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Tages-Archiv: 15. Juni 2015 − News & Stories


Eis­bär frisst Del­fin: nor­mal oder nicht?

Der­zeit kur­sie­ren in den Medi­en Fotos, die zei­gen, wie ein Eis­bär den Kada­ver eines Del­fins frisst. Sowohl in den Arti­keln, die dazu ver­öf­fent­licht wer­den, als auch in den Kom­men­ta­ren wer­den ver­schie­de­ne Ver­mu­tun­gen und Behaup­tun­gen vor­ge­bracht, die alles in allem Anlass sind, das The­ma hier zusam­men­fas­send auf­zu­grei­fen.

Die Beob­ach­tung war bereits im April 2014, als Jon Aars, Eis­bä­ren­for­scher beim nor­we­gi­schen Polar­in­sti­tut, im Raud­fjord einen Eis­bä­ren ent­deck­te, der dabei war, den Kada­ver eines Weiß­schnau­zen­del­fins zu fres­sen. Wie genau der Del­fin zu Tode gekom­men war, wur­de nicht beob­ach­tet. Trotz­dem las­sen sich aus der Situa­ti­on aller­hand Rück­schlüs­se zie­hen. In der fol­gen­den Zeit wur­den noch wei­te­re Eis­bä­ren mit wei­te­ren toten Del­fi­nen im glei­chen Fjord gese­hen.

Weiß­schnau­zen­del­fi­ne sind häu­fig in Spitz­ber­gen, aller­dings eher auf offe­nem Meer und nicht in den Fjor­den, so dass sie nicht all­zu oft gese­hen wer­den. Das trägt zur weit­ver­brei­te­ten Annah­me bei, dass es Del­fi­ne in der Ark­tis eigent­lich nicht gibt und dass ihr schein­bar plötz­li­ches Auf­tau­chen dort nun mög­li­cher­wei­se ein Zei­chen der Kli­ma­än­de­rung sein müs­se. Ganz unab­hän­gig von der zwei­fel­los statt­fin­den­den Kli­ma­än­de­rung ist die­ser Rück­schluss falsch, denn sie sind häu­fig in der Regi­on, sie hal­ten sich nur meist von den Küs­ten eher fern. Gele­gent­lich wer­den Weiß­schnau­zen­del­fi­ne aber auch in den Fjor­den gese­hen.

Es steht zu ver­mu­ten, dass die betref­fen­den Weiß­schnau­zen­del­fi­ne im Raud­fjord von Treib­eis ein­ge­schlos­sen wur­den, das der Nord­wind in den Tagen zuvor gegen die Küs­te getrie­ben hat­te. Im Fjord waren die Del­fi­ne gezwun­gen, regel­mä­ßig an klei­nen Löchern im Eis auf­zu­tau­chen und Luft zu holen, wo sie, wie sonst Rob­ben, zur leich­ten Beu­te von Eis­bä­ren wur­den. Eis­bä­ren sind in der Lage, auch gro­ße Rob­ben mit Pran­ken­schlag oder Biss in den Schä­del unmit­tel­bar zu töten und sie dann aus einem Eis­loch hin­aus­zu­zie­hen. Die Ver­mu­tung liegt nahe, dass sie das mit den Del­fi­nen, deren Grö­ße mit der einer Bart­rob­be ver­gleich­bar ist, eben­falls kön­nen, sobald die­se ent­ge­gen sons­ti­ger Gewohn­heit gezwun­gen sind, in einem Atem­loch im Eis auf­zu­tau­chen.

Eis­bä­ren sind als Nah­rungs­op­por­tu­nis­ten bekannt, fres­sen also alles, was sie zu fas­sen bekom­men und kau­en kön­nen. Es ist alles ande­re als über­ra­schend, dass sie auch Del­fi­ne nicht ver­schmä­hen, wenn sich ihnen die sel­te­ne Gele­gen­heit bie­tet. Es wäre im Gegen­teil merk­wür­dig, wenn sie das nicht täten.

Dass Eis­bä­ren nor­ma­ler­wei­se kei­ne Del­fi­ne fres­sen, liegt ein­fach dar­an, dass Del­fi­ne auf­grund ihrer Lebens­wei­se im offe­nen Was­ser für Eis­bä­ren sonst unzu­gäng­lich sind. Wie heißt es so schön: ver­wechs­le nie Ent­halt­sam­keit mit Man­gel an Gele­gen­heit (ist von Goe­the, glau­be ich).

Die mehr­fach vor­ge­brach­te Behaup­tung, Eis­bä­ren wür­den wegen des Kli­ma­wan­dels nun man­gels Zugang zu ihrer sonst übli­chen Nah­rung (schwie­ri­ge For­mu­lie­rung bei aus­ge­präg­ten Nah­rungs­op­por­tu­nis­ten) not­ge­drun­gen auf Del­fi­ne aus­wei­chen, die – eben­falls wegen des Kli­ma­wan­dels – auf ein­mal wei­ter im Nor­den sei­en als sonst, ist also in mehr­fa­cher Hin­sicht nicht halt­bar. Es gibt in der Ark­tis immer noch vie­le Din­ge, die man erst noch beob­ach­ten muss. Was Eis­bä­ren in abge­le­ge­ner Gegend im Win­ter tun, ist für sie noch nicht unnor­mal, nur weil Men­schen nur sel­ten die Gele­gen­heit haben, ihnen dabei zuzu­schau­en.

Eis­bä­ren­for­scher Jan Aars wird mit der Ver­mu­tung zitiert, dass Weiß­schnau­zen­del­fi­ne mög­li­cher­wei­se für eine klei­ne­re Grup­pe spe­zia­li­sier­ter Bären künf­tig eine wich­ti­ge Nah­rungs­quel­le sein könn­ten. Wie Eis­bä­ren künf­tig in der Lage sein sol­len, abseits sel­te­ner Ein­zel­er­eig­nis­se, in denen die Del­fi­ne wegen unge­wöhn­li­cher Umstän­de qua­si auf dem Tablett gelie­fert wer­den, die­se Tie­re zu fan­gen, erwähnt er nicht. Ange­sichts die­ser kaum über­wind­ba­ren Schwie­rig­keit und auf­grund einer bis­lang ein­ma­li­gen Beob­ach­tung ist das eine gewag­te The­se. (Es gibt meh­re­re Fotos, die 2014 über einen Zeit­raum von meh­re­ren Mona­ten ent­stan­den sind, aber alle die glei­che Grup­pe von Eis­bä­ren und toten Del­fi­nen in der glei­chen Gegend in Nord­west-Spitz­ber­gen zei­gen).

Fazit: ein sicher­lich sehr unge­wöhn­li­ches Ereig­nis, das aber in kei­ner Wei­se mit Kli­ma­wan­del oder ver­än­der­tem Ver­hal­ten von Eis­bä­ren zu tun haben muss, son­dern ein sel­te­nes Zusam­men­tref­fen außer­ge­wöhn­li­cher Umstän­de war.

Ein Eis­bär frisst einen Weiß­schnau­zen­del­fin. Nord­west Spitz­ber­gen, Juli 2014 © Samu­el Blanc.

Eisbär frisst Delfin

Quel­le: Polarresearch.net

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