Am 20. und 21. Februar laden wir – Rolf Stange und die Geographische Reisegesellschaft (GeoRG) – Sie zu einem Vortragswochenende nach Würzburg ein. Samstag Nachmittag und Sonntag Vormittag geht es auf der Leinwand nach Island, Ostgrönland und Spitzbergen: Schöne Impressionen, eindrückliche Bilder und informative Hintergründe von Referenten, die sich auskennen. Das Thema Fotografie im Norden kommt in einem speziellen Vortrag von Daniel Zehrfeld zu seinem Recht. Wir freuen uns auch darauf, zwischen den Vorträgen mit Ihnen ins Gespräch zu kommen.
Die neuntägige Tour mit Wanderungen bei Pyramiden und Longyearbyen im September 2016 ist nun ausgeschrieben und buchbar. Sinn der Reise sind schöne, lange Wander- und Bergtouren um die beiden Orte. Fotografisch Interessierte sollen dabei auf ihre Kosten kommen: Neben Rolf Stange ist Alexander Lembke als Tourenleiter und Fotograf mit von der Partie, so dass jederzeit Foto-Fachgespräche sowie abendliche Bildbesprechungen etc. möglich sind. Im Fokus stehen aber das Spitzbergen-Erlebnis und die Wanderungen. Die Touren richten sich an Wanderfreudige, die gerne auch mal mehr als 10 Kilometer in arktischem Gelände unterwegs sind und sich auch auf 500-1000 steinige Höhenmeter freuen.
Die Teilnehmerzahl ist auf maximal 10 begrenzt, der Termin ist 04.-12.09.2016. Hier klicken für mehr Informationen zu dieser Reise.
Und wo ich bei der Antigua bin: die ist jetzt in der Werft. In zwei Hälften zerlegt. Daran Schuld ist kein Eisberg und keine Untiefe, sondern der Plan, das Schiff ein paar Meter länger zu machen. Die Hälfte der Kabinen wird ab 2016 etwas größer sein. Aber es wird nicht mehr Kabinen und nicht mehr Kojen geben, also auch nicht mehr Menschen an Bord, und das ist uns wichtig. Ein längerer Rumpf soll sich unter Segeln sogar besser machen. Wir sind gespannt!
Unterdessen hat sich über Spitzbergen die Polarnacht gesenkt. Was ein friedlicher arktischer Winter werden sollte, wurde kurz vor Weihnachten zu einer Katastrophe, als eine Schneelawine auf ein Wohngebiet niederging und elf Häuser zerstörte. Zwei Menschen kamen ums Leben. So endet das Jahr 2015, das so vielen Menschen in so vielen Ländern Krieg und Terror und den Verlust ihrer Heimat brachte, auch auf Spitzbergen traurig. Hoffen wir, dass 2016 ebenso viele schöne Erlebnisse bringen wird und weniger traurige Ereignisse.
Während dieser Zeit der kurzen Tage werden die Touren der Vergangenheit aufgearbeitet, mit Reisetagebüchern, Videos und Fotogalerien, die ich allen für einen gedanklichen Ausflug in die hohen Breiten empfehle. Neue Reisen werden vorbereitet, mit der Antigua, mit der Arctica II, mit der Ópal (2017), mit der Aurora. Nach Spitzbergen, Grönland und Jan Mayen. Auch verstärkt zu Fuß, Anfang September. Dafür wird jetzt gedacht und geplant. Über 160 Einträge haben die Spitzbergen.de-Nachrichten und der Reiseblog 2015 bekommen, beide sind ab sofort übrigens zusammengelegt, so wie es eigentlich auch von vornherein geplant war. Auch an Büchern wird gearbeitet. Mehrere sind in Arbeit, teilweise schon recht fortgeschritten. Die jahrelange Neuerscheinungspause wird also einmal zu Ende gehen, das kann ich versprechen, wenn ich mich auch nicht auf Termine festlege. Ich plane keine Flughäfen, sondern schreibe Bücher. Dafür bezahlt mich auch niemand. Somit muss ich niemandem erst versprechen, bis wann das ein Buch fertig wird, nur um dann zuerklären, warum es doch länger dauert. Sehr praktisch.
Allen LeserInnen wünsche ich alles Gute fürs neue Jahr! Viele schöne Reisen in hohe Breiten und sonstwo, Glück und Gesundheit sowieso! Vielleicht kreuzen sich unsere Wege, unter den Polen oder irgendwo dazwischen. Unter Mitternachtssonne oder Polarlicht.
