Dieser neue coronabedingte Einschlag ist ein harter Treffer: die Reise „Rund um Spitzbergen mit der Antigua, 23. Juni – 11. Juli 2021“ muss wegen der Coronasituation leider abgesagt werden. Die Teilnehmer werden von der Geographischen Reisegesellschaft kontaktiert.
Die aktuelle Entwicklung der Coronalage ist aus den Medien bekannt und macht zumindest kurzfristig wenig Mut. Die um den Jahreswechsel herrschende Hoffnung, dass ein schnelles Ausrollen des europäischen Impfprogramms zu einem hinreichend schnellen Beherrschen der Pandemie führen würde, um derartige Reisen im Hochsommer wieder zu ermöglichen, hat sich so leider nicht bestätigt; ein schnellerer Beginn hätte hier sicher hilfreich sein können, trat aber leider nicht ein. Nun waren wir gezwungen, zusammen mit dem Eigner der SV Antigua, der Tallship Company, eine Entscheidung zu treffen, und die konnte angesichts der aktuellen Entwicklung leider nur auf eine Absage der Fahrt herauslaufen.
Spitzbergen mit Antigua, 23.6.-11.7.2021: wegen Corona abgesagt.
Dennoch schauen wir vertrauensvoll in die hoffentlich nicht allzu ferne Zukunft.
Jetzt heißt es, die Daumen für den weiteren Verlauf des Sommers zu drücken. Noch haben wir Hoffnung, dass wir die Reisen mit der Arctica II im August/September und mit der Antigua im September durchführen können.
Es bedarf wohl kaum der Erwähnung: Wer diesen Sommer reisen will, sollte die früheste Gelegenheit wahrnehmen, sich impfen zu lassen. Nichts ist entschieden, aber die Annahme erscheint nicht unrealistisch, dass Norwegen die generelle Einreise und möglicherweise die Teilnahme an Schiffsreisen zunächst Geimpften ermöglichen wird.
Es gibt tatsächlich in diesem Corona-Frühjahr öffentliche Ereignisse, die stattfinden. Wo wäre die Frischluftzufuhr auch besser als bei einem Hundeschlittenrennen?
Der Longyearbyen Hundeklub – das sind die mit dem Hundehof im Adventdalen kurz vor dem Eisbärenwarnschild am See Isdammen – richtet das Hundeschlittenrennen „Trappers Trail“ seit Jahren aus. Es ist ein Rennen für einheimische Mitglieder des Hundeklubs, mehr ein soziales Ereignis als ein sportlicher Wettkampf – das natürlich auch, aber eben nicht nur.
Start des Trappers Trail: das traditionelle Mitglieder-Hundeschlittenrennen
des Longyearbyen Hundeklub.
Der Trappers Trail geht traditionell über zwei Tage, und die Strecke verlangt einiges von Vier- und Zweibeinern: Am ersten Tag geht es 40 Kilometer weit vom Startpunkt bei Longyearbyen durch das Adventdalen, Todalen, Bødalen und Colesdalen bis in die Colesbukta, wo der Hundeklub eine eigene Hütte hat. Die Teilnehmenden übernachten dort im Zelt, bevor es am nächsten Tag zurückgeht. Die zweite Etappe ist mit 30 Kilometern zwar kürzer, hat mit dem Fardalsbakken, also dem Anstieg vom Fardalen hoch zum Pass am Longyearbreen, aber eine ordentliche Schikane, die die meisten Teams in die Reserve bringen wird, bevor die Strecke entspannt über den Longyearbreen nach Longyearbyen ausläuft.
Etappenziel beim Trappers Trail ist die Colesbukta, wo der Longyearbyen Hundeklub eine Vereinshütte hat. Dort übernachten die Teilnehmer vor der zweiten Etappe im Zelt
(Archivbild).
Das Rennen ist Jahr für Jahr ein Höhepunkt für die Mitglieder des Vereins und Schaulustige. Da die Veranstaltung durchgehend im Freien stattfindet, war die Einhaltung der Corona-Regeln gut machbar und so konnte dieses schöne Ereignis glücklicherweise stattfinden.
Trappers Trail: Fotogalerie
Als Spitzbergen.de-Spion war Max Schweiger vor Ort und hat diese Bilder für uns geschossen. Tusen takk, Max!
