In grauer Vorzeit war man auf eine Schiffsverbindung angewiesen, um Nachrichten zwischen Spitzbergen und dem Rest der Welt zu befördern. 1911 beschleunigte die Radiostation auf Finneset südlich von Barentsburg (existierte damals noch nicht) die Kommunikation ganz erheblich, wenn die übrigen Siedlungen auch erst mal mühsam Boten mit Boot oder Hundeschlitten dorthin schicken mussten, damit Nachrichten verschickt oder geholt werden konnten.
Später übernahmen Richtfunkantennen die Kommunikation zwischen den Siedlungen und der Radiostation, die den Kontakt zum Festland herstellte.
Diese Schmalspurverbindung reichte aber vorn und hinten nicht mehr, als 1997 auf dem Plåtoberg bei Longyearbyen SvalSat gegründet wurde: Eine Anlage mit Antennen, die Daten von Satelliten empfangen und zu diesen hinauf schicken. Um die Kommunikation zu Satelliten in Polumlaufbahn zu gewährleisten, sind solche Stationen in möglichst hohen Breiten erforderlich. Seit der Gründung wurde SvalSat immer wieder erweitert, mittlerweile stehen dort etwa 100 Antennen.
Die Antennenanlage SvalSat auf dem Platåberg bei Longyearbyen. Hier werden Satelliten gesteuert und deren Daten empfangen.
Da Kunden wie NASA und ESA nicht gerne lange warten, bis ein Datenträger per Post angekommen ist, wurden 2004 zwei Glasfaserkabel zwischen Longyearbyen und dem norwegischen Festland verlegt, um auch große Datenvolumina schnell transportieren zu können. Seitdem hat Longyearbyen theoretisch sehr schnelles Internet (Randbemerkung: praktisch erlebt man das als einfacher Kunde mitunter anders).
Klar ist aber auch, dass die beiden Datenleitungen auf dem Meeresboden ein sehr sensibles Stück Infrastruktur darstellen, von dem sowohl die Kommunikation aller Siedlungen Spitzbergens abhängt als auch die Steuerung und der Datenempfang von Satelliten in Polumlaufbahn, die Teil einer global bedeutenden Infrastruktur sind (u.a. GPS, Galilei, Wettersatelliten, Forschung, Kommunikation).
Am vergangenen Freitag früh wurde eines der beiden Kabel schwer beschädigt, wie die Betreibergesellschaft Space Norway in einer Pressemeldung mitteilte. Zur Reparatur ist ein hochseegängiges Kabellegeschiff erforderlich, was nicht kurzfristig verfügbar ist. Sollte auch das zweite Kabel ausfallen, wären die Folgen erheblich. In Longyearbyen tagte bereits ein Krisenstab, um den Fall der Fälle vorzubereiten. Ein Ausfall des zweiten Kabels wird aber für unwahrscheinlich gehalten, und solange ein Kabel funktioniert, gibt es keine Einschränkung der Datenübertragung.
Der Schaden ist 120-130 Kilometer von Longyearbyen entfernt aufgetreten. Dort fallen die Meerestiefen vom eher flachen Schelf auf über 2000 Meter in die Tiefsee ab. In diesem Bereich kommt es immer wieder zu untermeerischen Hangrutschungen, die gewaltig sein können. Natürliche Ursachen sind daher nicht auszuschließen. Das ist bislang jedoch Spekulation, genaueres ist zur Ursache bislang zumindest öffentlich nicht bekannt und Sabotage wird NRK zufolge bislang zumindest nicht ausgeschlossen.
Der Fall erinnert an den rätselhaft erscheinenden Ausfall einer Forschungsanlage auf dem Meeresboden vor Nordnorwegen, dem „Lofoten-Vesterålen Meeresobservatorium“, kurz „LoVe“. Diese zivile Anlage, die umfassend ozeanographische Daten verschiedener Art aufzeichnet, wurde erst am 25. August 2021 feierlich eingeweiht, aber da war ein wesentlicher Teil wohl bereits zerstört: 4 Kilometer eines tonnenschweren Unterwasserkabels waren nicht nur beschädigt, sondern sogar entfernt worden. Später wurden 3 der 4 Kabelkilometer in gut 10 Kilometern Entfernung wieder gefunden. Eine natürliche Ursache oder eine unbemerkt gebliebene, versehentliche Beschädigung scheiden wohl aus. LoVe ist zwar eine zivile Forschungsanlage, zeichnet aber auch akustische Daten auf und könnte damit U-Boote in der Nähe registrieren.
Vor der norwegischen Küste gibt es einen regen U-Boot-Verkehr. Nicht alle zeigen sich so offen wie dieses U-Boot, das im vergangenen November bei Tromsø geschleppt wurde.
Es wurde in dem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass Russland über die Fähigkeit verfügt, in den fraglichen Tiefen zu arbeiten und potenziell technische Anlagen auf dem Meeresboden in der Tiefsee gezielt zerstören könnte. Daher zog der Fall in norwegischen Sicherheitsbehörden weite Kreise, wie neben NRK auch internationale Medien wie SPIEGEL Online berichteten. Hinweise auf eine Urheberschaft Russlands sind allerdings bislang nicht öffentlich bekannt geworden, und natürliche Ursachen werden bislang nicht ausgeschlossen, erscheinen jedoch eher bizarr (Strömung, Wale, Riesenkraken).