Der Reiseführer Spitzbergen-Svalbard von Rolf Stange ist nun in der fünften aktualisierten Auflage erhältlich. Diese neue Auflage wurde erweitert und in vieler Hinsicht verbessert: Zwei Seitenblöcke (also 32 Seiten) mehr Text als früher, ein Block (16 Seiten) mehr Farbbilder. Zu den Neuerungen zählen ausführliche Streckenbeschreibungen für Motorschlittentouren, längere Trekkingtouren, Tagestouren Boot (Pyramiden, Barentsburg). Die Karten im Regionalteil sind neu und deutlich verbessert. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Aktualisierungen im Detail in allen Kapiteln.
Unterm Strich kann die Neuauflage sich auch für interessierte Besitzer älterer Ausgaben lohnen, jedenfalls wenn eine Reise nach Spitzbergen anstehen sollte.
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Der erste Herbsturm in Island hat auch ein Lüftchen in den Scoresbysund geschickt. Südlich vom Jameson Land frischte es auf, die Segel gingen hoch – so macht es Freude, und der eine oder die andere mag die Faszination des Segelns spätestens jetzt entdeckt haben. Wen stört es da noch, dass ein Besuch beim exponierten Kap Hope dabei natürlich nicht mehr zur Debatte steht?
Ittoqqortoormiit, oder Scoresbysund, wie auch immer man die kleine Siedlung nennen will, präsentierte sich denn auch etwas grau und windig. Arktisch-spätsommerlich eben. Erinnerungen an den Aufenthalt von 2006 (mein Gott, ist das schon wieder lange her …) werden wach, wenn der Blick über die Bucht geht, die vor dem inneren Auge zufriert, und die Hunde den Schlitten dort entlang ziehen, wo jetzt die „pal liegt, an genau der Stelle war auch die Geschichte mit dem Grönlandhai … alte Geschichten (siehe Scoresbysund Hot Dogs). Der Ort ist mittlerweile etwas geschrumpft, ein paar weniger Menschen leben nun hier, und deutlich weniger Hunde.
Jyttes Havn in den Bjørne Øerne ist einer der schönsten Naturhäfen im Scoresbysund. Grundtvigskirke und andere Berge am östlichen Øfjord, fast 2000 Meter hoch, spiegeln sich im Wasser, angeleuchtet von der Morgensonne. Die Tour auf die felsigen Hügel geht über Stock und Stein, aber die Aussicht über die Umgebung wäre auch mehr als ausreichender Lohn für viel größere Mühen.
Weiter südlich ist Charcot Havn die einzige ordentliche Bucht auf der Ostseite des Milne Landes. Im Gegensatz zum wahrhaft steinalten Kristallingestein der weiteren Umgebung gibt es dort etwas Sedimentgestein, der westliche Ausläufer des Jameson Land Beckens, und ein paar Fossilien wären doch eine Abwechslung. Der Hang sieht nicht gerade vielversprechend aus, zunächst flächendeckend Moränendreck aus Kristallingestein, wo sich kaum eine erdmittelalterliche Meeresfrucht hin verirrt haben wird. Weiter oben grobe Sandsteinblöcke. Und die haben es in sich: Muscheln, Brachiopoden, Korallenfragmente. Jurassisches Wattenmeer, mehr als 150 Millionen Jahre im Untergrund bewahrt, von Gletschern und Frost ans Tageslicht gebracht.
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Riesige Eisberge spiegeln sich nun im späten Abendlicht, während die Ópal durch Hall Bredning gleitet, den weiten Mittelteil des Scoresbysund. Kein Lüftchen kräuselt die Wasseroberfläche.
Das Land im inneren Scoresbysund ist überwiegend steil und schroff, und man muss sich schon etwas umschauen, um passendes Gelände für eine längere Wanderung zu finden. Keine Frage, dass man sich auch mal für eine etwas längere Strecke hinaus in die arktische Natur begeben muss, um so richtig mit Leib und Seele dort anzukommen.
