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Die Tou­ris­ten waren es. Oder doch die Rus­sen?

Ach­tung, die­ser Bei­trag ent­hält ein pole­mi­sches und gera­de der­zeit mög­li­cher­wei­se geschmack­lo­ses Wort­spiel, und das vor einem in mehr­fa­cher Hin­sicht durch­aus erns­ten Hin­ter­grund.

Es fing ganz unkom­pli­ziert an: Alle, die schon ein­mal in Lon­gye­ar­by­en waren, ken­nen die berühm­ten Eis­bä­ren­warn­schil­der, die an den Orts­aus­gän­gen ste­hen, am Hafen, im Advent­da­len und im obe­ren Lon­gye­ard­a­len.

Eisbärenwarnschild, Adventdalen bei Longyearbyen

Eis­bä­ren­warn­schild im Advent­da­len bei Lon­gye­ar­by­en.

Nun ver­schwand das Schild im Advent­da­len eines Nachts Mit­te Mai – zu Zei­ten der Mit­ter­nachts­son­ne ein durch­aus gewag­ter Dieb­stahl einer so berühm­ten, sym­bol­träch­ti­gen Attrak­ti­on an einer Stra­ße, die zwar schein­bar ins Nir­gend­wo führt, wo es aber den­noch zu nahe­zu allen mög­li­chen und unmög­li­chen Uhr­zei­ten bemer­kens­wert viel Ver­kehr gibt.

Natür­lich gin­gen die Spe­ku­la­tio­nen hoch, wer es gewe­sen sein könn­te. Wer in Lon­gye­ar­by­en wäre schon so dumm, sich die­ses Schild, das wirk­lich jede und jeder dort kennt, an die Wand zu hän­gen?

Aber klar, die locals sind natür­lich immer die Guten, die Bösen sind woan­ders zu fin­den. Und nun wird es pein­lich: die Sval­bard­pos­ten berich­te­te über das Schil­der-Dra­ma. Ein Bus­fah­rer mel­de­te sich als Kron­zeu­ge, der Mann hat­te zwar nichts Tat­re­le­van­tes gese­hen, fährt aber jeden Tag Tou­ris­ten und muss es daher natür­lich ganz genau wis­sen: „Det er jo turis­tene som stje­ler sånt, sier han.“ „Es sind ja die Tou­ris­ten, die sol­che Sachen klau­en, sagt er.“ (Zitat Sval­bard­pos­ten). Nicht nur, dass der Satz so ohne wei­te­res Hin­ter­fra­gen durch den Jour­na­lis­ten über­nom­men wur­de – in der Druck­aus­ga­be wur­de er sogar zur Über­schrift, nicht ein­mal als Zitat gekenn­zeich­net. Jaja, die­se bösen Tou­ris­ten!

Svalbardposten: Eisbärenschild

Arti­kel in der Druck­aus­ga­be der Sval­bard­pos­ten vom 19. Mai:
Über­schrift „Es sind ja die Tou­ris­ten, die sol­che Sachen klau­en“.

In der oben ver­link­ten Online-Aus­ga­be des Sval­bard­pos­ten-Arti­kels lau­tet die Über­schrift mitt­ler­wei­le immer­hin anders: „Hvem har stjå­let isbjørns­kil­tet?“ („Wer hat das Eis­bä­ren­schild geklaut?“).

Die Sache bekam ein paar Tage spä­ter immer­hin eine erfreu­lich humo­ris­ti­sche Wen­dung: Das Schild tauch­te plötz­lich wie­der auf – und zwar im am Flug­ha­fen gepark­ten Auto von Lars Fau­se. Das ist der Sys­sel­mes­ter höchst­per­sön­lich.

Die­ser war aller­dings zur frag­li­chen Zeit nach­weis­lich auf dem Fest­land und daher per­sön­lich unver­däch­tig, und dass er das Schild für alle gut sicht­bar in sein öffent­lich gepark­tes Auto gelegt hät­te, erscheint auch eher unwahr­schein­lich.

Des Rät­sels Lösung (Vor­sicht, jetzt kommt das Wort­spiel): die Rus­sen waren es. Aber nicht die Rus­sen, die in Barents­burg Koh­le abbau­en, wobei es ohne­hin über­wie­gend Ukrai­ner sind, die dort in der Gru­be arbei­ten. Und schon gar nicht die Rus­sen, die in der Ukrai­ne der­zeit die Welt in Brand ste­cken. „Russ“ auf Nor­we­gisch ist der Abitu­ri­ent, in der bestimm­ten Form – mit ange­häng­tem bestimm­ten Arti­kel – „Rus­sen“. Das heißt tat­säch­lich gleich­zei­tig auch „der Rus­se“, aber der ist hier gera­de mal nicht gemeint. In der „rus­set­id“, der Abitu­ri­en­ten­zeit, fei­ern die Schul­ab­gän­ger wild und aus­ge­las­sen, und dabei gibt es natür­lich auch Strei­che. Das geklau­te Eis­bä­ren­warn­schild war ein sol­cher und nichts ande­res, und zwar ein durch­aus gelun­gen­ger Streich, wie auch Sys­sel­mes­ter Lars Fau­se fin­det. Immer­hin.

Trau­rig ist es, dass der res­sen­ti­ment­be­haf­te­te Reflex, erst mal Tou­ris­ten als Urhe­ber allen Übels zu ver­mu­ten, unhin­ter­fragt nicht nur am Stamm­tisch, son­dern auch gegen­über einer Zei­tung geäu­ßert wird und die­se nicht auf die Idee kommt, das zu hin­ter­fra­gen, son­dern den Satz sogar noch zur Über­schrift ihres Arti­kels macht. Man könn­te müde dar­über lächeln, wenn die­se Hal­tung nicht auch ganz ande­re, bedeu­tungs­schwe­re Dis­kus­sio­nen prä­gen wür­de, die der­zeit lau­fen, etwa die dro­hen­de Schlie­ßung gro­ßer Tei­le der Insel­grup­pe Spitz­ber­gen für die Öffent­lich­keit (hier läuft die Dis­kus­si­on der­zeit in den zustän­di­gen Behör­den, eine Ent­schei­dung steht noch aus bzw. ist noch nicht öffent­lich bekannt).

Viel­leicht soll­te man lie­ber noch einen Moment nach­den­ken, bevor man Tou­ris­ten (oder wen auch immer) für eine Untat ver­ant­wort­lich macht, ohne zu wis­sen, wer es denn tat­säch­lich war.

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Letzte Änderung: 26. Mai 2022 · Copyright: Rolf Stange
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