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Ymerbukta: Esmarkbreen und Erdmannflya

Gletscher, Berge und Tundra auf der Isfjord-Nordseite

Karte: Ymerbukta und Erdmannflya

Die Ymer­buk­ta und die Erd­mann­flya lie­gen auf der Isfjord-Nord­sei­te.

Die Ymer­buk­ta ist eine Bucht auf der Nord­sei­te des Isfjord, 36 Kilo­me­ter west­lich von Lon­gye­ar­by­en. Die meis­ten Tou­ris­ten besu­chen sie im Rah­men einer Tages­tour mit einem der Aus­flugs­schif­fe von Lon­gye­ar­by­en, die eine Run­de vor dem Glet­scher Esmark­breen dre­hen. Der Esmark­breen ist von mar­kan­ten, schrof­fen Ber­gen mit schö­nen Struk­tu­ren ein­ge­rahmt.

Esmarkbreen

Der Esmark­breen Ende Mai. Die Bucht davor ist noch zuge­fro­ren.

Auf der Ost­sei­te der Ymer­buk­ta liegt die Erd­mann­flya. Weit­läu­fig und flach, wirkt die­se Tun­drae­be­ne aus der Ent­fer­nung viel­leicht etwas unschein­bar. Aus der Nähe betrach­tet, ist die Erd­mann­flya aber eine inter­es­san­te, viel­sei­ti­ge Land­schaft. Die umge­ben­den Gewäs­ser sind aller­dings über­wie­gend weit­läu­fig sehr flach, so dass das Ufer bei wei­tem nicht über­all ein­fach zugäng­lich ist.

Erdmannflya

Weit­läu­fi­ge Tun­dra auf der Erd­mann­flya.

Die Ymer­buk­ta (sprich: „Ümer“, bit­te nicht eng­lisch aus­spre­chen, es nicht die „Eimer­bucht“ 😄) ist nach einem Rie­sen aus der nor­di­schen Mytho­lo­gie benannt, der Esmark­breen nach dem schwe­di­schen Mine­ra­lo­gen Jens Esmark (1763-1839) und die Erd­mann­flya nach Esmarks nor­we­gi­schem Kol­le­gen Axel Joa­chim Erd­mann (1814-69).

Geo­lo­gie

In ers­ter Nähe­rung wird der geo­lo­gi­sche Unter­grund im Isfjord­ge­biet, wie auch im Bell­sund und Horn­sund, von West nach Ost – also von der Außen­küs­te bis in den inne­ren Fjord – jün­ger. Zumin­dest von der Außen­küs­te bis in den zen­tra­len Isfjord (bis in den Bereich Coles­buk­ta, Lon­gye­ar­by­en).

Das stimmt inso­weit, als dass es man im Bereich Ymer­buk­ta-Erd­mann­flya im Ver­gleich zur im Wes­ten benach­bar­ten Bucht Trygg­ham­na mit jün­ge­rem Gestein zu tun hat. Dort (Trygg­ham­na) sind es die ganz alten Grund­ge­birgs­ge­stei­ne und das Kar­bon und Perm (also Erd­al­ter­tum = Paläo­zoi­kum). In der Ymer­buk­ta geht es mit der Tri­as los, also dem Ein­stieg ins Erd­mit­tel­al­ter (Meso­zoi­kum, die Din­sauri­er­zeit).

Sedimentschichten Trias, Ymerbukta

Sedi­ment­schich­ten aus der Tri­as auf der West­sei­te der Ymer­buk­ta.

Und auch inner­halb des Bereichs Ymer­buk­ta-Erd­mann­flya gilt: je wei­ter öst­lich, des­to jün­ger. Auf der Ost­sei­te der Erd­mann­flya ist man im Alt­ter­ti­är (heißt heu­te offi­zi­ell Paläo­gen, aber „Ter­ti­är“ wird den meis­ten ver­mut­lich immer noch geläu­fi­ger sein). Damit ist in die­sem Gebiet erd­ge­schicht­lich ein wei­te­res Spek­trum ver­tre­ten.

