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pfeil DER Spitzbergen-Reiseführer pfeil

Barentsburg: eine russische Kohlebergbausiedlung in Spitzbergen

Barents­burg ist eine rus­si­sche Berg­bau­sied­lung im Grønfjord, Luft­li­nie 37 Kilo­me­ter west­süd­west­lich von Lon­gye­ar­by­en. 1912 plan­te eine nor­we­gi­sche Fir­ma, dort Koh­le­berg­bau zu betrei­ben, und nahm das damals her­ren­lo­se Gelän­de zu die­sem Zweck in Besitz. Der von die­ser Gesell­schaft ange­heu­er­te fin­ni­sche Wach­mann Knut Emil Glad brach­te sei­ne Frau Anna Jose­fi­ne mit auf die Über­win­te­rung in einer Hüt­te im Glad­da­len ober­halb des heu­ti­gen Orts­kerns, und dort brach­te sie am 09. Mai 1913 einen gesun­den Jun­gen zur Welt. Sie nann­ten ihn Charles Emil Polar Glad. Der Jun­ge ist soweit bekannt das ers­te Kind über­haupt, das in Spitz­ber­gen gebo­ren wur­de!

Kar­te Barents­burg

Pan­ora­ma-Unter­sei­ten zu Barents­burg

Viel mehr pas­sier­te damals aber nicht. 1916 kam es im Glad­da­len zu ers­ten Abbau­ver­su­chen, aber die Fir­ma hat­te kein Kapi­tal, um den Berg­bau wirk­lich in Gang zu brin­gen, und ver­kauf­te ihren Besitz 1920 an die nie­der­län­di­sche Neder­land­sa­che Spits­ber­gen Com­pa­gnie, kurz NeSpi­Co. Die­se grün­de­te Barents­burg und benann­te die Sied­lung nach einem ihrer pola­ren See­hel­den, Wil­lem Barent­sz. Die Nie­der­län­der bau­ten in indus­tri­el­lem Umfang Koh­le ab, kamen wirt­schaft­lich aber eben­falls nicht wirk­lich auf einen grü­nen Zweig und ver­kauf­ten daher ihren Besitz 1932 an eine rus­si­sche Gesell­schaft. Die­se ging bald in den Besitz der Trust Ark­ti­ku­gol („Trust ark­ti­sche Koh­le“) über, der sich bis heu­te in rus­si­schem Staats­be­sitz befin­det.

Schon vor dem Zwei­ten Welt­krieg bau­ten die Rus­sen in Barents­burg Koh­le ab, aber wäh­rend des Krie­ges wur­de der Ort wie auch die ande­ren Sied­lun­gen Spitz­ber­gens eva­ku­iert. Beim deut­schen Angriff mit den gro­ßen Schlacht­schif­fen Scharn­horst und Tirpitz mit Begleit­schif­fen wur­de Barents­burg prak­tisch voll­stän­dig zerstört.Bald nach die­sem Angriff eta­blier­ten die Nor­we­ger mit bri­ti­scher Hil­fe in Barents­burg mit­tels der Ope­ra­ti­on Frit­ham eine klei­ne Gar­ni­son. Auch dabei kam es unter deut­schen Angrif­fen zu Ver­lus­ten.

Nur das alte Kan­ti­nen­ge­bäu­de (das ers­te gro­ße Gebäu­de, nach­dem man die Trep­pe vom Hafen hoch­ge­kom­men ist) stammt im Kern noch aus der Vor­kriegs­zeit.

Nach dem Krieg wur­de schnell wie­der auf­ge­baut, um die Indus­trie auf der Kola­halb­in­sel mit Koh­le ver­sor­gen zu kön­nen. Von den heu­ti­gen Gebäu­den stammt ein gro­ßer Teil aus den 1970er und 80er Jah­ren. Damals hat­te die Sowjet­uni­on Macht und außen­po­li­ti­sche Ambi­tio­nen, wobei eine soli­de Prä­senz in Spitz­ber­gen ihr gut in den Kram pass­te, so dass die Mit­tel flos­sen.

