Der erste Blick nach draußen, irgendwo im Südosten von Senja: orange Berge unter blauem Himmel. Watt herrlich! Sonnenaufgang ist hier derzeit um 8 Uhr früh, Sonnenuntergang allerdings schon gegen 15 Uhr nachmittags. Die Tage werden gerade kürzer, da kann man bei zuschauen! Aber schön ist es … und man muss sich nicht die Nächte um die Ohren hauen, um einen Sonnenauf- oder Untergang zu sehen. Aber dafür gibt es natürlich die Nordlichter. Hoffentlich.
Morgenstimmung bei Senja.
Da sind wir schon 2 Tage an Bord und haben immer noch keine Segeleinweisung gemacht – das wurde heute früh erst mal nachgeholt. Und es hat sich direkt gelohnt, bei leichter östlicher Brise konnten direkt ein paar Segel hochgehen. So ging es unter Segeln und blauem Himmel Richtung Harstad. So soll es sein!
SV Antigua unter Segeln Richtung Harstad.
Zwischendurch haben wir uns mit den Technikalitäten der Nordlichtfotografie beschäftigt. Wer ein paar Tips nachlesen will, kann das hier tun beziehungsweise hier, was Fotoausrüstung betrifft. Für Foto-Freaks eben.
Pünktlich mittags legen wir in Harstad an. In diesem alten Zentrum nordnorwegischer Macht und Kultur machen wir eine kleine Tour nach Trondenes nicht weit von Harstad. Unterwegs haben wir die (bislang) einzige Grundberührung der Reise, aber mit dem Bus und nicht mit dem Schiff, was die Angelegenheit deutlich entspannter macht. Harstad ist derzeit voll von Baustellen.
Die frühmittelalterliche Kirche von Trondenes bei Harstad.
Nach dem Besuch im Museum und der alten Kirche von Trondenes mit ihren 3 Meter dicken Steinmauern und dem 1000 Jahre alten Taufstein haben wir viel Geschichte aufgesogen und entspannen noch ganz nach individuellem Wunsch bei einem Spaziergang durch den modernen Ort oder gemütlich an Bord.
Wer hätte übrigens gedacht, dass es in diesen Breiten Walrosse gibt? 🙂
Ausgestattet mit ein paar Informationen und einer Portion Optimismus, hatten wir gestern Kurs Nord gesetzt, auf die Gewässer um Skjervøy am 70. Breitengrad. So weit nach Norden kommen wir auf dieser Fahrt sonst nie! Aber dort wurden in den letzten Tagen mehrfach Schwertwale gesichtet, und daher rechnen wir uns gute Chancen für spannende Begegnungen aus.
Wir wurden nicht enttäuscht!
Schwertwale bei Skjervøy.
Wir haben uns auch die Gelegenheit entgehen lassen, im Hafen von Skjervøy anzulegen. Das ist der Hafen, in dem Fridtjof Nansens Fram nach 3 Jahren Drift über den Arktischen Ozean im Jahr 1896 die Zivilisation wieder erreichte. Nansen selbst und Hjalmar Johansen waren bekanntermaßen nicht mehr an Bord, sie hatten das Schiff verlassen, um den Nordpol zu erreichen (was nicht klappte) und Norwegen ein paar Tage vor der Fram bereits wieder erreicht. Ein wunderbares Stückchen Arktisgeschichte, und dieser Hafen kommt darin vor. Schon das könnte ein Grund sein, hier mal vorbeizuschauen.
Skjervøy: Insel, Hafen und Ort.
Wenn es nicht so schnell dunkel werden würde – Sonnenuntergang ist kurz kurz vor 15 Uhr – würden die schroffen Felshügel um den Hafen herum zu Touren einladen; so reicht auch ein kleiner Spaziergang für einen schönen Blick über Hafen und Ort.