Tertiärer Sandstein, Erdmannflya

Ter­tiä­rer Sand­stein an einem Küs­ten­kliff auf der Ost­sei­te der Ymer­buk­ta.

In jedem Fall sind es aus­schließ­lich Sedi­ment­ge­stei­ne, weit­ge­hend klas­ti­sche Sedi­men­te (was so von Flüs­sen und im Ufer- und Flach­meer­be­reich zusam­men­ge­spült wird: Sand­stei­ne und noch fei­ne­re Korn­grö­ßen, also Silt- und Ton­stein, sprich ver­stei­ner­ter Matsch) und Kar­bo­na­te (Kalk­stein). Auch Fos­si­li­en kann man durch­aus fin­den, etwa Muscheln und Ammo­ni­ten der Tri­as und des Jura.

Tek­to­nisch ist die gan­ze Regi­on kräf­tig durch­ge­walkt wor­den: Als Spitz­ber­gen und Grön­land sich trenn­ten, gab es zunächst Rei­bung und Druck und dadurch wur­den die Schich­ten stark ver­stellt, gefal­tet und zer­bro­chen (von Stö­run­gen durch­zo­gen). Die Struk­tu­ren kann man schön in den Berg­hän­gen sehen.

Geologische Strukturen, Ymerbukta

Geo­lo­gi­sche Struk­tu­ren in der Ymer­bu­ka.

Und die Ver­stel­lung sorgt auch dafür, dass es nicht ganz so gere­gelt („nach Osten wird es jün­ger“) zugeht wie der ers­te Blick andeu­ten mag: So fin­det man etwa am Ufer auf der Ost­sei­te der Ymer­buk­ta recht nah am Glet­scher klein­räu­mig älte­re Gestei­ne aus dem Per­mo­kar­bon: har­te Kalk­stei­ne, in denen man fos­si­le Koral­len und Bra­chio­po­den (Kopf­fü­ßer) fin­den kann.

Fossilien, Ymerbukta

Fos­si­le Koral­len­stie­le und Bra­chio­po­den aus dem Kar­bon oder Perm in der Ymer­buk­ta.

In den Ter­ti­är­ge­stei­nen auf der Erd­mann­flya gibt es Koh­le­flö­ze, wie auch in den geo­lo­gisch äqui­va­len­ten Gestei­nen um Barents­burg und Lon­gye­ar­by­en. Die­se wur­den in den 1970er Jah­ren von rus­si­schen Geo­lo­gen unter­sucht, wor­an noch eine Hüt­te im süd­li­chen Teil der Erd­mann­flya erin­nert sowie eine Hüt­ten­rui­ne am Ufer auf der West­sei­te die­ser Ebe­ne (die Ost­sei­te der Ymer­bu­ka).

Land­schaft

Der ers­te Blick­fang am Ort ist der Glet­scher Esmark­breen, den vie­le Tou­ris­ten bestau­nen, etwa als Teil einer Fjord­kreuz­fahrt als Tages­tour von Lon­gye­ar­by­en. Der Esmark­breen ist von schö­nen Ber­gen ein­ge­rahmt, die auf­grund der geo­lo­gi­schen Struk­tur durch die Steil­stel­lung und Fal­tung der Gesteins­schich­ten (im Gegen­satz zur Süd­sei­te des Isfjord zwi­schen Lon­gye­ar­by­en und Barents­burg) schön schroff sind. Der Glet­scher selbst geht kräf­tig zurück und mitt­ler­wei­le tritt an vie­len Stel­len der Glet­scher­front auf der Was­ser­li­nie Fels zuta­ge.

Zurückweichende Gletscherfront des Esmarkbreen

Fels tritt unter der zurück­wei­chen­den Glet­scher­front des Esmark­breen zuta­ge.