Foto C. Hofmann Halvo – 06. September 2015 – 1/2
Dafür war heute genau der richtige Tag, sowohl die Gegend als auch das Wetter passten. In allen Herbstfarben leuchtende Tundra, grüngelbe Arktische Weide, rotbraune Zwergbirke und knallrote Krähenbeere auf vielen Quadratkilometern, aus denen felsige Hügel aufragen, wo eiszeitliche Gletscher mit dem Geschick eines Balancekünstlers Findlinge drapiert haben. Von einem Findling zum nächsten kann man sich prima durch das Land hangeln, schöne Pausen machen, den Blick schweifen lassen über Fjorde, blaues Wasser mit zahllosen weißen Eisbergen, weite Tundra und rotbraune Berge. Ein arktischer Genuss erster Klasse. Ein Schneehase und ein paar Moschusochse sind die Sahne auf dem Kuchen.
Foto C. Hofmann Halvo – 06. September 2015 – 2/2
Die Fahrt durch den Øfjord soll die Rundfahrt durch die inneren Fjorde vervollständigen. 40 Seemeilen durch diesen gewaltigen Meeresarm, wo die Felswände unter Wasser einen Kilometer tief abfallen und sich über Wasser genauso hoch und noch mehr dem Himmel entgegenstrecken. Für Feinschmecker der Geologie und Freunde ästhetischer Strukturen im Fels ist der Teller hier allerorten reich gedeckt, und wer sich einfach nur an den gewaltigen Dimensionen der Landschaft berauschen will, kommt ebenfalls flächendeckend auf seine Kosten.
Naturerlebnis lebt ja nicht gerade von Steigerung. Diese berühmte Redewendung, etwas noch „toppen“ zu müssen, finde ich in Bezug auf Landschaften schon etwas schrägt. Aber manchmal ist es doch genau das, was passiert. So geschehen heute in Bezug auf die Farben der Landschaft. War die rote Felswand der Røde Ø schon ein imposantes Farbenspiel, so sind die Canyons weiter nördlich eine Farbexplosion aus tiefem Rot. Wir sind einfach hineingegangen, ohne zu wissen, wie weit man überhaupt kommt. Man kommt erstaunlich weit. Zig und hunderte Meter hohe rote Felstürme wohin das Auge schaut, gekrönt von einem tiefblauen Himmel. Eine duale Farbgebung von ungeahnter Intensität.
Foto Rodefjord Canyon – 05. September 2015
Weiter nördlich stehen Moschusochsen am Ufer, dann erreichen kleinere Ausläufer des Inlandeises das Wasser. Schöne Blicke auf einen spaltigen Gletscher, unterwegs eine unerwartete Begegnung mit einer kleinen Moschusochsenfamilie. Erstaunte Blicke, langes, tiefes Nachdenken, Abmarsch, Flucht. Erstaunlich, wie diese mit Ziegen verwandten Urtiere die Felsen hinauf galoppieren können.
Foto Harefjord – 05. September 2015
Eine kleine Abendwanderung in die Farben des nahenden Sonnenunterganges hinein – schon wieder Farben, das ist Grönland an einem schönen Spätsommertag. Die Ópal liegt schon in einer kleinen Bucht vor Anker, als wir in der Nähe zum Ufer kommen.
Der Fønfjord hat seinen Namen ja nicht nur so zum Spaß. Und er hat seinem Namen heute alle Ehre gemacht. Logischerweise bläst der Fön vom Inlandeis weg, uns also entgegen. Darauf kann man wirklich getrost alles verwetten. Ziemlich kräftig hat der Fønfjord gefønt.
Foto Fjord des Winds – Fjord der Farben – 04. September 2015
Aber wer sagt, dass man im Fønfjord nirgendwo an Land kann? Es gibt dort eine schöne Nebenbucht, ins Milne Land eingeschnitten, und dort hat die Ópal ihre herrliche Wasserzeremonie zelebriert. Will sagen, auf ihre sehr eigene Art die Trinkwasservorräte aufgefüllt. Mit dem Schiff direkt auf den Strand fahren (das geht natürlich nur an geeigneten Stellen) und den Schlauch direkt in den Schmelzwasserbach. Freuden der kleinen Schiffe!
