Di
8. Mrz
2016
Zwar steigt die Sonne schon am 16. Februar zum ersten Mal nach der Polarnacht wieder über den Horizont, aber da Longyearbyen von Bergen umgeben ist, hat man erst am 08. März im Ort wieder die Chance auf wärmende Sonnenstrahlen im Gesicht. Klar, dass das ein Ereignis ist, nachdem man darauf vier Monate lang verzichten musste – wobei die meisten Einwohner Longyearbyens den Winter für den einen oder anderen Abstecher in den Süden nutzen, die Zeit der völligen Isolation während des arktischen Winters ist natürlich schon lange vorbei.
Dennoch freuen sich alle auf die Wiederkehr der Sonne, die eine ganze Woche lang mit diversen Arrangements gefeiert wird: die Solfestuke (Sonnenfestwoche). Da lässt man das vergangene Jahr auf der Bühne, ganz traditionell im Huset und nicht im neueren Kulturhaus, Revue passieren, ein großes Vergnügen für lokale Zuschauer, die der norwegischen Sprache auf fortgeschrittenem Niveau mächtig sind – es geht rasant und dialektgeprägt zur Sache – und wissen, was den Ort in den vergangenen 12 Monaten so alles bewegt hat. Von der Store Norske, der im 100. Jahr ihres Bestehens die Abwicklung eines großen Teils ihrer Aktivitäten droht, so dass sie künftig vielleicht als Store Torske ins Fischereigeschäft einsteigen wird ..? Über Lokalwahlen und politische Chamäleons, auf die Berlin kein Exklusivrecht hat, bis hin zu Svalbardianern, die schon mal spontan auf die Idee kommen, zu testen, ob man beliebte innerörtliche Motorschlittenstrecken auch mit dem Auto befahren kann (nein, es geht nicht). Natürlich bekommen auch Behörden und Verwaltung ihr Fett weg.
Einer schönen Tradition folgend, hat Svalbard Kirke zu einem Gottesdienst unter freiem Himmel am Hiorthfjellet eingeladen, was Sokneprest Leif Magne Helgesen wie immer souverän gemacht hat. Die „Leif show“ ist immer erlebenswert. Kein Wunder, dass er zum Svalbardianer des Jahres gewählt wurde. Und das bei schöner Aussicht auf Longyearbyen und Umgebung, mit Frostrauch auf dem Adventfjord, auf dessen offenes Wasser – von Eis weit und breit leider keine Spur – die Sonne scheint.
Der absolute Höhepunkt ist aber natürlich der 08. März, das eigentliche Sonnenfest. Dazu trägt das Wetter eine Menge bei, denn bei Bewölkung, die in den letzten Wochen und auch in vergangenen Jahren an diesem Tag vorgeherrscht hat, gibt es ein Sonnenfest ohne Sonne, was etwas so viel Freude macht wie eine Hochzeit ohne Braut.
Galerie Sonnenfest – 08. März 2016
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Heute aber sollte es anders sein, kein Wölkchen trübt den Himmel. Gefühlt hunderte von Kindern, schön dekoriert mit sonnenstrahligen gelben Schals, und viele Erwachsene haben sich an der alten Krankenhaustreppe versammelt, in der Nähe der Kirche, wo die ersten Sonnenstrahlen zu erwarten sind. Die Kinder feuern die Sonne an, die noch hinter Gruvefjellet und Trollsteinen verborgen ist, ihre Strahlen aber schon über den Rand schickt: sol, sol, kom igjen! Sola er min beste venn! (Sonne, Sonne, komm wieder! Die Sonne ist mein bester Freund!
Das funktioniert rhythmus- und reimtechnisch auf norwegisch deutlich besser als auf deutsch). Es gibt Lieder, es gibt kleine Reden, es gibt gute Stimmung. Und dann gibt es Sonne. Ein bewegender Moment, als das Licht über dem Larsbreen hell strahlend aufgeht und wärmend auf die Menschen fällt, die den Augenblick jubelnd feiern. Noch ein paar Lieder, dann verstreuen sich die Leute wieder. Die dunkle Zeit ist für diesen Winter zu Ende.