Und als ob das nicht ausreichen würde für einen runden Tag, gab es dann sogar noch ein Nordlicht! Nicht allzu stark und die Foto-Bedingungen sind auf dem fahrenden Schiff natürlich nicht optimal, aber … Nordlicht ist Nordlicht! 🙂
Der lang erwartete Tag der Abreise! Heute geht es also los, mit der Antigua von Tromsø nach Bodø, die letzte Fahrt dieser Saison im Norden unter Segeln. Wir hoffen auf schönes Licht aller Art, alles, was die Sonne uns so schickt, sowohl tagsüber auf direktem Wege als auch hoffentlich nachts … vielleicht Schwertwale und Seeadler und auf jeden Fall viel tolle Landschaft, malerische, interessante Orte, Segeln …
Roald und Rolf in Tromsø.
Zunächst haben alle noch Zeit, sich in Tromsø umzuschauen; die meisten sind ja gerade gestern erst angereist. Zu tun gibt es hier bekanntermaßen genug, zumal das Wetter heute wieder schön ist.
Der frühe Winter im hohen Norden bringt oft eine Mischung aus Schnee und Regen, Tauwetter und Frost. Ergibt unterm Strich: Straßenglätte. Ein unglücklicher Sturz bringt einen Armbruch und beendet für eine Teilnehmerin samt Begleiter das Ende der Reise, bevor sie überhaupt richtig begonnen hat. Wir können von hier nun nur noch gute Besserung wünschen!
Zu später Stunde schiebt Kapitän Mario die Antigua gegen eine kräftige Strömung aus dem Hafen und unter der Brücke hindurch. Wir beginnen die Fahrt nach Bodø – indem wir Kurs Nord setzen!
Ein letztes Mal heißt es noch „Leinen los und Segel hoch“ im hohen Norden für dieses Jahr. Nordlicht, schöne Landschaften in stimmungsvollem Licht, vielleicht Schwertwale – die Hoffnungen sind hoch, mal sehen, was die nächste Woche so bringt. Noch ist allerdings etwas Zeit, bevor es wirklich losgeht, aber wir sind startklar mit der SV Antigua in Tromsø.
SV Antigua und Rolf in Tromsø: starklar – kann losgehen!
Tromsø ist ja schon lange ein Portal zur Arktis, von hier aus gingen schon viele Expeditionen los und viele kamen hierher zurück. Auch wir treffen alte Bekannte aus Spitzbergen: die MS Stockholm liegt direkt neben uns, und vorhin hat auch die SV Noorderlicht angelegt.
SV Antigua neben MS Stockholm im Hafen von Tromsø.
Natürlich ist wie vor jeder Reise noch dies und das zu erledigen. Auch der Spitzbergen-Autor Rolf Stange macht sich auf den Weg und freut sich, dass der Spitzbergen-Reiseführer nun auch endlich im Polaria in Tromsø angeboten wird, in allen drei Sprachen!
Es ist ein wunderschöner Tag, klarer Himmel, schönes Licht. Hoffentlich bekommen wir davon nächste Woche noch mehr, das würde viele Leute glücklich machen. Wir können uns auch schon über ein kleines Nordlicht freuen, wenn das viele künstliche Licht und der fast volle Mond natürlich auch nicht gerade optimal sind zur Nordlichtbeobachtung. Das wird auf jeden Fall bald anders.
Schwaches Nordlicht über Tromsø.
Dann führt mich der Weg noch an einen Ort, der beinahe zu den Kulturdenkmälern Spitzbergens zählt: Macks Ølhalle. Diese Bierhalle gehört zur 1877 gegründeten Brauerei Mack und sie war früher der erste Anlaufort für berühmte Überwinterer wie Henry Rudi und andere, die dort den Ertrag eines langen, harten Arktis-Winters in wenigen Wochen oder gar Tagen durchbrachten. Der Stammplatz von Henry Rudi, dem „Eisbärenkönig“, ist immer noch mit seinem Namen markiert!
Macks Ølhalle in Tromsø: hier erholte sich schon Henry Rudi, der als „Eisbärenkönig“ bekannt war, von seinen Überwinterungen in Spitzbergen.