Im November und Dezember fing es mit einzelnen Vorträgen an, und ab Januar haben Birgit Lutz und ich uns zusammengetan und die Online-Arktis-Vortragsreihe „Der arktische Mittwoch“ ins Leben gerufen. Am kommenden Mittwoch, dem 28. April, kommt die Reihe nun vorerst zu ihrem Abschluss: Der Schweizer Arktis-Abenteurer Thomas Ulrich nimmt uns mit auf das Eis des Arktischen Ozeans. „Arctic Solo – wie aus Scheitern ein Weitergehen wurde“ ist die dramatische Geschichte einer Nordpol-Expedition, die Thomas in Extremsituationen brachte. Es ist auch die Geschichte davon, wie man aus einer scheinbar ausweglosen Lage letztlich Kraft zum Weitergehen zieht.
Thomas Ulrich: „Arctic Solo – wie aus Scheitern ein Weitergehen wurde“. Dramatische Abenteuer in der Arktis als Abschluss der Reihe „Der arktische Mittwoch“.
Nachdem Birgit und ich, mit Beiträgen von Udo Zoephel (die MOSAiC-Expedition), Sandra Walser (Hans Beat Wieland/Wilhelm Bade) und Henry Páll Wulff (Island), verschiedene Arktis-Regionen eher landeskundlich und historisch vertiefend betrachtet haben, nimmt Thomas Ulrich uns nun noch einmal voll mit ins Abenteuer! Ein Höhepunkt zum Abschluss der Reihe, auf den wir uns freuen. Und wir würden uns freuen, wenn Ihr zahlreich dabei seid!
Im Vortrag „Arctic Solo“ ist neben Eis und eisigen Temperaturen auch mit dem einen oder anderen Eisbären zu rechnen.
Das Projekt „Der arktische Mittwoch“ hat viel Eigendynamik bekommen und uns mehrere Monate lang sowohl ausgelastet als auch durch die Zeit getragen. Für Menschen, die hauptamtlich in der Reisebranche unterwegs sind, ist diese Zeit nicht einfach, zumal wenn man nicht in einer Firma angestellt ist und Kurzarbeitergeld oder andere staatliche Hilfen beziehen kann. Kleinselbstständige sind nach wie vor in einer schwierigen Lage – umso wichtiger war es für uns, dass der „Arktische Mittwoch“ so gut funktioniert hat und wir bedanken uns bei allen, die zugeschaut haben! Heute ist nicht alle Tage, wir kommen wieder, keine Frage … aber nach dem Vortrag am Mittwoch kommt erst mal eine Sommerpause. Nicht zum faul-auf-dem-Sofa-liegen, sondern für andere Projekte, die Birgit und ich jeweils auf dem Zettel haben. Und hoffentlich auch noch für etwas frische Arktis-Luft im Laufe des Sommers. Daumen drücken! Und die Schulter hinhalten, sobald die Gelegenheit kommt!
Thomas Ulrich: Arctic Solo – wie aus Scheitern ein Weitergehen wurde (Vortrag)
Ein paar Eindrücke von Thomas Ulrichs Arktis-Abenteuern. Mehr Abenteuer pur und satt dann am Mittwoch!
Schon länger schwelt in der Barentssee ein „Kabeljaukrieg“ zwischen der EU und Norwegen. Nun droht er zu eskalieren. Hintergrund sind Streitigkeiten zwischen Oslo und Brüssel über Fangrechte in den zu Svalbard gehörenden Gewässern.
Streitobjekt: Fischereiquoten in der Barentssee nach dem Brexit
Vordergründig geht es darum, dass Norwegen nach dem Brexit die Fangmenge Großbritanniens von jener der EU-Fischereiflotte abgezogen hat, wie der norwegische Sender NRK berichtet. Damit bleiben den heutigen EU-Ländern noch 17.885 Tonnen, während die Briten 5.500 Tonnen aus dem Wasser holen dürfen. Das wurde von Brüssel allerdings abgelehnt. Dort teilte man sich selbst eine Quote von 28.431 Tonnen zu, was Norwegen wiederum nicht akzeptiert. Die EU hält die norwegische Regelung für willkürlich und diskriminierend.
Nun haben beide Seiten rhetorisch aufgerüstet. Von überall hört man, man sei vorbereitet, um die eigenen Rechte zu wahren. Brüssel will notfalls zu „allen notwendigen Maßnahmen greifen, um europäische Interessen gegenüber Norwegen zu sichern“. In Norwegen wiederum verweist man auf Küstenwache und Polizei, die gut vorbereitet seien und gegebenenfalls Fischereischiffe beschlagnahmen würden, die Fang ohne gesetzliche Quote an Bord haben. So äußerte sich aktuell Lars Fause, leitender Staatsanwalt in Nordnorwegen. Später in diesem Jahr wird Fause in Longyearbyen die Nachfolge von Sysselmann Kjerstin Askolt antreten – begrifflich neu gewandet als erster Sysselmester.
