Vor einer Weile hatte ich mal damit angefangen, die Geschichten der Bilder im neuen Fotobuch „Spitzbergen – Kalte Schönheit“ zu erzählen, und das wollte ich fortführen. Da beziehe ich auch den Kalender mit ein, und um den geht es hier und jetzt, da ich endlich mal dazu komme, das wieder aufzugreifen.
Der Kalender 2025 ist ja ein Doppelkalender, Spitzbergen und Grönland sind mit jeweils 12 Bildern präsentiert. Hier sind nun der November und der Dezember dran, also vier Bilder insgesamt.
Kalender „Spitzbergen & Grönland 2025“: der November
Vom Herbst erhofft man sich in der Arktis schönes Licht. Tiefstehende Sonne, Sonnenuntergänge. Natürlich scheint in Spitzbergen im November die Sonne gar nicht mehr, die Polarnacht beginnt ja schon Ende Oktober. Das Spitzbergen-Bild für die Novemberseite entstand eines wunderschönen Tages Ende August 2022, auf der ersten Spitzbergen-Umrundung mit der Meander überhaupt. Das Wetter war so richtig auf unserer Seite, und da kann man natürlich auch mal verrückte Stellen anlaufen, wo man sonst nicht hinkommt. Weil sie sehr exponiert sind, weil die ufernahen Gewässer unkartiert und flach sind.
Genau so ist es in der weitläufigen Diskobukt auf der Edgeøya. Da wird jede Welle schon vor dem Ufer schnell zum Brecher, und bei Niedrigwasser quirlt der Propeller schon weit vor der Küste im Matsch. Vernünftigerweise hält man sich von solchen Stellen im Alltag fern. Aber nicht jeder Tag ist Alltag, und nicht immer ist man vernünftig 😄 wo kämen wir ansonsten hin … ganz sicher nicht in diesen Teil der Diskobukta! (Nein, es geht hier nicht um die vergleichsweise gut bekannte Dreizehenmöwenkolonie weiter nördlich.) Wo wir am Abend dieses unvergesslichen Tages an Land waren und noch eine kleine Tour auf einen Hügel machten. So oft hatte ich ihn in der Vorbeifahrt aus weiter Entfernung schon gesehen und jedes Mal gedacht, eines Tages müsste man da mal hin … und das war eben dann die passende Gelegenheit! Die muss sich ergeben, das kann man nicht erzwingen.
Die Diskobukta ist mit „weitläufig“ schon sehr passend beschrieben. Karg, hocharktisch, ein weites, farblich finster daherkommendes Schwemmland. Zahlreiche Walknochen bringen Abwechslung in den sonst monotonen Eindruck, und das tolle Licht eines schönen Abends Ende August auf rund 78 Grad Nord tat das Seine.
Das Spitzbergen-November-Bild zeigt die Diskobukta auf der Edgeøya.
Jahre vorher war ich schon mal dort gewesen. Bei dieser Gelegenheit: Schneetreiben – und ein Eisbär am Ufer. War auch toll. Aber dieser Abend Ende August, wo wir an Land gehen konnten … unvergesslich! Das ist der Stoff, aus dem meine Spitzbergen-Träume gemacht sind. So schön, dass mir vor Ort schon klar war: Eines der Bilder kommt in den Kalender, sobald es passt. „Kalenderpotenzial“ ist hier mittlerweile der höchste fotografische Maßstab 🙂
Die weiteren Geschichten sind vergleichsweise schnell erzählt. Im Scoresbysund in Ostgrönland ist der Moschusochse ungefähr das, was für Spitzbergen der Eisbär ist: die meisten Touristen wollen ihn gerne sehen.
Nun stehen sie meistens irgendwo weit weg am Hang. Es gehört schon etwas Glück dazu, um sie aus der Nähe zu sehen. Und zu nah ist natürlich auch potenziell ungesund, zumal wenn man selbst zu Fuß unterwegs ist.
Eines schönen, frühwinterlichen Septembertages stimmte im Rypefjord, tief hinten im Scoresbysund, dann alles: Die Moschusochsen standen ziemlich ufernah und wir konnten sie vom Schiff – die schöne Ópal aus Island – aus gut sehen. Und sehr hilfreich: Ich hatte mein 600 Millimeter Objektiv dabei, das ganz große Gerät, das sonst immer konsequent in Spitzbergen bleibt und dort auch auf dem Schiff wohnt und nicht mit an Land rumgeschleppt wird. Für die Eisbären eben. Oder in Grönland für die Moschusochsen. Hier hatte sich der Aufwand dann gelohnt.