Foto Røde Ø – 04. September 2015 – 1/2
Der Rødefjord hat seinen Namen ebenfalls aus gutem Grund. Tiefroter Sandstein. Vor der Roten Insel hat die Natur brennholzstapelgleich eine Mauer aus Basaltsäulen aufgeschicht. Senkrechte, quietschrote Felswände, wie in Marlboro Country.
Foto Røde Ø – 04. September 2015 – 2/2
Aber das beste sind natürlich die Eisberge. Der berühmte Eisbergfriedhof nördlich der Røde Ø, iceberg alley, iceberg city, wie auch immer man das nennen will. Eine unglaubliche Ansammlung gewaltiger Eisberge, furchterregend große Eisriesen, umgeben von spiegelglattem Wasser. Tiefgrün wachsen die Eisberge unter Wasser weiter. Nach der Zodiactour fragte Kapitän Hörður, ob es mir gefallen hätte. Was für eine Frage. Wenn einem das nicht gefällt, braucht man nicht nach Grönland zu fahren. Angesichts dieser gewaltigen Schönheit kann man nur sprachlos werden.
Die Nacht hat Schnee gebracht, der sich wie eine weiße Decke über das Schiff und die Landschaft legt. Allerdings taut es schon wieder, es ist nass, lange wird der Schnee nicht bleiben.
Die Mannschaft musste nachts einige Male aufdringliche Eisschollen mit langen Stangen vom Schiff fernhalten.
Foto – Das Basaltsäulenparadies in der Vikingebugt – 03. September 2015
Das gesamte Land südlich des Scoresbysund besteht aus Basalt. Das Blut der Erde, vergossen damals, als sich durch einen riesigen Kontinent wie eine Wunde ein Riss bildete, der dann weiter und weiter wurde. Heute kennen wir diesen Riss als den Atlantik. Und die Blutungen, die die Geburtswehen es Atlantik begleiteten, das ist der Basalt. Ein gewaltiges Basaltplateau, das später auseinandergebrochen ist. Der östliche Teil ist als Fœrøer Inseln bekannt.
Foto – Taenderne – 03. September 2015
Und so kommt es, dass die als Basaltsäulen bekannten Kunstwerke der Natur in allen Formen und Größen in der Vikingebugt zu sehen sind. Der Schnee hebt die Strukturen an manchen Stellen schön hervor.
Foto – Hecla Havn – 03. September 2015
Zum Nachmittag hin klart es mehr auf. Das Felshügelland der Danmark Ø lädt zum Wandern ein. Detailreiche, farbenfrohe Einsichten in Milliarden Jahre Erdgeschichte und beeindruckende Aussichten über ein schönes Stück Grönland.
Wie hatte ich mich auf eine ruhige Nacht in dem kleinen Gästehaus in Reykjavik gefreut, zentral gelegen, aber in einer stillen Seitenstraße. Wenn nur nicht dieses Filmteam gewesen wäre, das um 5 Uhr früh anfing, direkt vor dem Fenster meines Zimmerchens eine völlig banale Szene stundenlang lautstark zu diskutieren und dutzende Male zu drehen!
Foto Blosseville Kyst – 02. September 2015
Gegen 8 Uhr trafen sich die Grönlandfahrer am kleinen Inlandflughafen. Im Gegensatz zu 2013 und zum Flug nach Akureyri im Juni blieb uns dieses Mal eine ausführliche Sicherheitskontrolle nicht erspart. Die Querung der Dänemarkstraße lässt sich in 10000 Metern Höhe deutlich schneller und komfortabler bewerkstelligen als direkt auf den Wellen reitend. Grönland kam südlich des Scoresbysunds auf Höhe der Rømer Ø aus den Wolken.
Im Hurry Inlet wartete die Ópal schon auf uns, daneben der Neuzugang der North Sailing Flotte, die Donna Wood.
Foto Constable Point – 02. September 2015
Die ersten Eisberge ziehen Aufmerksamkeit auf sich, wie auch die Berge südlich des Scoresbysund. Die Volquart Boons Kyst, wie der wilde Küstenstreifen dort heißt, hat den Ruf, ein sehr ungastliches Ufer zu sein. Zu Recht, erheben sich die Berge dort doch über 1000 Meter hoch schroff über dem Ufer, unterbrochen von zerklüfteten Gletschern. Ein genauso abweisender wie anziehender Anblick.