Lenin Barentsburg

Lenin in Barents­burg.

Als Russ­land in den 1990ern sei­ne Peri­phe­rie ver­gaß, litt auch Barents­burg. Das Flug­zeug­un­glück von 1996 am Ope­raf­jel­let ver­setz­te den rus­si­schen Sied­lun­gen auf Spitz­ber­gen einen hef­ti­gen Schlag. Pyra­mi­den wur­de 1998 geschlos­sen, Barents­burg exis­tier­te wei­ter, zeit­wei­se aller­dings mehr schlecht als recht. Die Bau­mas­se litt, und die Ein­woh­ner­zahl fiel von einst über 1000 auf weni­ge hun­dert. Der Berg­bau muss­te auf­grund von Gru­ben­un­glü­cken zwi­schen 2008 und 2010 ein­ge­stellt wer­den. Dann begann der Trust Ark­ti­ku­gol, sicher mit poli­ti­scher und finan­zi­el­ler Unter­stüt­zung aus Mos­kau, wie­der zu inves­tie­ren. Eini­ge alte Gebäu­de wur­den abge­ris­sen und ande­re reno­viert. Dabei ver­schwand die alte Sowjet-Arbei­ter­pro­pa­gan­da über­wie­gend hin­ter neu­en, knall­bun­ten Fas­sa­den, über die sich geschmack­lich auch sicher strei­ten lässt. Ande­re Bei­spie­le für die alte Pro­pa­gan­da wur­de aber ste­hen gelas­sen, dar­un­ter die Lenin­sta­tue, eines der belieb­tes­ten Foto­mo­ti­ve in Barents­burg.

Bis heu­te wird Koh­le abge­baut, aber im glo­ba­len Ver­gleich in beschei­de­nen Men­gen um 100.000 Ton­nen im Jahr. Um zusätz­li­che Ein­künf­te und Beschäf­ti­gung zu erschlie­ßen, wird nun in den Tou­ris­mus inves­tiert. Das Hotel wur­de moder­ni­siert und man begann, den Tou­ris­ten vor Ort Ange­bo­te zu machen, damit die Leu­te län­ger blei­ben als 2 Stun­den im Rah­men einer Tages­tour von Lon­gye­ar­by­en. Mitt­ler­wei­le kann man die Koh­le­gru­be besu­chen, einen Kurs in rus­si­schem Hand­werk machen oder eine Tour ins Gelän­de. Die rus­si­sche Tou­ris­mus­ge­sell­schaft Gru­mant Arc­tic Tra­vel Com­pa­ny will ihr Ange­bot wei­ter aus­bau­en – man darf gespannt sein.

Ohne Fra­ge ist Barents­burg mit der Kom­bi­na­ti­on einer akti­ven rus­si­schen Berg­bau­sied­lung und der ark­ti­schen Umge­bung ein ein­zig­ar­ti­ger Ort, der weit mehr zu bie­ten hat als das, was sich inner­halb von 2 Stun­den erschließt! Soviel Zeit etwa haben die aller­meis­ten Tou­ris­ten, die dort­hin kom­men. Im Licht­win­ter (Haupt­sai­son Mit­te Febru­ar-Anfang Mai) kom­men die Gäs­te aus Lon­gye­ar­by­en mit dem Motor­schlit­ten, in der schiff­ba­ren Sai­son (etwa April bis Anfang Novem­ber) mit Aus­flugs­schif­fen. Es lohnt sich, län­ger in Barents­burg aus­zu­stei­gen und den Ort zu ent­de­cken und Tou­ren in die Umge­bung zu machen.

Seit Beginn der umfas­sen­den rus­si­schen Inva­si­on in der Ukrai­ne im Febru­ar 2022 hat sich viel geän­dert: Das Ver­hält­nis zwi­schen Nor­we­gern und Rus­sen in Spitz­ber­gen ist deut­lich abge­kühlt, und der Tou­ris­mus ist in den rus­si­schen Sied­lun­gen stark ein­ge­bro­chen.

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Letzte Änderung: 17. November 2023 · Copyright: Rolf Stange
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