Das Grönland-November-Bild: Moschusochsen im Rypefjord.
Kalender „Spitzbergen & Grönland 2025“: der Dezember
Natürlich durften am Ende des Jahres die Nordlichter nicht fehlen. Der Dezember ist ja auch tiefste Polarnacht. Zu dieser Zeit kommt man natürlich nicht in die abgelegensten Winkel Spitzbergens. Warum sollte man auch, man kann die Nordlichter ja wunderbar im Adventdalen sehen, gar nicht weit von Longyearbyen weg.
Das Spitzbergen-Dezember-Bild: Nordlicht über dem Adventdalen.
Große Teile Grönlands, darunter der Scoresbysund, sind zur Nordlichtbeobachtung eigentlich noch besser als Spitzbergen, wo man schon nördlich der heißen Aurorazone ist. Im Scoresbysund ist man da genau richtig, da ist viel los, wenn es nur nachts dunkel wird. Und das ist aufgrund der südlicheren Lage ja auch schon früher der Fall, der September ist da schon ein ziemlich verlässlicher Monat. In diesem Bild sehen wir das Nordlicht über den Bjørneøerne, mit dem großartigen Øfjord und dem markanten Berg Grundtvigskirke im Hintergrund.
Das Grönland-Dezember-Bild: Nordlicht über den Bjørneøerne.
Klar, Longyearbyen liegt ja auch im Adventfjord 🤪😵💫 das ist tatsächlich nicht nur eines meiner berüchtigten superflachen Wortspiele, sondern auch ein gar nicht so seltenes Missverständnis. Der Name Adventfjord hat nichts mit der Vorweihnachtszeit zu tun, sondern mit einem englischen Walfangschiff, der Adventure, das im 17. Jahrhundert dort war.
Aber darum soll es ja hier und jetzt gar nicht gehen, sondern um den Beginn der Adventszeit in Longyearbyen. Einen Weihnachtsmarkt gibt es auch hier, beziehungsweise sogar zwei. Diese sind allerdings etwas anders als man das üblicherweise so kennt. An zwei Wochenenden, Mitte November und am nun vergangenen, bauten die fleißigen und kreativen Künstler, Handwerker und alle, die sich dazwischen bewegen, ihre Stände auf, erst im Kulturhaus im Zentrum und am ersten Adventswochenende im Künstlerzentrum (kunstnersentrum) in Nybyen oben im Tal, wo früher die Galerie war. Leider keine gebrannten Mandeln und kein Glühwein, aber viel tolles Kunsthandwerk made in Longyearbyen, darunter Eva Grøndal von der gleichnamigen lokalen Fotografendynastie (erstes Bild) und Wolfgang Hübner-Zach von der vielleicht dem einen oder der anderen nicht unbekannten Schreinerwerkstatt Alt i 3 (genau, da kommen die schönen Küchenbrettchen und die Treibholz-Bilderrahmen her 😉). Und viele andere tolle Sachen, da konnte man prima stöbern und sehr feine Dinge finden. Lenas täuschend echte Schokoladenfossilien, der Hammer! Um nur ein weiteres Beispiel zu nennen.
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Und dann gibt es natürlich am Nachmittag des ersten Adventssonntags den traditionellen Fackelzug – es ist ja dunkel, dafür wird im betreffenden Gebiet auch die Straßenbeleuchtung abgeschaltet – vom Huset aus zunächst zum Weihnachtsmann-Briefkasten unterhalb der alten Grube 2b, der „julenissegruve“ (Weihnachtsmanngrube). Dort oben arbeitet der Weihnachtsmann fleißig, daher ist in dieser alten Kohlegrube, wo sich eigentlich seit 1964 nichts mehr tut, nun auch bis Weihnachten wieder Licht. Und unten an der Straße steht der Briefkasten, in den die Kinder (auch die großen, wenn sie wollen) ihre Briefe mit allen Wünschen an den Weihnachtsmann einwerfen.
Weiter geht es zum Zentrum, wo der Weihnachtsbaum „angezündet“ wird. Das ist die wörtliche Übersetzung, die mindestens so missverständlich ist wie „Adventfjord“. Natürlich gibt es dabei warme Worte, fröhlichen Gesang und gute Laune und zuguterletzt kommt der Weihnachtsmann mit seinen Assistenten und verteilt schon mal einen kleinen Vorschuss an die vielen Kinder.
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Damit ist die Adventszeit in Longyearbyen eröffnet, und überall sonst natürlich auch. Ich wünsche allerseits eine frohe und gute Adventszeit!