Nach einer etwas wackeligen Nacht erreichten wir den Nordwesten Spitzbergen. Diese klassische Ecke der Insel haben wir ganz klassisch angefasst, mit einem Vormittag in Virgohamna auf der Danskøya – dort haben wir vom Schutz gegen südlichen Wind so profitiert wie einst Andrée und Wellman – einem Nachmittag in Smeerenburg auf der Amsterdamøya und einer Runde durch den Fuglefjord. Wieder einmal ließ die Wettervorhersage nicht viel Gutes erwarten, wieder einmal waren wir zu den richtigen Zeiten an den richtigen Orten … schon erstaunlich.
Galerie: Nordwest-Spitzbergen: Virgohamna, Smeerenburg, Fuglefjord, 30. August 2024
Der Wind an der Westküste hatte eine Pause eingelegt, die wir nutzten, um über Nacht in den Kongsfjord zu dampfen. Die Wettervorhersage verhieß wenig Gutes, aber wie schon so oft diesen Sommer waren wir mal wieder zu den richtigen Zeiten an den richtigen Orten. Vormittags namentlich auf der kleinen Insel Midtholmen in den schönen Lovénøyane und nachmittags in Ny-Ålesund. Fast ohne nass zu werden 🙂.
Galerie: Kongsfjord: Midtholmen & Ny-Ålesund, 29. August 2024
Blauer Himmel und Sonne, wunderbar! Da hält uns auch die steife Brise des Morgens nicht von einer etwas längeren Wanderung auf der Blomesletta im Ekmanfjord ab, und später schlief der Wind ohnehin weitgehend ein.
Um der Tundra bei dem schönen Wetter noch etwas in der Sonne glitzerndes Eis hinzuzufügen, waren wir am späteren Nachmittag noch am Borebreen, der zu den wenigen Gletschern Spitzbergens gehört, die derzeit vorstoßen. Der Borebreen ist entsprechend hochaktiv und das Eis dort im Schein der tiefstehenden Sonne eine Pracht.
Galerie: Blomesletta-Borebreen, 28. August 2024
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P.S. ein Wort noch zum Vorstoß des Borebreen. Im Fachjargon wird ein solcher recht plötzlicher Vorstoß „Surge“ genannt. Ein Surge bedeutet keineswegs zwingend eine positive Massenbilanz. Bezogen auf das Gesamtvolumen kann der Gletscher also dennoch gleichzeitig schrumpfen, und auf das Gesamtvolumen kommt es an, wenn man es klimatisch betrachtet. Das nur am Rande. Zur aktuellen Situation der Gletscher Spitzbergens müsste ich auch mal was schreiben, dazu gibt es neue Daten, und die sind gar nicht schön, der Klimawandel ist voll im Gang, in der Arktis noch deutlich stärker und schneller als andernorts.
Nach dem gestrigen Besuch beim Tunabreen hinten im Tempelfjord haben wir die Nacht schön ruhig in Bjonahamna verbracht und uns dann dort auch gleich umgesehen. Der erste Landgang dieser Fahrt. Ein ebenso schönes wie interessantes Fleckchen, wenn das Wetter sich heute auch wieder eher von seiner grau-windigen Seite zeigt.
Der Nachmittag brachte Belugas (Weißwale) im Billefjord, eine Runde vor dem Nordenskiöldbreen und einen kleinen abendlichen Spaziergang in der Skansbukta. Ein schöner, vollgepackter erster Tag.
Galerie: Tempelfjord & Billefjord, 27. August 2024
„Life is hello and goodbye until we meet again“. John Lennon, glaube ich. Gerade hieß es noch „Auf Wiedersehen, Arctica II„, und nun heißt es schon wieder „Hallo, Meander!“ Das Leben geht im arktischen Sommer schnell.
Schon wieder sind wir unterwegs, nun auf der schönen Meander. Den ersten Tag verbringen wir im Isfjord, es geht erst mal in den schönen Tempelfjord. Hier sind die Eindrücke vom ersten Abend. Es geht los!