Lecker Dorsch (Kabeljau) aus dem Isfjord. Im Streit zwischen Norwegen und der EU geht es allerdings um andere Mengen.
Kern des Problems: der Spitzbergenvertrag
Im Kern liegt das Problem allerdings tiefer als ein paar Tonnen Fisch: Es geht um die Deutung des Spitzbergenvertrages, dessen zweiter Artikel allen Unterzeichnerstaaten – die allermeisten europäischen Länder gehören dazu – „gleiche Rechte der Fischerei und der Jagd in den in Artikel 1 definierten Territorien und den dazu gehörigen Territorialgewässern“ sichert. Die Krux liegt im Begriff „Territorialgewässer“. Dieser ist historisch nicht scharf definiert. In früheren Jahrhunderten beanspruchten Staaten die Gewässer drei Meilen vor der Küste (früher eine Kanonenschussweite). Ab 1921 – nach Unterzeichnung des Spitzbergenvertrages (1920) – begannen Staaten, ihre Hoheitsrechte auf bis zu zwölf Meilen auszudehnen. Ganz eindeutig und einheitlich ist das bis heute nicht global geregelt, aber soweit besteht Einigkeit: In der Zwölfmeilenzone um die Inselgruppe Spitzbergen (Svalbard) gilt der Spitzbergenvertrag und sichert allen Mitgliedsstaaten gleiche Rechte.
Problematisch wird es allerdings in der „Ausschließlichen Wirtschaftszone“, also der 200-Meilen-Zone außerhalb der Zwölfmeilenzone. Diese wurde erst 1982 im Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen völkerrechtlich festgelegt. Nun beansprucht Norwegen auf Basis des Artikels 1 des Spitzbergenvertrages die „volle und uneingeschränkte Souveränität“, wie es dort heißt, auch über die 200-Meilen-Zone um Svalbard, pocht jedoch darauf, dass das in Artikel 2 festgelegte gleiche Recht für alle (etwas technischer: das Nichtdiskriminierungsprinzip) dort nicht gelten soll, sondern dass Norwegen hier exklusive Rechte hat. Es überrascht nicht, dass hier nicht unbedingt allgemeines Einverständnis herrscht.
Die Küstenwache sichert die norwegische Souveränität in den Gewässern um Spitzbergen. Nun stehen unfreundliche Begegnungen mit EU-Fischereischiffen zu befürchten.
Der Spitzbergenvertrag und die „Ausschließliche Wirtschaftszone“
Unabhängig davon, ob innerhalb der Ausschließlichen Wirtschaftszone (200-Meilen-Zone) das Nichtdiskriminierungsprinzip des Spitzbergenvertrages nun gilt oder nicht, besteht allerdings kaum Zweifel daran, dass Fischereischiffe aus der EU oder aus Drittländern dort norwegische Wirtschaftsrechte anerkennen müssen. Die Frage ist aber, wie Norwegen die Rechte, die den Fischern anderer Länder eingeräumt werden, gegenüber den eigenen Quoten gewichtet: gleichberechtigt (wenn Artikel 2 des Spitzbergenvertrags dort anzuwenden wäre) oder exklusiv.
Eine komplizierte Materie. Was offenkundig bislang fehlt, ist eine von allen Seiten anerkannte Instanz, die offene Fragen bei der Interpretation des Spitzbergenvertrages verbindlich entscheiden kann. Hier besteht Norwegen darauf, selbst die ausschließliche Interpretationshoheit zu besitzen. Das sieht man in Brüssel offenkundig anders.
Während dieser Klärungsbedarf bestehen bleibt, rüsten die norwegische Küstenwache und die europäischen Fischereiflotten schon auf, und entsprechende Konflikte sind zu befürchten. Der unbeteiligte Beobachter schaut zu und staunt.
Das Krisesenteret Tromsø, eine Anlaufstelle für Opfer familiärer Gewalt, hat einem NRK-Beitrag zufolge eine besorgniserweckende Diskussion angestoßen: Opfer familiärer Gewalt stehen in Longyearbyen möglicherweise in einer deutlich hilfloseren Position als auf dem norwegischen Festland.