Vorsicht, das hier ist kein leichter Stoff! Wahrscheinlich muss ich offiziell warnen: Hier geht es um brutale Vorgänge, die verstörend wirken können.
Auf der Wrangel-Insel in der östlichen russischen Arktis ist es zu einem extremen Fall von Tierquälerei an einer Eisbärin gekommen. Arbeiter auf einer Baustelle hatten die Eisbärin, die in Begleitung von Nachwuchs war und die Baustelle regelmäßig besucht hatte, bereits über längere Zeit gefüttert. Offenbar aus Langeweile gab einer der Arbeiter, soweit bekannt ein Koch, bereits im November einen starken Knallkörper zum Futter. Dieser explodierte im Maul der Eisbärin und verletzte sie schwer. Es handelte sich angeblich um eine „Knallgranate“ mit 80 Gramm Schwarzpulver.
Laut Aussage des Täters soll es sich um Notwehr gehandelt haben. Er habe den Knallkörper geworfen, um die Eisbärin abzulenken, da eine andere Person über das Gelände ging. Lokale Medien bezeichnen dies aber als unglaubwürdig: Die Eisbärin sei an die Arbeiter gewöhnt gewesen und nie aggressiv aufgetreten, Personen hätten sich schon mehrfach zusammen mit dem Tier fotografiert.
Auf youtube gibt es ein Video, das zeigt, wie sich die Eisbärin mit starken Schmerzen quält und zudem blutet. Über den Zustand der Eisbärin seitdem gibt es widersprüchliche Aussagen: Einerseits wurde behauptet, dass sie am Leben sei, anderen Aussagen zufolge wurde sie seitdem nicht mehr gesehen.
Zunächst schien der Täter mit einer kleinen Geldstrafe davonzukommen. Mittlerweile haben sich aber Politik und Justiz eingeschaltet: Der Gouverneur von Tschukotka und der russische Umweltminister Sergej Donskoj forderten ein Verfahren, der Generalstaatsanwalt ermittelt. Die Tötung geschützter Tiere kann mit bis zu sieben Jahren Gefängnis bestraft werden; andernorts ist von bis zu drei Jahren Haft die Rede.
Auf thepetitionsite.com gibt es eine online-Petition, mit der die russischen Strafverfolgungsbehörden dazu gebracht werden sollen, konsequent gegen den oder die Täter vorzugehen. Hier ist der Link zur Petition.
Die Seite mit der online-Petition enthält kein brutales Bildmaterial. Das besagte youtube-Video kann dem Betrachter allerdings wirklich den Schlaf rauben. Hier ist der Link zum Video, das, wie gesagt, allerdings wirklich grausam ist und verstörend wirken kann.
Der Täter war (ist?) angestellt bei der Firma Русальянс (Russallians), die im Auftrag des Verteidigungsministeriums auf der Wrangel-Insel tätig ist. Offiziell unterstützt diese Firma eine Stiftung, die sich für den Naturschutz in der Arktis und ein „harmonisches Verhältnis zwischen Mensch und Tier“ einsetzen soll.
Der November ist nicht die Zeit der großen Touren in der Arktis. Ein wohl etwas verwirrter englischer Tourist sah das anders und wollte zu einer Wanderung von Longyearbyen nach Pyramiden aufbrechen – in der Polarnacht. Letztlich konnten Einheimische ihn davon überzeugen, dass das eine Schwachsinnsidee war.
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Danke, Antigua, für die schönen Fahrten 2015! Und damit sind natürlich auch alle Menschen gemeint, die dazu beigetragen haben, dass diese Fahrten so schön wurden. Die Mannschaft, die Kollegen, die Gruppen. Schön war’s!
Jan Mayen passierte auf der Leinwand im Svalbardmuseum in Longyearbyen Revue, und am Nachthimmel zogen Nordlichter auf.
Das Licht ging nicht nur in der Natur aus, sondern auch in den norwegischen Bergwerken auf Spitzbergen. Zwar nicht komplett und endgültig, aber die Belegschaft wurde drastisch zwangsreduziert. Longyearbyen schrumpft, was der Ort nicht gewohnt ist. Und Svea schrumpft noch viel mehr. Dort stellt man sich nun auf einen jahrelangen Dornröschenschlaf ein, von dem derzeit niemand weiß, ob er überhaupt jemals zu Ende gehen wird.