Galerie: Longyearbyen-Tempelfjord, 26. August 2024
Geographisch hatten wir uns ja recht weit aus dem Fenster gelehnt, was bedeutete, dass wir am letzten vollen Tag der Fahrt noch viele Meilen vor uns hatten. „Erholung auf See“, wie man das so nennt. Schöne Eindrücke vom vorüberziehenden Van Mijenfjord, etwas Geschaukel vor der Westküste. Nicht weit von Kapp Linné grüßte uns ein für dieses Mal letzter Eisbär, und wer am Ende der Reise noch etwas Frisches auf dem Teller haben wollte, musste eben zur Angel greifen …
Und damit geht eine Reise zu Ende, die schon jetzt in der Erinnerung ziemlich monumental dasteht. Vielen, vielen Dank – allen, die dabei waren und zu diesen wunderbaren Tagen beigetragen haben, aber auch diesem tollen Schiff, der Arctica II. Es war die letzte Fahrt „Spitzbergen für Fortgeschrittene“, 18 Tage mit Schwerpunkt auf den entlegenen Teilen Spitzbergens. Das wird es so nicht wieder geben, und ob, wann, wie und wo wir die Arctica II wiedersehen werden, ist auch nicht klar, möglicherweise steht ein Eignerwechsel an (wer ein paar hunderttausend Euro rumliegen hat und gerade nicht braucht, kann sich gerne bei mir melden). Mal schauen, was die Zukunft bringt.
Danke für zehn unvergleichliche Fahrten, Arctica II! Alles Gute, dem Schiff und den Menschen dahinter, Eigner Heinrich und den Skippern, die uns über zehn Jahre hinweg begleitet haben: Heinrich, Stein, Peter und Pål! Und: gerne auf Wiedersehen!
Wieder einmal gibt es Streiks bei der SAS, ungute Erinnerungen an den harten Streik im Juli 2022 werden wach. Dieses Mal streikt das Kabinenpersonal.
Wie üblich bei Streiks, sind Verlauf und Auswirkungen unklar, aber es muss keineswegs so drastisch ausfallen wie 2022, als Longyearbyen über viele Tage hinweg von einem wesentlichen Teil des Flugverkehrs abgeschnitten war (die Fluggesellschaft Norwegian flog 2022 planmäßig weiter und tut dies jetzt auch; wer bei Norwegian gebucht hat, ist vom Streik nicht betroffen). In einem Beitrag der Svalbarposten vom Freitag heißt es unter anderem, dass der Flugverkehr am Wochenende für Longyearbyen planmäßig erwartet wird (das ist bislang – Stand Sonntag Mittag – auch der Fall), aber „ab Mittwoch“ sei eine deutliche Ausweitung des Streiks zu erwarten. Was das für Montag und Dienstag bedeuten, ist offen.
SAS und Longyearbyen: Es ist mitunter kompliziert. Derzeit drohen mal wieder Streiks.
Betroffene Reisende werden direkt von der SAS benachrichtigt. Reisende, die keine Nachricht bezüglich einer Flugplanänderung von ihrer Fluggesellschaft bekommen, sollen sich planmäßig am Flughafen einfinden.
Wir drücken die Daumen für alle, die derzeit unterwegs sind bzw. in den nächsten Tagen reisen wollen!
Um Regen und Nebel zu entkommen, haben wir uns tief in den Van Mijenjord verkrochen, bis in die Rindersbukta. Dort stößt der Scheelebreen, lange ein ganz unauffälliger Gletscher, der sich tief in seinem Tal versteckte, derzeit mächtig vor. Sehr beeindruckend.
Später haben wir noch eine ganz spezielle Gelegenheit wahrgenommen, nämlich den Ort zu besuchen, wo sich einst die Bergbausiedlung Sveagruva befand. Der Ort wurde ab 2017 sukzessive aufgegeben und ist mittlerweile weitgehend zurückgebaut, abgesehen von ein paar kleineren Gebäuden, die unter Denkmalschutz stehen, und etwas Schrott (teilweise Denkmalschutz, teilweise hätte man schon noch mal fegen können … na ja). Vor ein paar Tagen ist der Ort ja offiziell wieder der Natur übergeben worden.
Zu Svea und den dortigen ehemaligen Kohlegruben einschließlich der Lunckefjellet-Grube gibt es übrigens hier eine ausführliche Seite (mit Unterseiten), mit vielen Fotos, Panoramafotos und der Geschichte bis vor dem Rückbau.
