Es ist eines der Dauerbrennerthemen in Longyearbyen. Über die Energieversorgung des kleinen Ortes im Adventfjord könnte man ein Buch schreiben. Irgendann macht das bestimmt mal jemand (ich sicher nicht). Zu erzählen gäbe es genug.
Die Vorgeschichte: Bekanntermaßen (bei Bedarf hier kurz nachlesbar) wurde die über 100 Jahre lang auf Kohle basierende Energieversorgung im Oktober auf Diesel umgestellt. Natürlich nur vorübergehend, bis es ein Konzept für eine dauerhafte, möglichst CO2-neutrale Energieversorgung gibt. Ein solches Konzept wird schon eine gefühlte Ewigkeit diskutiert, eine Lösung ist bislang nicht wirklich in Sicht. Immmer wieder wird etwa in Diskussionsbeiträgen, die in der Svalbardposten veröffentlicht werden, gar von einem eigenen Atomkraftwerk für den Ort mit seinen 2500 Einwohnern geraunt.
Das Kraftwerk in Longyearbyen: in jeder Hinsicht ein Dauerbrenner.
Technische Probleme und Kapazitätssorgen
Der Betrieb des Dieselkraftwerks läuft allerdings alles andere als problemlos. Mehrfach gab es technische Probleme, darunter explosionsähnliche Havarien, die immerhin ohne Verletzungen verliefen. Großkunden, die über eine eigene Notstromversorgung verfügen, werden regelmäßig gebeten, diese zur Deckung ihres normalen Bedarfs in Betrieb zu nehmen.
Hilfe durch das norwegische Militär
Vor einigen Wochen äußerte Sysselmester Lars Fause sich mit dem bemerkenswerten Kommentar, dass er die gegenwärtige Energieversorgung Longyearbyens gerade in der kalten Zeit nicht für ausreichend gesichert halte und daher Hilfe beim norwegischen Militär angefordert habe. Dieses verfügt über mobile Dieselkraftwerke und konnte die Technik vor Ort kurzfristig entsprechend ergänzen. Eine Dauerlösung ist das natürlich nicht.
Die Luftwaffe äußerte sich freundlicherweise noch mit dem sicher von allen in Longyearbyen gerne zur Kenntnis genommenen Hinweis, dass man bei Bedarf jederzeit in der Lage sei, Longyearbyen kurzfristig zu evakuieren. Eine solche drastische Maßnahme käme in Betracht, wenn die Energieversorgung zusammenbrechen und nicht kurzfristig wieder zu sichern wäre. Insbesondere in der kalten Zeit würde daraufhin schnell eine gefährliche Situation entstehen: Im März lagen die Temperaturen oft unterhalb von -20 Grad, und kaum ein Haus in Longyearbyen verfügt über eine eigene Heizung, da fast alle Häuser an das Fernwärmenetz angeschlossen sind. Auch die Wasserversorgung würde ohne Wärme bei diesen Temperaturen schnell zusammenbrechen, es gab auch mit Strom und Wärme in den letzten Wochen genug frostbedingte Probleme mit den Wasserleitungen.
Preiserhöhungen zu erwarten
Wie genau die Energieversorgung Longyearbyens künftig aufgestellt wird, weiß niemand. Klar ist nur: Es wird teuer. Longyearbyen wird sicher nicht in der Lage sein, die Kosten aus eigener Kraft zu stemmen, und man setzt auf finanzielle Hilfe aus Oslo. Teuer wird es dennoch auch vor Ort, Geschäfts- und Privatkunden müssen absehbar mit wohl erheblichen Preissteigerungen rechnen, ausgehend von einem ohnehin bereits hohen Niveau.
Betrieb des Dieselkraftwerks ohne Genehmigung
Der Clou an der Sache? Wie kürzlich nebenbei auffiel, ist der Betrieb des Dieselkraftwerks derzeit nicht einmal legal. Der Betreiber, eine Zweckgesellschaft in kommunalem Besitz, ist davon ausgegangen, dass die für das alte Kraftwerk vorliegende Genehmigung weiter gültig ist, da das neue Kraftwerk weniger Emissionen hat als das alte. Ob das tatsächlich in jeder Hinsicht der Fall ist, scheint auch nicht ganz sicher zu sein; klar ist aber, dass der Betrieb eine Genehmigung erfordert, die derzeit nicht vorliegt. Daran wird nun gearbeitet. Immerhin haben die übergeordneten Behörden bereits verlauten lassen, dass man wisse, dass die lokale Stromversorgung wichtig sei, eine kurzfristige Zwangsabschaltung scheint immerhin nicht zu befürchten zu sein (wäre theoretisch aber denkbar).
Das Kraftwerk in Longyearbyen: „legalise it“ 😅
mit einem dezenten Hinweis auf eine ganz andere Debatte.
Ohne sachliches Eigeninteresse gestaltet von Wolfang Hübner-Zach.
Darf es noch ein Clou sein? In Sveagruva, dem Bergbauort im Van Mijenfjord, der in den letzten Jahren zurückgebaut wurde, gab es ein Dieselkraftwerk, das gut zu Longyearbyen gepasst hätte.
Das alte Svea-Kraftwerk wurde größtenteils verschrottet und als Altmetall abtransportiert. Ist gar nicht so lang her.
Immerhin sollen die Generatoren aus dem Lunckefjellet, der letzten Grube in Svea (die nie in den produktiven Betrieb ging) demnächst in Longyearbyen als Reservesystem installiert werden, damit die Generatoren des Militärs wieder abgebaut können.