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Unterdessen erblickte mein Spitzbergen-Kalender 2016 das Licht der Welt, was im Jahresrückblick bei spitzbergen.de definitiv ein erfreuliches Ereignis ist. Immerhin der vierte Kalender seiner Art.
Bald nach der Aufhebung der Evakuierung am Dienstag Abend stellte sich heraus, dass abgesehen von den offensichtlich zerstörten Gebäuden weitere Häuser so stark beschädigt sind, dass sie dauerhaft aufgegeben werden müssen. Die Bewohner mussten ihre Wohnungen kurzfristig wieder verlassen. Die Gebäude gehören dem staatlichen Eigentumsverwalter Statsbygg, der immerhin in der Lage war, den Betroffenen schnell Ersatz zur Verfügung zu stellen. Es handelt sich um Häuser in Weg 228 (gelber Kreis im Bild unten). Neben der baulichen Substanz sind Wasserleitungen und Fernwärmeinstallationen irreparabel beschädigt. Immerhin können die Bewohner ihre alten Wohnungen gefahrlos aufsuchen, um ihren Besitz zu holen.
Soviel Glück haben die ehemaligen Bewohner der stark zerstörten Häuser (roter Kreis) nicht. Dieser Bereich der Lokalstyre zufolge bleibt weiterhin gesperrt. Die Verwaltung hat angekündigt, einen Plan zu erstellen, wie die Betroffenen an ihr persönliches Eigentum kommen.
Donnerstag Nachmittag besuchte die norwegische Königin Sonja zusammen mit Justizminister Anundsen den Lawinenbereich.
Eine betroffene Familie hat nun in einem Leserbrief an die Svalbardposten geschildert, wie dramatisch sie die Lawine erlebt hat. Zusammen mit einer Besucherin und ihren zwei Kindern war das Paar zuhause in Weg 236, als die Lawine das Gebäude traf. Augenblicklich waren alle fünf in der Küche von Schneemassen begraben und schafften es nur mit viel Glück und der Kraft der Verzweiflung, sich teilweise zu befreien, bis Hilfe kam. Etwa eine Dreiviertelstunde dauerte es insgesamt, bis alle unter bis zu zwei Meter hartem, mit Holzsplittern gemischtem Schnee gefunden waren und die Kinder teilweise kräftig unterkühlt ins Krankenhaus kamen. Dank viel Glück und guter ärztlicher und sonstiger Unterstützung geht es es allen nach diesem äußerst dramatischen Ereignis nun wieder gut.
Das von der Lawine getroffene Wohngebiet. Die Gebäude im roten Kreis sind stark zerstört. Nun zeigte sich, dass auch die Häuser in Weg 228 (gelber Kreis) dauerhaft unbewohnbar sind.
Eine Speicherkarte, die seit 2009 in der arktischen Wildnis gelegen hat, fand nach sechs Jahren ihre Besitzerin wieder, zu deren großer Freude.
Unterdessen hatte ich das Vergnügen, mit den Isländern auf ihrer Ópal durch den Scoresbysund in Ostgrönland zu fahren. Was soll man sagen. Farbenpracht der Superlative, eine Landschaft, die in ihrer Dimension ihresgleichen sucht. Ein Sturm, der sich draußen auf dem Meer austobte und gerade rechtzeitig nachließ, um uns anschließend ohne Probleme nach Island fliegen zu lassen – ja, etwas Glück gehört dazu (und ein Reservetag vor dem Heimflug kann auch nicht schaden, sicherheitshalber – ich sag’s nur mal wieder …)
Auf dem kleinen Segelboot Arctica II ging es in den August hinein. Der Sommer war ungewöhnlich eisreich, so dass wir sogar jetzt damit rechneten, Spitzbergen nicht umrunden zu können, was zu dieser Zeit seit etlichen Jahren nicht vorgekommen war. Aber wer würde sich darüber beschweren wollen, dass es in der Arktis Eis gibt? Meistens klagen wir heute über das Gegenteil.
Eine Querung des Prins Karls Forland von West nach Ost ist keine Querung von Grönland. Man kann das an einem Tag prima machen, das ist eine schöne, lange Wanderung. Aber wie oft hat man die Möglichkeit dazu? Die See ruhig genug, um an der völlig exponierten Außenküste zu landen? Das Wetter gut genug, damit die Tour so richtig Freude macht? Alles passte, alles funktionierte, alle hatten ihre Freude an den weiten Blicken über Berge, Tundra und Meer rund um das südliche Forland.