Hintergrund: der Spitzbergenvertrag
Die Hintergründe liegen im Spitzbergenvertrag begründet: Dieser regelt, seit er 1925 in Kraft trat, dass Bürger aller Unterzeichnerstaaten freien Zugang haben. Ein Visum, Aufenthalts- oder Arbeitsgenehmigung sind nicht erforderlich, um dort zu leben und zu arbeiten (die Anreise erfordert aber ggf. ein Schengen-Visum).
Daher gilt das „utlendingsloven“ (Ausländergesetz) auch nicht, das den Zugang und Aufenthalt von Ausländern in Norwegen regelt. Dieses Gesetz regelt allerdings auch etwa, dass nicht-norwegische Opfer von familiärer Gewalt unabhängig vom Partner eine Aufenthaltsgenehmigung beantragen können und dass sie Anspruch auf Hilfe haben, etwa durch spezialisierte Einrichtungen und Anwälte.
Diese Rechte bestehen in Spitzbergen nicht, da dieses Gesetz sowie das Sozialgesetz dort nicht gelten. Das kann insbesondere nicht-norwegische Frauen, die finanziell vom Partner abhängig sind, in eine starke Abhängigkeitssituation bringen, denn wenn sie nicht in der Lage sind, aus eigener Kraft materiell eigenständig dort weiter zu leben, bleibt nur die Rückreise ins Heimatland. Dabei handelt es sich aber mitunter um ärmere Länder mit einer politisch und sozial weniger stabilen Lage, wo Betroffene nicht unbedingt eine Zukunft für sich und ihre Kinder sehen. Das kann letztlich dazu führen, dass Opfer länger in Partnerschaften verbleiben, in denen sie Gewalt ausgesetzt sind.
Longyearbyen ist für die allermeisten ein Ort, an dem man gut und sicher leben kann. Aber es gibt Ausnahmen, und dann kann das Leben noch schwieriger sein als anderswo.
Eine Anwältin, die eine Betroffene juristisch betreut, kommentiert das so: „Es wirkt auch, als wäre Svalbard norwegisch, wenn es uns passt, und plötzlich ist es nicht norwegisch, wenn es nicht passt.“
Zwei polizeibekannte Fälle von familiärer Gewalt seit 2020
Seit Anfang 2020 sind in Longyearbyen zwei Fälle polizeibekannt geworden, die in diesem Zusammenhang von Bedeutung sind. Sysselmann Kjerstin Askholt weist darauf hin, dass derartige Fälle polizeilich genau so wie auf dem Festland verfolgt werden. Die politische Einschätzung darüber hinaus teilt sie nicht bzw. sie sieht Parallelen zu Fällen allgemein im Ausland, in denen etwa eine Norwegerin ohne geklärten Aufenthaltsstatus Opfer familiärer Gewalt wird. Auch hier müsse man akzeptieren, dass derartige Fälle für die Betroffenen andere Konsequenzen haben können als für eine Person mit festem Aufenthaltsstatus.
Bürgermeister Arild Olsen erkennt das Problem an und meint, man müsse es politisch aufgreifen und untersuchen.
Hanne Stenvaag from Krisenzentrum Tromsø geht von einer hohen Dunkelziffer aus.
Das Wetter zeigt sich in Spitzbergen mit viel Wind, Schneefall und eher milden Temperaturen derzeit recht nutzerunfreundlich. Auch das Osterwetter lud nicht zu längeren Touren ein, wie sie in Norwegen einschließlich Spitzbergen zu dieser Zeit eigentlich üblich sind. Eine Skiwandergruppe, die sich „Spitsbergen på langs“ vorgenommen hatte, also eine ambitionierte Ski-Expedition vom Südkap bis zur Nordspitze Spitzbergens, musste letzte Woche kurz nach dem Start per Hubschrauber abgeholt werden, nachdem ein Zelt verloren gegangen war und Teilnehmer unter Nässe und Kälte litten.
Das Gruvefjellet oberhalb von Nybyen (die sichtbaren Gebäude gehören zu Nybyen).
Am Gruvefjellet oberhalb von Nybyen, dem oberen Ortsteil von Longyearbyen, hängen große Schneewächten, die jederzeit abbrechen und dabei auch Gebäude gefährden können. Daher hat der Sysselmannen die Gebäude auf der Ostseite der Straße in Nybyen sowie den darüber liegenden Hang bis auf Weiteres gesperrt. Es gibt keinen Zeitplan für die Aufhebung der Evakuierung, mit schneller Entwarnung ist eher nicht zu rechnen.