Foto Hall Bredning – 02. September 2015
Aber die eigentliche landschaftliche Musik spielt woanders, und da müssen wir erst mal hin. Einige Stunden Fahrt sind es, bis wir spät abends die Vikingebugt erreichen. Der Anker fällt auf den Grund und wir in die Kissen.
Wie das norwegische meteorologische Institut mitteilt, war der Sommer in Spitzbergen rekordmild. Die Wetterdaten der Station am Flughafen bei Longyearbyen reichen bis in die 1970er Jahre zurück. Die Durchschnittstemperatur im August liegt demnach bei 4,8°C. Der entsprechende Wert für 2015 liegt voraussichtlich bei 6,6-6,8°C (abschließende Daten gibt es erst demnächst).
Eine Temperatur auf diesem Niveau hat es im August im Zeitraum der Messungen in Longyearbyen noch nicht gegeben. Tatsächlich zeigte der August sich mitunter sehr sommerlich vor Ort, mit Temperaturen von bis zu gut 16°C, so dass die Außensitzplätze der Cafés und Restaurants sich großer Beliebtheit erfreuten, und man konnte Einwohner beim Frühstück im Freien beobachten.
Die Temperaturen waren im Einzelfall nur lokale Erscheinungen: während es in Longyearbyen über 16°C warm war, war es am Kapp Lee auf der Edgeøya mit 4-5°C normal frisch. Insgesamt deuten aber auch die Wetterdaten der anderen Stationen (Ny Ålesund, Isfjord Radio, Barentsburg) auf einen sehr milden Sommer hin.
Einwohnern machen die milder werdenden Winter mehr Sorgen als wärmere Sommer. Die Winterkälte entscheidet, ob Fjorde solide zufrieren oder offen bleiben. Auch das deutlich sichtbare Schrumpfen der Gletscher verändert die Landschaft sichtlich.
Seit fast zwei Wochen bemühen sich Mitarbeiter des Sysselmannen in Colesbukta einen unterirdischen Brand zu löschen, der durch ein Lagerfeuer ausgelöst wurde. Das Feuer wurde am Fundament eines historischen Gebäudes entzündet, das unter Denkmalschutz steht. In Colesbukta sind mehrere Gebäude aus der Zeit zwischen 1913 und 1962 erhalten, als dort Kohle aus dem Minenbetrieb der nahegelegenen russischen Bergbausiedlung Grumantbyen verschifft wurde. Beide Siedlungen sind als Kulturdenkmäler geschützt.
Am Donnerstag, dem 13. August wurde der Sysselmannen von Wanderern über den Brand in Colesbukta informiert und rückte mit dem Hubschrauber aus. Das eigentliche Lagerfeuer war bereits gelöscht, hatte aber im Boden einen Schwelbrand ausgelöst, der drohte, sich weiter auszubreiten. Vorerst versuchte das Team des Sysselmannen den Brand durch einen Graben an der weiteren Ausbreitung zu hindern und so auch das Kulturdenkmal zu schützen.
Als nun, fast zwei Wochen später, am Dienstag, dem 25. August Mitarbeiter des Sysselmannen und der Feuerwehr die Stelle erneut untersuchten, stellten sie fest, dass der Brand noch immer weiter schwelt. Die Feuerwehr versuchte, den Brand mit Schaum zu löschen und denkt nun darüber nach, mit einem mehrere hundert Meter langen Schlauch Wasser von der Küste zur Brandstelle zu pumpen.
Da es auf Spitzbergen verboten ist, in der Nähe von Kulturdenkmälern Feuer zu machen, wird in der Sache ermittelt. Bislang ist nicht bekannt, wer das Lagerfeuer entzündet hat. Der Sysselmannen bittet um Informationen, vorzugsweise von den Verursachern des Brandes selbst.
Die alte Bergbau-/Hafensiedlung Colesbukta im Winter.