Was mir unter den vielen Erlebnissen dieser Fahrt spontan ins Gedächtnis kommt, sind die Tage, die wir im Südosten im Eis verbrachten. Die Kombination aus Eis und Strömung im Heleysund war spektakulär, und man muss das auch nicht unbedingt jeden Tag so machen. Da hielten wir die Umrundung schon für eine Tatsache und ich freute mich darüber, wider Erwarten doch auch dieses Jahr zur Barentsøya und zur Edgeøya zu kommen. Ohne diese Insel im Südosten Spitzbergens wäre so ein Arktis-Jahr doch nicht ganz vollständig!
Nicht ganz vollständig war auch unsere Umrundung, und das Eis im südlichen Storfjord ließ uns schon an der Vollendung zweifeln, aber nach langer Suche nach einer Passage tauchte auf einmal die Fram auf, und Hurtigruten erwies sich als willkommener Freund und Helfer.
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Während wir so mit einiger Mühe Spitzbergen umrundeten, umrundeten mutige Abenteurern erstmals das Nordaustland. Genau genommen, gelang dies zwei Teams gleichzeitig, von denen eines die weite Reise von Longyearbyen bis Longyearbyen ums Nordaustland herum angetreten hatte und bravourös beenden konnte. Viele große „firsts“ gibt es damit in Spitzbergen nicht mehr. Glückwunsch!
Nachdem sich in Longyearbyen endlich mit Minusgraden und Windstille die Wetterlage beruhigt hat, konnten die Behörden nun auch die Gefahr weiterer Lawinen zunächst ausschließen. Die Evakuierungen und das Verbot, bestimmte Gebiete am östlichen Ortsrand überhaupt zu betreten, sind seit Dienstag Abend 20 Uhr aufgehoben.
Infolge der katastrophalen Lawine vor Weihnachten, die elf Häuser zerstörte und zwei Menschenleben kostete, waren am 19. Dezember Wohngebiete mit insgesamt 114 Wohnungen evakuiert worden. Schätzungsweise 200 Menschen mussten ihre Wohnungen verlassen. Die genaue Zahl ist nicht bekannt, da sich nicht alle gemeldet haben. Einige Einwohner Longyearbyens tanken derzeit auch Sonne und Wärme an einem Strand im Süden und haben das gesamte Geschehen aus der Ferne verfolgt.
Gleichzeitig wird auf die lawinenexponierte Lage mancher Ortsteile hingewiesen, die auch vor der aktuellen Lawine eigentlich schon bekannt war, aber spätestens jetzt im öffentlichen Bewusstsein angekommen ist. Vorläufig gibt es regelmäßig aktuelle Einschätzungen der Lawinengefahr auf varsom.no, wie es für betroffene Festlandsgebiete längst etabliert ist. Eine dauerhafte Lösung soll folgen. Auch der Umgang mit der Gefahr vor Ort soll nun diskutiert werden. Die gefährdeten Gebiete sollen erfasst und bewertet werden, und dann wird über Sicherungsmaßnahmen entschieden. Das können technische Sicherungen oder auch dauerhafte Räumung sein. Die Zuständigkeit liegt bei der Stadtverwaltung (Lokalstyre) vor Ort, in Zusammenarbeit mit Fachbehörden.
Es wird kritisiert, dass derartige Maßnahmen nicht schon längst ergriffen worden sind, da die Lawinengefährdung schon lange bekannt war. Longyearbyen wird sich wohl auch auf eine Debatte über Verantwortung einstellen müssen.
Die lange Spitzbergen-Umrundung mit der Antigua ist immer ein wichtiger Kernpunkt der Saison. Das ist auch dann so, wenn die Umrundung gar keine Umrundung wird, sondern von einem bestimmten Punkt an eine Weiterreise in Gegenrichtung, nämlich dann, wenn das Schiff in der südlichen Hinlopen so viel Eis vor dem Bug hat, dass wirklich jedem klar wird, dass die weitere Fahrt nicht in diese Richtung führen kann. Das war nicht nur für ein relativ kleines Segelschiff so. Aber was wäre uns alles entgangen, wenn wir weiter nach Süden gefahren wären! Die Wale auf offenem Meer weit vor der Westküste, die Krabbentaucher in Hyttevika … um nur zwei Erlebnisse zu nennen, die mir spontan in den Kopf kommen.
