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Blomstrandhalvøya: Ny London - Camp Mansfield - Marble Island

360 Grad Panorama einer alten Marmorgrube auf Spitzbergen

Die Blom­strand­hal­vøya im Kongsfjord ist heu­te eine der bekann­tes­ten Orte Spitz­ber­gens außer­halb der Sied­lun­gen. Regel­mä­ßig gehen hier Tou­ris­ten an Land. Der Kongsfjord bie­tet eine land­schaft­lich beein­dru­cken­de Umge­bung, es gibt schö­ne Ein­drü­cke der ark­ti­schen Tun­dra und Tier­welt und auf der reiz­vol­len Insel kann man inter­es­san­te Tou­ren machen, von kür­ze­ren Spa­zier­gän­gen bis hin zu klei­nen Berg­tou­ren auf die hüge­li­gen Erhe­bun­gen, die auf dem Irgens­fjel­le 385 Meter errei­chen. Die Blom­strand­hal­vøya ist übri­gens nicht, wie der Name andeu­tet, eine Halb­in­sel (-hal­vøya). Das war sie bis um 1990, als der Blom­strand­breen (-glet­scher) sie noch von Nor­den mit dem Fest­land Spitz­ber­gens ver­band, aber mit des­sen Rück­zug ver­schwand die­se Ver­bin­dung. Seit­dem ist die Blom­strand­hal­vøya eine Insel.

Am bekann­tes­ten ist die Blom­strand­hal­vøya aller­dings für den Mar­mor­bruch, der heu­te all­ge­mein Ny Lon­don (Neu Lon­don) oder ein­fach Lon­don genannt wird. Die­ser Name ist his­to­risch eigent­lich unpas­send, da es ihn zu Zei­ten der Ver­su­che, Mar­mor zu gewin­nen, gar nicht gab. Der Eng­län­der Ernest Mans­field, der den Berg­bau auf Blom­strand für die Nor­t­hern Explo­ra­ti­on Com­pa­ny betrieb, nann­te die (Halb)insel pas­sen­der­wei­se Marb­le Island (Mar­mor­in­sel). Tat­säch­lich besteht Blom­strand geo­lo­gisch weit­ge­hend aus Mar­mor. Da der Name Lon­don aber heu­te offi­zi­ell aner­kannt (er steht auf der amt­li­chen topo­gra­phi­schen Kar­te) und im all­ge­mei­nen Sprach­ge­brauch all­ge­mein üblich ist (oft als „Ny“ Lon­don), wäh­rend auch die meis­ten Orts­kun­di­gen mit Marb­le Island wohl kaum etwas anfan­gen kön­nen, wird er auch hier wei­ter ver­wen­det.

Mans­field waren die Mar­mor­vor­kom­men auf Blom­strand 1906 auf­ge­fal­len. Mit der klei­nen Bucht Peir­son­ham­na gibt es auf der Süd­sei­te zumin­dest für klei­ne­re Schif­fe einen recht brauch­ba­ren Natur­ha­fen, eine wich­ti­ge logis­ti­sche Vor­aus­set­zung für even­tu­el­len Berg­bau. Auch Frisch­was­ser war in Quel­len und Bächen vor­han­den, so dass die Nor­t­hern Explo­ra­ti­on Com­pa­ny (NEC) 1911 begann, die Vor­kom­men näher zu erkun­den. Der Bau von Hüt­ten begann, und 1912-13 sol­len elf Bri­ten über­win­tert haben. Ins­ge­samt wur­den acht Hüt­ten gebaut, von denen noch zwei vor Ort ste­hen. Die­se wer­den heu­te oft von Leu­ten aus Ny-Åle­sund, das nur 4,6 Kilo­me­ter ent­fernt auf der ande­ren Sei­te des Fjords liegt, für Feld­for­schung oder Frei­zeit genutzt, sie sind von dem glei­chen, mar­kan­ten Typ, den die NEC auch andern­orts ver­wen­de­te (Camp Mil­lar, Camp Mor­ton).

Über der Tür einer Hüt­te steht heu­te „Camp Mans­field“. Auch die­ser Name war zu NEC-Zei­ten wohl nicht in Gebrauch, wahr­schein­lich ist er eine spä­te­re Erfin­dung.

Ein paar wei­te­re Gebäu­de aus London/Marble Island ste­hen heu­te übri­gens in Ny-Åle­sund. Dort sind sie als „Lon­don-Häu­ser“ bekannt und beher­ber­gen heu­te die nie­der­län­di­sche For­schungs­sta­ti­on.

Ganz in der Nähe des Berg­bau­camps Marb­le Island (sprich: Lon­don 🙂 ) befin­den sich noch auf­fäl­li­ge Res­te alter Maschi­ne­rie. Dabei han­delt es sich um dampf­be­trie­be­ne Gerä­te zur Pro­spek­tie­rung wie eine Dampf­bohr­ma­schi­ne für geo­lo­gi­sche Unter­su­chun­gen. Die Maschi­nen ste­hen auf einer höl­zer­nen Platt­form. Frü­her war dies wohl eine gro­ße Werk­statt, der Rest des Gebäu­des wur­de mög­li­cher­wei­se abge­baut und abtrans­por­tiert.