Die Erd­mann­flya ist ein weit­läu­fi­ges Flach­land, so wie es für gro­ße Tei­le der West­küs­te Spitz­ber­gens und die Nord­sei­te des Isfjords typisch ist. Die geo­mor­pho­lo­gi­sche Ent­ste­hung ist nie wirk­lich befrie­di­gend geklärt wor­den, Ero­si­on an der ins Land fort­schrei­ten­den Küs­te hat wahr­schein­lich die ent­schei­den­de Rol­le gespielt.

Wanderung, Erdmannflya

Wan­de­rung über die weit­läu­fi­ge Erd­mann­flya.

Wenn man genau hin­schaut, sieht man vie­ler­orts die Spu­ren der ins Meer hin­ein zurück­wei­chen­den Ufer in Form alter Strand­wäl­le (Ufer­li­ni­en) infol­ge der Land­he­bung nach dem Ende der letz­ten Eis­zeit (gla­zia­li­so­sta­ti­sche Land­he­bung). Ganz kurz gesagt: Die Last der eis­zeit­li­chen Glet­scher ver­schwin­det mit dem Ende der Eis­zeit, das Land ploppt ein Stück hoch, das Meer zieht sich dadurch schein­bar zurück, die Küs­ten­li­nie ver­la­gert sich ins Meer hin­ein und die alte Küs­ten­li­nie wan­dert schein­bar ins Lan­des­in­ne­re (tat­säch­lich bleibt sie natür­lich lie­gen, wo sie ist 🤪). Das ist in Form schö­ner geo­me­tri­scher Mus­ter sicht­bar, vor allem von erhöh­ter Per­spek­ti­ve aus.

Strandwälle, Erdmannflya

Strand­wäl­le auf der Erd­mann­flya.

Klein­räu­mig gibt es hier und dort schö­ne Struk­tu­ren wie Frost­mus­ter­bö­den.

Frostmusterboden, Erdmannflya

Frost­mus­ter­bo­den auf der Erd­mann­flya.

Flo­ra und Fau­na

Natür­lich schwimmt in der Ymer­buk­ta her­um, was in ark­ti­schen Fjor­den so her­um­schwimmt. Beson­ders gut kann man die Rin­gel- und Bart­rob­ben im Früh­jahr und Früh­som­mer sehen, wenn noch Eis in der Bucht liegt, denn dann lie­gen die Rob­ben ger­ne auf dem Eis, und wenn man Glück hat, ruht sich auch ein Wal­ross oder zwei an der Eis­kan­te aus und viel­leicht läuft sogar irgend­wo ein Eis­bär her­um.

Seehund, Ymerbukta

Neu­gie­ri­ger See­hund (Pho­ca vitu­li­na) in der Ymer­buk­ta.

Die Tun­dra auf bei­den Sei­ten der Ymer­buk­ta, vor allem aber auf der weit­läu­fi­gen Erd­mann­flya, bie­tet Ren­tie­ren gute Wei­de­grün­de …

Rentiere, Erdmannflya

Ren­tie­re auf der Erd­mann­flya.

… und natür­lich fin­det man die ver­schie­de­nen Vögel der Tun­dra dort, von Gän­sen über Eider- und Prachtei­de­r­en­ten bis hin zu Thor­s­hühn­chen und so eini­ges mehr. Da ist natür­lich auch immer irgend­wo ein Eis­fuchs in der Nähe.

Eisfuchs, Erdmannflya

Eis­fuchs auf der Erd­mann­flya.

Auf der Erd­mann­flya gibt es einen etwas grö­ße­ren See, den Straumsjøen. Dar­in gibt es See­saib­lin­ge, einen forel­len­ähn­li­chen Fisch, der von Ein­hei­mi­schen ger­ne gean­gelt (oder mit dem Netz gefan­gen) wird (erfor­dert eine Angel­kar­te, mit Netz nur Ein­hei­mi­schen erlaubt). Man merkt dort im Som­mer auch schnell, wovon die Saib­lin­ge leben: Wenn es halb­wegs wind­still ist, machen sich dort die zahl­rei­chen Insek­ten schnell bemerk­bar.