Die Hauptinsel Spitzbergen ist bereits 1990 von Kajakfahrern umfahren wurden, aber die zweitgrößte Insel der Inselgruppe, das Nordaustland, hat alle Umrundungsversuche mit Seekajaks bislang erfolgreich abgewehrt. Nicht, dass es so viele Versuche gegeben hätte, aber es gab welche, die allerdings am Eis scheiterten, bevor der Versuch tatsächlich vor Ort ins Werk gesetzt werden konnte.
Neben den schweren Eis- und Wetterbedingungen ist es vor allem die sehr lange Gletscherkante an der Ost- und Südküste des Nordaustland, die einen Umrundungsversuch im Kajak zu einer sehr anspruchsvollen Expedition macht. Die Eiskappe Austfonna schiebt sich dort auf über 160 Kilometern Länge ins Meer; Gelegenheiten zum Ausruhen oder Abwettern auf festem Grund gibt es auf dieser Strecke nicht.
Nun ist die Umrundung des Nordaustland gleich zwei Gruppen praktisch gleichzeitig gelungen. Die norwegische Gruppe „Nordaustland 2015“ erreichte am 14. August Kinnvika, wo ihre Umrundung begonnen hatte. An- und Abreise nach und von Kinnvika erfolgen mit Schiffen. Diese Gruppe hatte „nur“ die Umrundung des Nordaustland geplant und diese erfolgreich absolviert. Glückwunsch!
Allerdings waren „Nordaustland 2015“ nicht die ersten. Etwa einen Tag zuvor hatte eine Gruppe aus zwei Neuseeländern und einem Norweger ihre Nordaustland-Umrundung ebenfalls erfolgreich abgeschlossen. Auch hier: herzlichen Glückwunsch! Allerdings hat diese Gruppe ihr Ziel noch nicht erreicht: ihr ambitionierter Plan ist die Umpaddlung der gesamten Inselgruppe, von Longyearbyen bis Longyearbyen. Aber die größte Hürde auf diesem langen Weg, das Nordaustland, ist nun genommen.
Beide Gruppen haben sich unterwegs getroffen, guten Kontakt gepflegt und sich gegenseitig mit Informationen unterstützt. „Nordaustland 2015“ schrieb in ihrem Blog, bei einer 800 Millionen Jahre alten Insel sei ein Zeitunterschied von 24 Stunden für den ersten Platz kaum von Bedeutung. Wer würde da widersprechen?
Beide Gruppen haben eine äußerst beeindruckende Expedition hinter sich, jahrelange Vorbereitung und sehr viel Training. Die neuseeländisch-norwegische Gruppe hat die 160-km-Strecke entlang der Gletscherfront innerhalb von 40 Stunden ohne größere Pausen absolviert. Auf den Isisøyane (früher: Isispynten) war es wegen Eisbären nicht möglich, ein Lager aufzuschlagen. Das war erst wieder in der Vibebukta möglich. Unterwegs verzögerten dichtes Treibeis und Nebel die Fahrt. Fridtjof Nansen, der während seiner Fram-Expedition 1895 und 1896 zusammen mit Hjalmar Johansen längere Strecken im Eis mit dem Kajak zurücklegte, wäre sicherlich beeindruckt.
Gletscherfront an der Südküste des Nordaustland im Treibeis, Juli 2015.
Insgesamt 101 Kubikmeter Müll wurden bei der diesjährigen Müllsammelfahrt des Sysselmannen an abgelegenen Stränden Svalbards eingesammelt. Acht Tage lang war die „Polarsyssel“, das Schiff des Sysselmannen, unterwegs. Auf der Hauptinsel Spitzbergen wurden drei Stellen an West- und Nordküste angefahren, im Nordaustland zwei Stellen im Nordwesten. 24 freiwillige Helfer unterstützten das Team des Sysselmannen dabei, die einzelnen Küstenabschnitte von angeschwemmtem Müll zu befreien.
