spitzbergen.

Quelle: Forkning.no (UV-Sehfähigkeit, genetische Vielfalt)
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