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Der Eisbär, der im Raudfjord plötzlich genau dort auftauchte, wo wir kurz zuvor noch an Land unterwegs gewesen waren. Die Farben der Tundra, voll mit vielen kleinen Blüten, Vogelfelsen, Füchse, Begegnung mit Forschern … ganz abgesehen von den drei Eisbären, die sich auf dem Eis in der Lagune von Mushamna begegneten, dort stundenlang ihre Kreise zogen und sich misstrauisch beäugten. Kein Mensch weiß, wie ein Eisbär den anderen sieht. Sie begegnen sich meistens mit Respekt, gehen sich aus dem Weg. Das durften wir ausgiebig beobachten.
Pünktlich mit Beginn des Monats Juni kamen wir mit der Antigua, aus Norwegen über die Bäreninsel kommend, im Südwesten Spitzbergens an. Und im Jahresrückblick darf definitiv die Begegnung mit der Eisbärenfamilie im Van Keulenfjord nicht fehlen. Die werden wir nie vergessen! Die Antigua lag an der Festeiskante hinten im Fjord festgemacht, still und ruhig, bis zu früher Morgenstunde die Wache von der Brücke alle weckte. Die Eisbärenfamilie, die schon am Tag zuvor mehrere Kilometer entfernt über das Eis spaziert war, war neugierig zum Schiff gekommen. Die Mutter hielt sich etwas zurück, hatte aber nichts dagegen, dass ihr Nachwuchs den ungewohnten Anblick eines Dreimasters von allen Seiten begutachtete. So könnten die Tage gerne öfters anfangen!
Für Betroffene ein Ärgernis, im Nachhinein ein Ereignis mit Unterhaltungs- und Erkenntniswert: Der Flughafen saß auf dem Trockenen. Sprit alle! Da merkt man doch mal, dass die Arktis auch im durchglobalisierten Jahr 2015 noch ein abgelegener Winkel fern am Rande des Planeten ist, da klappt es schon mal nicht mit dem Nachschub. So mussten auch Direktflieger nach Oslo mitunter in Tromsø herunter, um nachzutanken.
Unterdessen wunderten viele sich, ob Eisbären nun auf einmal Delfine fressen. So geschehen und fotografiert im Jahr zuvor, aber nun machten die Bilder in den Medien die Runde. Etwas schräge Sache. Wie sollte denn bitte ein Eisbär einen Delfin fressen? Wenn man ihm einen vor die Pfoten legt, so wie die Natur es ausnahmsweise tat, wird er ihn nicht verschmähen. Aber das ist nun wirklich nichts Neues.
In der zweiten Monatshälfte kam ein weiteres Erlebnis zur bereits jetzt langen Liste herausragender Ereignisse hinzu, das Teil meiner lieben und teuren Erinnerungen bleiben wird, solange mein Kopf sie festzuhalten vermag: Der Blick auf Jan Mayen vom Gipfel des Beerenberg. Ein über Jahre gehegter und vorbereiteter Traum, nun ermöglicht von einem freundlichen Wettergott und mit einiger Anstrengung erkauft, jeden Atemzug wert (und es waren viele!).
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Unterdessen kam vom Spitzbergen-Reiseführer die fünfte Auflage heraus. Dieses Mal waren die Veränderungen umfangreicher gewesen: Der arktische Winter nimmt nun deutlich größeren Raum ein, wie auch Wander- und Trekkingtouren sowie die beliebten Schiffsausflüge. So wie es sich für einen Reiseführer gehört, orientiert sich das Buch nun deutlich mehr als früher an der heutigen touristischen Realität auf Spitzbergen. Definitiv ein Meilenstein im Spitzbergen.de-Jahr.
Im Mai geht die Schneeschmelze los. Zeit, Ski und Motorschlitten einzumotten und Segel zu setzen! Traditionell ging es mit der Antigua zur Arktis-Sommersaison-Eröffnungstour Ende Mai in Bodø los. Die Lofoten sind ein schöner Einstieg in die sommerliche (Sub)Arktis. Keine Eisbären, keine Zodiacs, sozusagen eine entspannte Aufwärmübung, ohne dass es an landschaftlicher Schönheit mangeln würde. Und dann die Bäreninsel. Immer etwas Besonderes!
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Gemangelt hat es ganz woanders. Store Norske kriegt keine Kohle für die Kohle. Das schwarze Gold, das auch in Longyearbyen und Sveagruva gefördert wird, ist auf dem Weltmarkt viel zu wenig wert, um den teuren Abbau in der Arktis wirtschaftlich zu tragen. Bergmann ist in Spitzbergen derzeit kein guter Job und derzeit verbunden mit einem hohen Risiko, die Kündigung in den Briefkasten zu bekommen, wie eine große Zahl von Angestellten schmerzhaft feststellen musste.