So einen bleibenden Eindruck wie Henry Rudi, der während seiner kurzen Sommeraufenthalte in dieser Bierhalle praktisch gewohnt haben soll, wollte ich in diesem ehrwürdigen Gemäuer gar nicht hinterlassen und das habe ich auch nicht getan. Dennoch, Macks Ølhalle war mal einen Besuch wert 🙂
Macks Ølhalle war das „Büro“ von Henry Rudi in Tromsø. Darauf kann man schon mal anstoßen.
Nachdem die fünfte Auflage (2015) erhebliche Überarbeitungen und Ergänzungen brachte, dachte der Autor, bei der sechsten Auflage wäre es mit kleineren Aktualisierungen hier und dort getan. Das war aber nicht so. Spitzbergen entwickelt sich fortlaufend, vor allem natürlich die Siedlungen, wie auch die Regeln und Gesetze, die alle kennen sollten, die dort unterwegs sind (vor allem natürlich meine lieben Guide- und Expeditionsleiterkollegen). Nutzer von Drohnen können nun nachlesen, was sie mit ihren Spielzeugen dürfen und was nicht. Die Karten wurden fast alle überarbeitet, um etwa die in der vorherigen Auflage oft zu klein geratenen Schriftgrößen lesbar zu gestalten, wie auch die Schriftarten im gesamten Text, dessen Lesbarkeit in der 2015er Version leider zu recht kritisiert wurde.
Der Reiseführer Spitzbergen-Svalbard: nun in der sechsten Auflage erhältlich.
Ja, und natürlich wächst auch nach über 20 Jahren intensiven Reisens in Spitzbergen der Wissens- und Erfahrungsschatz des Autors weiterhin an und fließt in die neuen Auflagen ein. Schon seit langer Zeit ist das Buch zum umfassendsten Spitzbergen-Standardwerk geworden. Neben Reisenden sowie Arktis- und Sofa-Expeditionisten wird es auch von Wissenschaftlern sowie von vielen professionellen Guides und Expeditionsleitern ständig verwendet; in diesen Kreisen wird das Buch gerne als die „Spitzbergen-Bibel“ bezeichnet! Der Vergleich mag etwas überzogen sein, der Autor freut sich dennoch über das Kompliment, ist das Buch für ihn doch eine Art Lebensaufgabe geworden, seit die erste Ausgabe 2007 erschien. 2017 kam die erste norwegische Ausgabe heraus und im Frühjahr 2018 die vierte, überarbeitete englische Ausgabe, somit sind derzeit alle Ausgaben aktuell und verfügbar!
Der Autor mit der neuen Auflage des Reiseführers Spitzbergen-Svalbard.
Mit 592 Seiten ist die neue Auflage deutlich erweitert worden (vorher: 560). Das schlägt sich in diversen Erweiterungen im Text im gesamten Buch wieder sowie in einem deutlich umfangreicheren Stichwortverzeichnis, wovon der Praxiswert des Buches natürlich kräftig profitiert. Trotzdem konnten wir den Preis unverändert bei 30 Euro halten!
Nachdem der Reiseführer Spitzbergen-Svalbard auf deutsch im Sommer sogar für einige Wochen ausverkauft war, liegt er seit Ende September nun in der neuen Auflage vor und kann ab sofort bestellt werden. Weitere Informationen, darunter Abbildungen, Leseproben und Inhaltsverzeichnis zum Herunterladen, sowie Bestellmöglichkeit auf der Seite zum Reiseführer Spitzbergen-Svalbard.
Das Buch ist auf auf Amazon bestellbar. Der Autor freut sich über Bestellungen via Webseite und Bewertungen auf Amazon.
Norwegens arktischer Norden (1): Spitzbergen
vom Polarlicht bis zur Mitternachtssonne. Ein erzählend-informativer, üppig illustrierter Bildband, thematisch und geographisch rund um die schönen Inseln im Norden.