Die Eiskappe Austfonna bedeckt große Teile des Nordaustland, der zweitgrößten Insel der Spitzbergen-Inselgruppe. Insgesamt bedeckt die Eiskappe, die genau genommen aus mehreren zusammengewachsenen Eiskappen besteht, gut 8400 Quadratkilometer.
Für längere Zeit galt Austfonna als recht stabil: massive Volumenverluste wie bei vielen anderen Gletschern Spitzbergens und sonstwo in der Arktis fanden nicht statt. Randliche Bereiche wurden langsam dünner, zentrale Teile gewannen an Mächtigkeit hinzu. Bei kleineren Gletschern kennt man so ein Verhalten, wenn es über längere Zeit hinweg andauert, als Surge. Dieses plötzliche Vorstoßen, bei dem ein Gletscher innerhalb von 1-2 Jahren viele Kilometer nach vorn „springen“ kann, ist ein Ergebnis der Gletscherdynamik und unabhängig von Klimaänderungen (mehr dazu in Steine und Eis). Auch Teile von Austfonna haben früher bereits „gesurgt“, wie Bråsvellbreen im südlichen Bereich in den 1930er Jahren.
Nun haben Satellitenbilder deutliche Anzeichen geliefert, dass große Teile der Eiskappe sich in beschleunigte Bewegung versetzt haben. Auf breiter Front schiebt sich die Abbruchkante in die Barentssee vor und bringt große Mengen von Eisbergen hervor. Dadurch liefert Austfonna derzeit einen größeren Beitrag zum Meeresspiegelanstieg als alle anderen Gletscher Spitzbergens zusammen. Dennoch gehen Wissenschaftler, die Austfonna schon länger beobachten, davon aus, dass die Eiskappe mittelfristig eher Masse zulegen wird.
AECO, der Verband von Expeditions-Kreuzfahrten-Veranstaltern in der Arktis, hat bereits zu vorsichtiger Navigation in der Region aufgerufen, da vermehrt mit Eisbergen und Änderungen der Küstenlinie zu rechnen ist.
Ein solches Ereignis, wo eine Eiskappe sich auf tausenden von Quadratkilometern in schnelle Bewegung versetzt, ist für die jüngere Zeit, in der die Region genau wissenschaftlich untersucht wird und regelmäßig touristisch bereist werden kann, einzigartig. Die Beobachtung, die wesentlich auf Daten des europäischen Satelliten Sentinel-1a beruht, ist auch deswegen wissenschaftlich beachtlich, weil der Satellit zur Zeit der Aufnahme noch nicht einmal richtig in der Umlaufbahn angekommen war, aber dennoch bereits in der Lage war, sehr wertvolle Daten zu liefern.
Die Eiskappe Austfonna auf dem Nordaustland hat sich auf großer Fläche in schnellere Bewegung versetzt.