Es ist vor allem Plastikmüll unterschiedlichster Art und Größe aus aller Welt, der zum Teil jahrelang an der Meeresoberfläche treibt und schließlich seinen Weg an die Küste findet. Einen großen Teil machen Bojen, Taue und Netze aus der Fischereiwirtschaft aus. Für Tiere kann der Müll sowohl im Wasser als auch an Land zur lebensbedrohlichen Falle werden. So verschlucken z.B. Seevögel kleine Plastikteile, die sie nicht verdauen können und die sich in ihren Mägen ansammeln, bis sie daran verenden. Vögel und andere Tiere verfangen sich in Tauen oder Netzen. Bei der diesjährigen Aktion des Sysselmannen wurde ein Rentierskelett gefunden, das komplett in ein Fischnetz eingewickelt war und im letzten Jahr zog eine Eisbärin auf Spitzbergen ein großes Fischnetz hinter sich her, das sich ausgerechnet in ihrer, von Wissenschaftlern eingesetzten Ohrmarke verhakt hatte (siehe auch Spitzbergen.de-Nachricht: Wieder Eisbär in Fischernetz verheddert vom August 2014).
Obwohl mit 101 Kubikmetern mehr Müll eingesammelt wurde, als im letzten Jahr (88 Kubikmeter), verlief die Müllsammelfahrt des Sysselmannen diesmal leider nicht ganz so erfolgreich, wie es erwartet worden war. Zu Beginn wurden die Arbeiten zwei Mal durch Eisbärenbesuche unterbrochen und später war es aufgrund schlechter Wetterbedingungen nicht möglich, die besonders stark verschmutzten Strände anzufahren. Ein Dank gilt der Lokalbevölkerung mit ihrer Bereitschaft, sich an der Aktion zu beteiligen. Es hatten sich über 200 Freiwillige gemeldet, von denen schließlich 24 in zwei Runden zu je 12 mitgenommen wurden.
Generell kann der Sysselmannen bei der Fahrt einmal im Jahr nur einen sehr kleinen Bereich der Küsten Svalbards abdecken, so wurden z.B. in diesem Jahr nur fünf Strände angefahren. Eine bedeutende Hilfe sind daher die kleineren Kreuzfahrtschiffe, von denen die meisten regelmäßig mit ihren Fahrtgästen ähnliche Müllsammelaktionen durchführen (siehe auch Spitzbergen.de-Nachricht: Oceancleanup: eine Lösung für die Plastikmüll-Schwemme in den Ozeanen vom Juni 2014).
Neue Fahrt, neues Glück. Alte Bekannte aus polaren Breiten mit Freunden und Verwandten. Man kennt sich schon zumindest teilweise vor Beginn der Fahrt, eine sehr familiäre Zusammensetzung und Atmosphäre, sehr angenehm.
Etwas Dünung im Isfjord-Ausgang. Weihnachtsbaum-Willi stellt fest, dass das Schwanken des Mastbaums andere Auswirkungen hat als das Schwanken der Tannenbäumchen.
Spiegelglattes Wasser im Forlandsund, Berge und Gletscher wachsen auf der Wasseroberfläche nach unten weiter.
Foto Kongsfjord – 11. August 2015 – 1/2
Ny Ålesund ist ein guter Start, ein sanfter Übergang von der Zivilisation in die arktische Wildnis. Und wenn man Marten Loonen begegnet, dem Chef der niederländischen Arktis-Station, ist das immer äußerst lehrreich. Gänse und Füchse haben wechselweise gute und schlechte Jahre, etwa so wie die Lemminge, so ganz grob. Nur umfassen die Zyklen nicht drei Jahre, sondern sieben oder acht. Das Gras, die Rentiere, Regen oder Schnee, alles spielt eine Rolle. Es ist komplex.
Foto Kongsfjord – 11. August 2015 – 2/2
Ein totes Walross am Ufer hat zwei Eisbären-Kleinfamilien angezogen. Zwei Eisbärinnen mit jeweils einem erstjährigen Jungbären. Die Mama widmet ihre volle Aufmerksamkeit dem Walross-Kadaver, während der Kleine sich wechselweise mit einem Stück Treibholz und einem steilen Hang beschäftigt. Das Boot mit den Besuchern vor dem Strand ist hingegen völlig bedeutungslos, nur eine unwichtige Randerscheinung im Augenwinkel der Tiere. Eine reich gedeckte Tafel, ein Fest für Bären und Touristen. Eine wildes Stück arktischer Natur, ein Glücksfall. Es sei denn, man ist das Walross.