Diese Zeit gehört zu den schönsten in Spitzbergen. Das Wetter stabilisiert sich, das im Sommer ziemlich unwegsame Inland lädt zu langen Touren ein. Wir haben uns nicht lange bitten lassen und waren viel unterwegs, nicht zuletzt an unserer geliebten Ostküste. Man muss sich gar nicht an einem spektakulären Einzelerlebnis festhalten, es ist die Summe der vielen kleinen Erlebnisse, die vielen Stunden und Tage unter freiem Polarhimmel, das täglich wechselnde Licht, die Begegnungen mit Eisfüchsen und Rentieren in der weißen Wildnis und natürlich die Treffen mit lieben Freunden, mit anderen netten und interessanten Menschen in Longyearbyen. All das lässt die Zeit viel zu schnell vergehen. Bald frisst die Mitternachtssonne die kurzen Nächte.
Und wenn es doch ein unvergessliches, einzelnes Erlebnis sein soll, dann ist es wohl die Beobachtung einer Eisbärenfamilie im Billefjord, die mit Sicherheit unvergessen bleiben wird. Damit war auch das Problem mit dem Titelbild für unseren Spitzbergen-Kalender 2016 schlagartig gelöst.
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In die Schlagzeilen kam Spitzbergen durch den unangekündigten Besuch des russischen Vizepremiers Rogosin. Dieser ist in Norwegen und EU wegen des Konflikts in der Ukraine persona non grata. Und so kam die Frage auf, wie Norwegen die Grenzen Spitzbergens besser schützen kann (die Diskussion kommt uns bekannt vor, nicht?). Ob Norwegen einem Bürger eines Spitzbergenvertrag-Unterzeichnerlandes die Einreise überhaupt verweigern darf, darüber mögen sich die Juristen streiten.
Im März kam Spitzbergen erneut in die Schlagzeilen. Ein Eisbär war erschossen worden, nachdem er ein Zeltlager von tschechischen Skitouristen besucht und dabei eine Person leicht verletzt hatte. Das Ganze hätte wohl vermieden werden können, was traurig ist. Und noch trauriger ist es für uns, weil wir recht sicher sind, dass es sich um eines der beiden kleinen, süßen Eisbärchen handelte, die wir Anfang Mai 2013 so wunderbar im Tempelfjord mit ihrer Mutter hatten spielen sehen. Ein wunderschönes Erlebnis, das uns für immer in Erinnerung bleiben wird – ich weiche ab, das war ja 2013. Aber nun sind sie tot … der erste kam wohl schon im April 2014 im Billefjord ums Leben, kurz nach einer Betäubung zu wissenschaftlichen Zwecken. Ein Zusammenhang? Den gibt es offiziell natürlich nicht.
Nun aber fort von den Katastrophen. Am 20. März, kurz nach 11 Uhr vormittags, durfte man auf Spitzbergen eine totale Sonnenfinsternis erleben, kurz „SoFi“ (oder besser „toSoFi“?). Immerhin hatte ich mal eine partielle SoFi (paSofi?) erlebt, das war schon beeindruckend. Nun hatten viele Leute gesagt, eine toSofi sei noch mal was ganz anderes als eine paSoFi. Jaja, natürlich. Es ist immer toll, jemandem zu sagen, du weißt ja gar nicht, wo der Hammer hängt. Der wahre Jacob, den hast du noch gar nicht gesehen. Pure Angeberei, oder?
Nein, es stimmte. Eine toSoFi ist ein unwirkliches, außerirdisches (stimmt sogar), fast beängstigend schönes Erlebnis. Und das über den schneebedeckten Bergen im winterlichen Spitzbergen! Von den diversen Lichterscheinungen über die Stimmung, die sich über Täler und Berge legte, bis hin zu den augenblicklich kräftig fallenden Temperaturen: äußerst eindrücklich. Unvergesslich.
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Und die vielen SoFi-Touristen, die extra von weither angereist kamen, hatten mehr Schwein mit dem Wetter, als den meisten klar gewesen sein dürfte. Bis dahin hatte es wenige wolkenlose Tage in Spitzbergen gegeben. Aber dieser Freitag war makellos schön gewesen.