Seesaibling, Erdmannflya

See­saib­ling in einem Morä­nen­tüm­pel auf der Erd­mann­flya.

Geschich­te

Dies­be­züg­lich gehört die Ymer­buk­ta nicht unbe­dingt zu den pro­mi­nen­tes­ten Fjor­den Spitz­ber­gens. Am Ufer der Bucht More­neki­len gibt es die recht unschein­ba­ren Res­te einer Jagd­sta­ti­on der Pomo­ren. Man kann nur ver­mu­ten, dass die Bucht zu Pomo­ren­zei­ten tief genug für Boo­te gewe­sen sein muss, mitt­ler­wei­le ist sie soweit ver­lan­det, dass sie für Boo­te zu flach ist.

Pomorenstation, Erdmannflya

Res­te einer Pomo­ren­sta­ti­on. More­neki­len, Erd­mann­flya.

So wie über­haupt die Ufer der Erd­mann­flya fast über­all viel zu flach sind, damit man mit Boo­ten ordent­lich an Land käme. Das hat natür­lich auch die Nut­zung beein­flusst: kein Zugang, kei­ne Nut­zung. Es sei denn, man hat Hub­schrau­ber wie die rus­si­schen Geo­lo­gen, die in den 1970er Jah­ren dort die Koh­le­vor­kom­men unter­sucht haben. Davon zeugt die Hüt­te mit­ten auf dem Land – was unge­wöhn­lich ist, die aller­meis­ten älte­ren Hüt­ten ste­hen am Ufer, wo man eben Bau­ma­te­ri­al mit dem Boot hin­trans­po­rie­ren kann. Das ist natür­lich egal, wenn man mit dem Hub­schrau­ber kommt.

Russische Geologenhütte, Erdmannflya

Rus­si­sche Geo­lo­gen­hüt­te auf der Erd­mann­flya.

Von der Arbeit der Rus­sen zeu­gen noch ein paar alte Fahr­we­ge: Mit dem Umwelt­schutz haben es die Rus­sen damals offen­sicht­lich nicht so genau genom­men (ist jemand über­rascht?), sie haben sich in der emp­find­li­chen Tun­dra mit schwe­ren Fahr­zeu­gen fort­be­wegt, was auch immer das genau war (mög­li­cher­wei­se Trak­to­ren). Hier und da gibt es aus die­ser Zeit auch noch ros­ten­de Eisen­schil­der mit gro­ben, auf­ge­schweiß­ten kyril­li­schen Buch­sta­ben, die dem Besu­cher mit­tei­len, wer dort damals Rech­te ange­mel­det hat: die rus­si­sche Gesell­schaft Trust Ark­ti­ku­gol, der auch Barents­burg und Pyra­mi­den gehö­ren.

Russisches Annexionsschild, Erdmannflya

Rus­si­sches Anne­xi­ons­schild auf der Erd­mann­flya.

Foto­ga­le­rie Ymer­buk­ta und Esmark­breen

Ein paar Ein­drü­cke von Ymer­buk­ta und Esmark­breen, Bucht und Glet­scher. Auf­ge­nom­men von 2006 bis 2024, alle Mona­te von Mai bis Okto­ber sind dabei.

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Foto­ga­le­rie Erd­mann­flya

Und abschlie­ßend ein paar Bil­der von der Erd­mann­flya. Land­schaft­lich eine Welt für sich, aber man muss die­se Land­schaft schon aus der Nähe erle­ben, sonst blei­ben ihre zahl­rei­chen Details ver­bor­gen.

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Letzte Änderung: 21. Januar 2025 · Copyright: Rolf Stange
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