Galerie: Rindersbukta: Scheelebreen. Sveagruva – 22. August 2024
Es hilft nichts, irgendwann muss man den wilden Osten Spitzbergens hinter sich lassen und ums Sørkapp (Südkap) wieder Richtung Westküste. Am 20. passte das Wetter und die Zeit fing langsam an zu drängen, also volle Kraft voraus. Am Südkap gab es den ersten und einzigen Sonnenaufgang der Fahrt.
Der Hornsund war so windig und graufeucht, dass wir ihn direkt rechts haben liegen lassen, stattdessen sind wir lieber in den Recherchefjord gefahren. Ganz trocken war es da auch nicht, aber immerhin.
Galerie: Sørkapp-Recherchefjord – 20./21. August 2024
Morgens, vor Anker bei der Halvmåneøya. Der erste Blick nach draußen: trübe. Der zweite: umwerfend. Wir haben Besuch. Der Landgang bei der berühmtem alten Trapperstation Bjørneborg ist vorerst vergessen.
Dann geht es weiter, rund um Svarthuken (die südöstliche Spitze der Edgeøya, hieß früher anders) in den Tjuvfjord hinein, bei Nebel und Wind. Immerhin erlaubt der Nebel dann doch ein paar stürmische Blicke auf die Landschaft um den Tjuvfjord.
Einer der nautischen (und überhaupt) Höhepunkte der Fahrt ist ohne Frage die Fahrt der Arctica II in die völlig unbekannte Tjuvfjordlagune. Vor allen mit dieser Möglichkeit im Kopf hatte ich vor der Fahrt extra noch ein tragbares Echolot besorgt, das Serge noch mitgebracht hatte. Nun sollte sich das lohnen, denn die Einfahrt ist gar nicht so tief wie vermutet. Größere Schiffe haben hier nichts zu suchen, aber wir lagen abends in der Tjuvfjordmorene vor Anker, wo möglicherweise – vermutlich – noch niemand vor Anker gelegen hat, konnten vorher noch einen Blick auf den erstaunlich wilden Deltabreen erleben (im nördlichen Teil vorstoßend) und eine kleine abendliche Runde in der riesigen Moränenlandschaft auf der Südseite der Lagune drehen. Die Edgeøya mal ganz anders. Einmalig!
Galerie: Halvmåneøya bis Tjuvfjordlagune – 19. August 2024
Die Hinlopenstraße hüllte sich in nasses Grau, das immerhin genau zur richtigen Zeit am grandiosen Alkefjellet aufzog, sonst aber die Umgebung vor unseren Augen verbarg. Da nirgendwo wirklich etwas zu machen war, machten wir stattdessen Dampf und kamen somit in einem für die Arctica II wirklich ungewöhnlich schnellen und großen Sprung Richtung Barentsøya.
Galerie: Hinlopenstraße bis Barentsøya – 17. August 2024
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Die Schlucht mit den Dreizehenmöwen im Freemansund wird allen, die diesen Blog schon länger verfolgen, bekannt sein, aber daran ist ja nichts verkehrt, es ist und bleibt ein wunderschöner Ort.
Tatsächlich ließ der Nebel uns dort in Ruhe, aber dafür brachte zunächst ein durchstreifender Eisbär unsere Pläne erfreulich durcheinander.
Dafür konnten wir ihn eine Weile bei seinem Leben und Treiben beobachten, wozu auch zwei Versuche gehörten, vor einem Gletscher Robben zu erbeuten. In diesem Fall ging das Spiel, das natürlich keins ist, sondern wo es für beide Seiten ums Überleben geht, 2:0 für die Robben aus.
Die Brandung am Kapp Brehm an der offenen Ostküste der Edgeøya erwies sich als zu stark für einen Landgang, aber dafür gönnten wir uns noch eine abendliche Passage der Ryke Yseøyane, einer kleinen Gruppe sehr abgelegener Inselchen, die man nur selten zu sehen bekommt. Dort spielte sich einst eine dramatische Geschichte ab. Wer mehr über die Ryke Yseøyane und diese Geschichte lesen will, kann hier beziehungsweise hier klicken, es gibt zu diesen spannenden Insel auf spitzbergen.de sogar zwei eigene Seiten. Sie haben es verdient.
