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Tages-Archiv: 6. Juni 2020 − News & Stories


Lawi­nen­un­glück am Fri­dt­jov­breen im Febru­ar: ers­ter Bericht

Zum Lawi­nen­un­glück auf dem Fri­dt­jov­breen am 20. Febru­ar gibt es nun einen ers­ten Bericht. Die­ser wur­de von einer Grup­pe erstellt, der das Arc­tic Safe­ty Cent­re von UNIS, die Lawi­nen­grup­pe des Roten Kreu­zes in Lon­gye­ar­by­en und loka­le Lawi­nen­be­ob­ach­ter des Lawi­nen­warn­diens­tes varsom.no ange­hö­ren; er wur­de auf varsom.no ver­öf­fent­licht. Es han­delt sich nicht um einen Bericht des Sys­sel­man­nen und nicht um eine recht­li­che Bewer­tung, son­dern es geht in dem Bericht dar­um, den Ver­lauf des Gesche­hens zu ver­ste­hen und sicher­heits­re­le­van­te Leh­ren dar­aus zu zie­hen.

An dem Tag brach eine Grup­pe von Arc­tic Tra­vel Com­pa­ny Gru­mant in Barents­burg mit sie­ben Per­so­nen, dar­un­ter zwei Gui­des, zu einer Motor­schlit­ten­fahrt zum Fri­dt­jov­breen auf. Ziel war die Abbruch­kan­te des Fri­dt­jov­breen im Van Mijenfjord, aber die Grup­pe leg­te einen Zwi­schen­stop am Süd­ost­hang des Mar­cus­senf­jel­let ein, um einen höh­len­ar­ti­gen Schmelz­was­ser­ka­nal zu besu­chen. Als Hal­te­punkt dien­te eine Sen­ke direkt am Fuß eines stei­len, schnee­be­deck­ten Berg­han­ges. Die ers­ten drei Motor­schlit­ten hat­ten bereits ange­hal­ten, als die Lawi­ne abging. Die Schnee­mas­sen begru­ben zwei Per­so­nen voll­stän­dig und zwei Per­so­nen teil­wei­se, die übri­gen drei Per­so­nen wur­den nicht vom Schnee erfasst.

Das Volu­men der Lawi­ne wird auf rundt 10.000 Kubik­me­ter geschätzt; sie ging auf einer Hang­flä­che von 13.000 Qua­drat­me­tern ab.

Lawinenunglück Fridtjovbreen, Februar 2020: Karte

Die unge­fäh­re Lage des töd­li­chen Lawi­nen­un­glücks am Fri­d­tov­breen am 20. Febru­ar ist mit dem roten Punkt mar­kiert.
Kar­ten­grund­la­ge © Nor­we­gi­sches Polar­in­sti­tut.
Bear­bei­tung: landkarten-erstellung.de und Autor.

Die bei­den, die voll­stän­dig von der Lawi­ne begra­ben wur­den, star­ben. Es han­delt sich laut offi­zi­el­ler Mit­tei­lung (Sys­sel­man­nen) um die Deut­schen Sascha Brandt (39) und Mag­da­le­na Kata­ri­na Zakrzew­ski (40).

Eines der bei­den Opfer befand sich in 0,5 Meter Tie­fe im Schnee und wur­de nach 20 Min­un­ten gebor­gen. Das ande­re Opfer befand sich in 2 Metern Tie­fe und wur­de nach einer Stun­de gebor­gen. Die Gui­des und die übri­gen Mit­glie­der such­ten die Opfer mit Lawi­nen­son­den (Suchstan­gen) und gru­ben sie mit Schau­feln aus.

Kei­ner in der Grup­pe war mit Lawi­nen-Ortungs­ge­rät (Lawi­nen­ver­schüt­te­ten­such­ge­rät, kurz LVS-Gerät) aus­ge­stat­tet.

Das Alar­mie­ren der Ret­tungs­kräf­te erwies sich als schwie­rig, da das Satel­li­ten­te­le­fon sich in einem der ver­schüt­te­ten Motor­schlit­ten befand (Mobil­funk­netz gibt es an der Stel­le nicht). Schließ­lich konn­te der zwei­te Gui­de mit­tels InReach eine Nach­richt nach Barents­burg schi­cken, von wo aus der Sys­sel­man­nen benach­rich­tigt wur­de. Schlech­tes Wet­ter ver­zö­ger­te das Ein­tref­fen der Hel­fer, da der Hub­schrau­ber nicht lan­den konn­te. Nach Ein­tref­fen der Hel­fer, etwa zwei Stun­den nach­dem der Not­ruf in Lon­gye­ar­by­en ein­ge­gan­gen war, konn­te der Arzt schließ­lich nur noch den Tod der bei­den Opfer fest­stel­len.

Lawinenunglück Fridtjovbreen, Februar 2020

Schön, aber lei­der auch gefähr­lich: Berg­hang am Fri­dt­jov­breen

Schnee­fall, Wind und wech­seln­de Tem­pe­ra­tu­ren in den Wochen vor dem Unglück hat­ten zur Lawi­nen­ge­fähr­dung bei­getra­gen: An der Ober­flä­che befand sich eine Schicht locke­ren, fri­schen Schnees, dar­un­ter meh­re­re bin­dungs­schwa­che Schich­ten aus Firn – eine insta­bi­le, lawi­nen­ge­fähr­li­che Kom­bi­na­ti­on. Der Lawi­nen­warn­dienst hat­te in den Tagen vor und am Unglücks­tag die Lawi­nen­warn­stu­fe 2 („mode­ra­te Lawi­nen­ge­fahr“) aus­ge­ge­ben (die Ska­la geht von 1 – nied­rigs­te Stu­fe – bis 4).

Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass die Ein­wir­kung der Motor­schlit­ten auf den Schnee wahr­schein­lich zur Aus­lö­sung der Lawi­ne führ­te (Fern­aus­lö­sung).

Als Lern­punk­te weist der Bericht gene­rell dar­auf hin, dass alle Teil­neh­mer einer Grup­pe mit Lawi­nen­aus­rüs­tung (Sender/Empfänger zur Ortung unter Schnee (LVS-Gerät), Schau­fel, Lawi­nen­son­de) aus­ge­rüs­tet und in der Hand­ha­bung geübt sein soll­ten. Dies soll­te idea­ler­wei­se auch für ein­fa­ches, kaum lawi­nen­ge­fähr­de­tes Gelän­de wie brei­te Täler und wei­te Ober­flä­chen von Glet­schern gel­ten, wo es aller­dings weni­ger kri­tisch ist; ins­be­son­de­re gilt es aber für kom­ple­xes, stär­ker gefähr­de­tes Gelän­de. Das Gelän­de der Rou­te von Barents­burg zur Glet­scher­front des Fri­dt­jov­breen, dem Ziel der Tour, gilt ins­ge­samt als ein­fach und wenig gefähr­det, da man sich von gefähr­li­chen Hän­gen fern­hal­ten kann; davon wich die Grup­pe mit ihrem Abste­cher zur Glet­scher­höh­le direkt am Fuß des stei­len Hangs am Mar­cus­senf­jel­let aller­dings ab.

Wie erwähnt, han­delt es sich bei die­sem Bericht um eine Unter­su­chung des Gesche­hens und nicht um eine recht­li­che Bewer­tung. Die­se wird von den nor­we­gi­schen Behör­den vor­ge­nom­men und steht der­zeit noch aus.

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