Die Unter­su­chun­gen der Mar­mor­vor­kom­men wur­den durch zahl­rei­che Boh­run­gen und meh­re­re klei­ne Test­gru­ben vor­ge­nom­men. Die auf­fäl­ligs­te die­ser Gru­ben befin­det sich etwa 300 Meter nord­west­lich der ehe­ma­li­gen, klei­nen Sied­lung von Camp Mans­field / Lon­don / Marb­le Island (wie auch immer …).

Tech­nisch wur­de bei die­ser Gru­be wahr­schein­lich mit Spren­gun­gen vor­ge­gan­gen. Die­se Gru­be ist die ein­zi­ge, wo augen­fäl­lig ist, dass eine klei­ne­re Men­ge Mar­mor tat­säch­lich auch abtrans­por­tiert wur­de. Dane­ben steht noch ein alter, schie­nen­fahr­ba­rer Kran; ein wei­te­res, inter­es­san­tes und für Spitz­ber­gen ein­zig­ar­ti­ges Stück­chen Indus­trie­ge­schich­te.

Es gibt noch wei­te­re Stel­len auf der Blom­strand­hal­vøya, wo klei­ne Test­gru­ben ange­legt wur­den. Die­se sind ziem­lich unauf­fäl­lig und wur­den teil­wei­se erst in jün­ge­ren Jah­ren wie­der­ent­deckt. Zumin­dest teil­wei­se wur­den bei die­sen Gru­ben auch Schnei­de­ma­schi­nen ein­ge­setzt, um den Mar­mor in wunsch­ge­mäß dimen­sio­nier­te Blö­cke zu zer­le­gen.

Natür­lich hilft der schöns­te Mar­mor nichts, wenn man ihn nicht abtrans­por­tie­ren kann. Zu die­sem Zweck wur­den an Land klei­ne Schie­nen­we­ge für Gru­ben­bah­nen ver­legt – die nörd­lichs­ten Bahn­stre­cken Spitz­ber­gens! Davon gab es aller­dings nur weni­ge hun­dert Meter, und selbst die­se weni­gen Stre­cken wur­den teil­wei­se nicht fer­tig­ge­stellt.

Für die Ver­schif­fung wur­de auf einer klei­nen Klip­pe auf der West­sei­te von Peir­son­ham­na ein Kran errich­tet. An der Klip­pe konn­ten klei­ne­re Schif­fe anle­gen und Mar­mor über­neh­men.

Und das Ende der Geschicht‘? Es wird weit­hin gesagt, dass letzt­lich die schlech­te Qua­li­tät des teil­wei­se sicht­bar von Brü­chen durch­zo­ge­nen Mar­mors für den wirt­schaft­li­chen Fehl­schlag der Mar­mor­gru­be auf Marb­le Island ver­ant­wort­lich war. Es gibt aller­dings aus den Zei­ten der Akti­vi­tä­ten der Nor­t­hern Explo­ra­ti­on Com­pa­ny eini­ge Gut­ach­ten nam­haf­ter Exper­ten, die sich sehr posi­tiv über die Qua­li­tät der ihnen vor­ge­leg­ten Pro­ben äußer­ten. Mög­li­cher­wei­se ist die Theo­rie, dass die Pro­ble­me aus­schließ­lich in der schlech­ten Qua­li­tät des Mar­mors wur­zel­ten, also zumin­dest unvoll­stän­dig. Hier­zu könn­ten wei­te­re Ver­öf­fent­li­chun­gen, die der­zeit bei Fach­wis­sen­schaft­lern in Vor­be­rei­tung sind, inter­es­san­te Auf­schlüs­se lie­fern – man darf gespannt sein.

Hier bleibt erst mal nur fest­zu­hal­ten, dass die NEC ihren Besitz auf Marb­le Island 1932 an die nor­we­gi­sche Berg­bau­ge­sell­schaft Store Nor­ske ver­kauf­te. Alle Ver­su­che der NEC, auf Spitz­ber­gen mit Berg­bau Geld zu ver­die­nen, hat­ten sich bis dahin als Fehl­schlä­ge erwie­sen. In vie­len Fäl­len waren über­zo­ge­ne Hoff­nun­gen in Bezug auf Qua­li­tät und Quan­ti­tät der ent­spre­chen­den Roh­stof­fe (Koh­le, Eisen­erz, Asbest, Mar­mor) der Grund für gro­ße Ver­lus­te der umfang­rei­chen Inves­ti­tio­nen, die in den gefro­re­nen Sand gesetzt wur­den.

Wer mehr hier­zu wis­sen will, liest die ent­spre­chen­den Stel­len in Fro­zen Assets, der Dok­tor­ar­beit von Frig­ga Kru­se , die die Berg­bau­zeit im frü­hen 20. Jahr­hun­dert auf Spitz­ber­gen umfas­send unter­sucht hat. Und wir dür­fen gespannt sein, was Frig­ga und ihre Kol­le­gen künf­tig noch zu Marb­le Island / Blom­strand / (Ny) Lon­don / Camp Mans­field (mehr fällt mir gera­de nicht ein) publi­zie­ren.

Kru­se, F. (2013). Fro­zen assets: Bri­tish mining explo­ra­ti­on, and geo­po­li­tics on Spits­ber­gen, 1904-53. Online zugäng­lich bei Rese­arch­ga­te.

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Letzte Änderung: 10. Februar 2019 · Copyright: Rolf Stange
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