Galerie: Barentsøya bis Ryke Yseøyane – 18. August 2024
Von diesem Tag haben wir uns nicht allzu viel versprochen. Weder verhieß die Wettervorhersage viel Gutes (im Gegenteil: Nebel) noch war der Blick aus dem Fenster allzu inspirierend (Nebel).
Aber es sollte dann doch, wie so oft, anders kommen. Eine kleine Wanderung auf der Scoresbyøya im Norden des Nordaustlands, wo der Nebel sich etwas gelicht hatte, endete etwas vorzeitig, aber mit einem sehr erfreulichen Ergebnis, wie die Bilder in der Sammlung zeigen werden.
Auch auf den Sjuøyane, Svalbards nördlichsten Inseln, war uns das Glück hold und es gab eine kleine abendliche Tour auf der Parryøya, einer der drei größeren Inseln der Sieben Inseln.
Galerie: Scoresbyøya, Parryøya – 16. August 2024
Im Ruderboot von Tromsø nach Longyearbyen – möglicherweise nichts, was die meisten für sich anstreben würden und ohne Zweifel etwas, was man für verrückt oder unmöglich halten könnte. Aber das sahen Andy Savill, Toby Gregory und Orlaith Dempsey offenbar anders: 16 Tage nachdem sie in Tromsø gestartet waren, erreichten sie am Freitag (16.8.) mit ihrer „The Arctic Row 2024“ Longyearbyen.
Die Barentssee (mit der Bjørnøya im Hintergrund): im Ruderboot gequert.
Bei dem Boot handelt es sich um eine entsprechende Spezialanfertigung, aber dennoch gab es technische Schwierigkeiten: Ab Höhe Bäreninsel musste das Team mit Seilen manuell steuern, was das geplante Wachsystem durcheinanderbrachte und entsprechend Schlaf kostete. Entsprechend erschöpft waren die drei, als sie Freitag Nachmittag Longyearbyen erreichten; Schlaf, Dusche und Pizza wurden von den Teilnehmern gegenüber Svalbardposten als größte Wünsche genannt.
Unterwegs wurden Beobachtungen und Daten aufgezeichnet, darunter Unterwassergeräusche und Luftqualität, die Schülern, Studenten und Wissenschaftlern zur Verfügung gestellt und zu mehr Umweltbewusstsein anregen sollen.
Ein weiterer goldener Tag im Norden des Nordaustlandes. „Golden“ nicht im Sinne von gleißendem Sonnenschein, es geht auchn ohne. Auch ein paar Regentropfen und etwas Wind tun nicht viel zur Sache, solange man Gelegenheit hat, diese wunderbaren Orte zu besuchen, etwas zu sehen (Nebel gehört zu unseren natürlichen Feinden) und etwas zu machen. Etwa eine etwas längere Wanderung durch das Franklindalen. Oder eine in Kilometern gemessen etwas kürzere, aber mindestens so anstrengende Tour im Beverlydalen. Wunderbar!
Galerie: Franklindalen, Beverlydalen – 14. August 2024
Zunächst stand die Querung der nördlichen Hinlopenstraße an. Das Wetterfenster war das beste, das in Reichweite war, aber ganz schaukelfrei ging es dennoch nicht vor sich.
Nach der nautisch immer spannenden Passage des Franklinsundes lag dafür der Lady Franklinfjord vor uns in der Sonne. Wunderbar! Wir haben uns direkt eine kleine Tour auf der Tomboloøya gegönnt. Dieses Mal wurden wir nicht, wie 2017, nach wenigen Minuten von einem Eisbären vertrieben.
Stichwort Eisbären. Kurz vor dem Nordre Franklinbreen. Siehe Fotos. Eine wunderbare Sichtung!
Eine kleine Tour am Rande des Franklinbreen in Sonnenuntergangsstimmung (aber ohne Sonnenuntergang) rundete diesen unvergesslich schönen Tag ab.
Galerie: Lady Franklinfjord – Tomboloøya, Nordre Franklinbreen – 13. August 2024