Di
8. Jul
2014
Nach dem Abstieg vom Beerenberg beschlossen mehrere, noch am selben Abend nach kurzer Pause zurück in die Kvalrossbukta zu marschieren. Meinerseits hatte ich erstens definitiv keine Lust, an den Beerenberg-Tag noch einmal 18 Kilometer anzuhängen, und zweitens gibt es unterwegs so viel zu sehen, dass ein paar Stunden zunächst auf jeden Fall nötig waren.
Natürlich wurde es wieder windig, sobald wir in unseren Schlafsäcken im schwarzen Sand lagen, und der Sand fand seinen Weg in alle Löcher. Diejenigen, die verantwortlich sind dafür, dass man außerhalb der Kvalrossbukta nirgendwo mehr zelten darf, sollen bloß froh sein, dass sie uns an diesem Abend im Ekerolddalen nicht über den Weg gelaufen sind. Trotzdem wurde es für mich definitiv der beste Schlaf, seit wir vor über einer Woche Island verlassen hatten. Wahrscheinlich war ich einfach müde genug.
Nach einigen Stunden Ruhe und einem Frühstück aus einer Art grünem Beton auf Grundlage von Erbsen stopften wir vier im Ekerolddalen letztlich verbliebenen die Sachen in die Rucksäcke und zogen los. Ein kurzer Umweg hoch auf einen kleinen Krater brachte einen Blick in eine frische Vulkanlandschaft, die nach ca. 1820 noch aktiv gewesen sein muss (Besuch von Scoresby).
Die meisten hatten nicht mehr die richtige Kombination aus Energie und Motivation, um vermeidbare Umwege in den Rückmarsch einzubauen, so dass wir in Kleinstbesetzung durch die Lavawüste zur Eldste Metten stapften. Überbleibsel aus längst vergangenen Zeiten, als Jan Mayen noch Niemandsland war, und auf einmal wieder ein blauer Himmel über kargen Felsen und wilder Brandung.
Eine zweite Exkursion führte durch das kurze Jøssingdalen zur Nordlagune, wo Wetterstation und Garnison während und nach dem Zweiten Weltkrieg untergebracht waren. Landschaftlich einer der freundlichsten Teile Jan Mayens, man könnte dort deutlich mehr Zeit verbringen, zum Wasserfall im Desemberdalen wandern oder auf den einen oder anderen der umgebenden Hügel … so viele landschaftlich schöne Ecken, so viel interessante historische Details. Luftangriffe im Wilczekdalen, wo Skuas irgendwo ein Nest haben, das sie meinen, gegen uns verteidigen zu müssen. In der Maria Muschbukta die Reste der österreichischen Station von 1882-83 mit dem Grab des Matrosen Viscovich-Sturla (der Name hat doch wohl Rhythmus!). All die alten Geschichten.
Dann fiel der Vorhang im wahrsten Sinne. Aber besser hätte das Timing kaum sein können, gerade waren die Kameras weggepackt, als der Wind kräftiger und der Nebel dichter wurde. Viele schöne Erinnerungen an frühere Besuche kamen hoch an Zeiten, wo das Wetter mitunter verhinderte, aber nicht das Gesetz, und das Foto-Archiv ist auch deutlich bereichert mit vielen Bildern, die garantiert besser sind als das, was die alten Dias von damals noch so hergeben.
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Auf den verbleibenden Teil hätten wir dann auch verzichten können. Hätte ein Bus gehalten, wären wir eingestiegen, davon kann man ruhig ausgehen. Aber es gab keinen. Dafür gab es noch etliche Kilometer die Piste entlang, durch Dämmerung und Nebel, durch die endlose Sand- und Steinwüste. Die Rucksäcke wurden schwerer und schwerer, die Füße breiter und breiter, aber was soll man sagen, irgendwann war die Kvalrossbukta tatsächlich erreicht. Eine Wohltat, den Rucksack nach 32 Kilometern endgültig abzuwerfen! Und es gab tatsächlich noch Lamm-Eintopf … so schön kann das Leben auf Jan Mayen sein.