Am Donnerstag (20. Februar) wird in Barentsburg die Rückkehr der Sonne gefeiert, die sich zum ersten Mal seit Ende Oktober wieder über den Bergen zeigt. In Longyearbyen muss noch bis zum 08. März gewartet werden, da der Blick nach Süden deutlich stärker von Bergen verstellt ist.
Eine passende Gelegenheit für ein paar Informationen zu Polarnacht und Polartag. Die grundlegende Himmelsmechanik mit der Neigung der Erdachse, die zur Entstehung von Polartag und Polarnacht führt, ist sicher allgemein bekannt. Wahrscheinlich auch, dass durch Brechung des Lichts in der Atmosphäre der Polartag immer etwas länger ist als die Polarnacht: Die Sonne ist oft über dem Horizont sichtbar, wenn sie tatsächlich direkt unter dem Horizont steht. Die Stärke dieses Effekts variiert je nach Wetterlage. Nach einer frühen Beschreibung des Effekts bei der Überwinterung von Barents auf Novaya Zemlya (1596-76, die Reise, auf der auch Spitzbergen entdeckt wurde) wird dieses Phänomen auch als Novaya-Zemlya-Effekt bezeichnet.
Soweit so gut. Dennoch sollte die Polarnacht in Arktis und Antarktis zwar um ein halbes Jahr versetzt im Winter der jeweiligen Halbkugel, aber dennoch auf gleicher Breitenlage gleich lang sein. Denkt man. Ist aber nicht so. In der South Polar Times, Ausgabe 1 vom April 1902 (Expeditionszeitung von Scotts erster Antarktis-Reise mit der Discovery, Herausgeber: Ernest Shackleton, erschienen auf der Discovery im McMurdo Sound) steht das so (übersetzt): Der Südpolarwinter ist fast acht Tage länger als der Nordpolarwinter. Dies ist so, da sich die Erde im ersten Fall weiter weg von der Sonne befindet (Aphelion), und sich daher langsamer auf ihrer Umlaufbahn bewegt. Im Nordwinter ist die Erde näher an der Sonne (Perihelion), und bewegt sich daher schneller.“
Der Grund ist das 2. Keplersche Gesetzt, das besagt: Ein von der Sonne zum Planeten gezogener „Fahrstrahl“ überstreicht in gleichen Zeiten gleich große Flächen. (Zitat aus Wikipedia). Somit bewegt sich die Erde schneller auf ihrer Umlaufbahn, wenn sie näher an der Sonne ist. Das ist im Winter der Nordhalbkugel der Fall. Logo, oder?
Somit verbringt die Erde weniger Zeit in dem Teil der Umlaufbahn, der der Arktis die Polarnacht beschert. Im Südwinter hingegen ist sie langsamer und verbringt daher mehr Zeit in der Position, welche der Antarktis die Polarnacht bringt.
Wie groß ist der Effekt? Die Länge der Polarnacht beträgt
auf 80°Nord: 122 Tage (21 Oktober – 20. Februar)
auf 80°Süd: 128 Tage (18. April – 24. August)
Der Unterschied beträgt also immerhin sechs Tage! Die Werte lassen sich auf der Seite des US Naval Observatory berechnen.
Hut Point, wo die South Polar Times 1902 erstmalig erschien, liegt auf 77°47’S, also 133 Meilen nördlich des 80. Breitengrades. Somit sind die dort angegebenen acht Tage Unterschied etwas übertrieben, aber auf den Pol selbst trifft das beinahe zu.
Polarnacht in Nord und Süd auf gleicher Breite sind somit nicht gleich lang.
Für fachliche Information und den Hinweis auf das US Naval Observatory danke ich Andreas Kaufer.
Das letzte Sonnenlicht direkt vor Beginn der Polarnacht in Barentsburg, 22. Oktober.