Die langsame und schrittweise Öffnung für Touristen hat bereits begonnen. Seit dem 1. Juni können Besucher vom norwegischen Festland wieder ohne Quarantäne anreisen, am 15. Juni werden die übrigen skandinavischen Länder („Norden“) folgen. Nur Schweden ist aufgrund der dort höheren Infektionsraten noch ausgenommen.
Gleichzeitig wurde bislang betont, dass mehrtägige Schiffsreisen („kystcruise“) aufgrund besonderer Heausforderungen zunächst nicht zugelassen werden. Nun gibt es auch in dieser Richtung eine erste Öffnung: Das für Spitzbergen zuständige Justizministerium teilt mit, dass Schiffe mit einer Kapazität von bis zu 500 Passagieren ihre Reisen unter mehreren Bedingungen wieder aufnehmen können. Allerdings darf nur die Hälfte der Kapazität genutzt werden, so dass theoretisch bis zu 250 Passagiere an Bord eines Schiffes möglich sind. Darüber hinaus werden nur Passagiere aus Ländern zugelassen, aus denen die Anreise nach Spitzbergen überhaupt möglich ist; aktuell also nur Norwegen, demnächst auch Dänemark, Finnland und Island.
Mehrtägige Schiffsreisen in Spitzbergen sollen nun unter bestimmten Bedingungen wieder möglich werden.
Wie auch alle anderen Veranstalter für an Land stattfindenden Tourismus, muss für jedes Schiff ggf. ein Hygieneplan vorgelegt und amtlich anerkannt werden. Grundlage dafür sind Richtlinien, die von Svalbard Reiseliv, der lokalen Tourismus-Dachorganisation in Longyearbyen, und den zuständigen Behörden ausgearbeitet wurden. Ob ein Schiff in der Lage sein wird, die Bestimmungen etwa mit Blick auf Abstände etc. zu erfüllen, wird man im Einzelfall entscheiden müssen.
Im Fall eines Covid-19-Ausbruchs an Bord müssen die Schiffe damit rechnen, nicht nach Longyearbyen fahren zu dürfen, sondern als nächsten größeren Hafen Tromsø anzulaufen.
Passagiere fraglicher Reisen in spe aus anderen als den genannten skandinavischen Ländern werden sich noch gedulden müssen. Die norwegische Regierung hatte angekündigt, sich bis zum 20. Juli zu einer eventuellen Öffnung für Touristen aus „nahegelegenen europäischen Ländern“ zu äußern.
Darüber hinaus werden die einzelnen Reedereien und Veranstalter kalkulieren müssen, ob ein Betrieb ihrer Schiffe bei 50 % maximaler Kapazität wirtschaftlich möglich ist.
Der Fall des Eisbären, der Ende Juli 2018 auf der Insel Phippsøya von einem Mitarbeiter des Kreuzfahrtschiffes Bremen erschossen wurde, ging seinerzeit in den Medien um die Welt und hat viele Gemüter bewegt. Damals war ein Team des Schiffes auf der Phippsøya, die zu den Sjuøyane ganz im Norden Spitzbergens gehört, an Land gegangen, um einen Landgang der Passagiere vorzubereiten. Den Eisbären hatten sie zunächst nicht gesehen, und als dieser überraschend angriff, endete der dramatische Vorfall mit einer leichten Kopfverletzung eines Mitarbeiters des Schiffes und dem Tod des Eisbären. Passagiere waren zu dieser Zeit noch nicht an Land.
Eisbär auf der Phippsøya, einer häufig genutzten Landestelle auf den Sjuøyane, Mitte Juli 2018. Mit großer Wahrscheinlichkeit war es genau dieser Bär, der an dieser Stelle Ende Juli erschossen wurde.
Nun sind fast zwei Jahre vergangen und man fragt sich, was wohl aus der Sache geworden ist. Das enttäuschende Zwischenergebnis, wie die Svalbardposten auf Anfrage vom Sysselmannen erfuhr, ist, dass es immer noch keinen abschließenden Bericht gibt. Die Behandlung des Vorfalls war beim Sysselmannen 2018 zunächst recht schnell vorläufig abgeschlossen worden und ging dann ihren Weg durch die Instanzen in Norwegen, um von dort Ende 2019 wieder zum Sysselmannen zu gehen. Dort liegt sie bis heute, woran auch die Bindung vieler Kapazitäten durch Corona einen Anteil haben soll.
Auf bestätigte Informationen müssen wir also noch warten. Einstweilen ist es erlaubt, sich auf rein spekulativer Basis eigene Gedanken zu machen: Es ist durchaus vorstellbar, dass sich in dem wellig-unebenen Gelände auf der Phippsøya ganz in der Nähe ein Eisbär befindet, ohne dass man ihn zunächst sieht, selbst wenn man aufmerksam ist. Am Ufer befand sich zur fraglichen Zeit ein Tierkadaver, zu dem der Eisbär über längere Zeit immer wieder zum Fressen zurückkehrte. Dieser Kadaver lagt in dem Strandabschnitt, wo üblicherweise an Land gegangen wird, ist aber zumindest aus der Ferne auch kaum erkennbar.
Wenn nun ein unglücklicher Zufall dazu führt, dass man in unmittelbarer Nähe des Kadavers an Land geht, ist es durchaus vorstellbar, dass ein Eisbär, der in der Nähe ausruht und verdaut, um dann wieder zu seinem Futter zurückzukehren, schnell und aggressiv reagiert.
Wie gesagt: Reine Spekulation, basierend auf Ortskenntnis und Erfahrung, darunter einer Beobachtung eines Eisbären am fraglichen Ort, der mit großer Wahrscheinlichkeit derselbe Eisbär war, der wenig später beim betreffenden Vorfall erschossen wurde. Auf den Bericht mit dem genauen Geschehen sowie der Beurteilung durch die norwegischen Behörden darf man weiter gespannt sein.