Polarwüste, Fossilien und Geomorphologie auf dem Nordaustland
Blick über eine Fluss- und Lagunenlandschaft in der Vibebukta hinweg auf den Bråsvellbreen.
Die Vibebukta liegt auf der Südseite des Nordaustlands. Sie liegt in unmittelbarer Nachbarschaft des großen Gletschers Bråsvellbreen, der zur Eiskappe Ausfonna gehört; in der Vibebukta findet man das letzte eisfreie Land, bevor sich nach Osten hin die weit über 100 Kilometer lange Gletscherfront von Austfonna anschließt. Schon diese eisige Nachbarschaft macht die Vibebukta zu einem spannenden Ort.
Weitläufige Küstenebene in der Vibebukta. In kleinen, ehemaligen Bachläufen von Schmelzwasserflüssen kann sich etwas mehr Vegetation halten, überwiegend in Form von Algen.
Die Südküste des Nordaustlands ist eine sehr karge und weitläufige Landschaft. Auf den ersten Blick aus der Ferne mag sie unspektakulär aussehen: eine sehr weitläufige, langgestreckte, flache Küstenebene, hinter der gelbbraune, flache, völlig unbewachsenene Hügel mit ein paar Schneefeldern ansteigen. Weit in der Ferne blinkt die Eiskappe Austfonna hinter den Hügeln. Nur selten findet sich ein Blümchen – meist ein Steinbrech oder ein Svalbardmohn – in dieser kargen Polarwüste.
Roter Steinbrech in der Vibebukta.
Die Vibebukta: eine unzugängliche Landschaft
Bei einem genaueren Blick aus der Nähe entpuppt sich die Vibebukta jedoch, zumindest meiner bescheidenen Meinung nach, als einer der spannendsten und schönsten Orte der Inselgruppe Svalbard. Zugegeben, es ist nicht einfach, dorthin zu kommen: Man muss erst einmal in die Nähe gelangen, dann muss man in eine operativ brauchbare Entfernung vom Ufer kommen, was wegen der weitläufig flachen und dürftig vermessenen Gewässer kleineren Schiffen mit erfahrenen Kapitänen vorbehalten ist. Und natürlich haben am Ende sowieso immer das Wetter, Eis und eventuell in der Nähe befindliche Eisbären das Sagen.
Blick von einer Felsterrasse oberhalb der Vibebukta.
Es braucht also Glück, um einmal durch die Vibebukta spazieren zu dürfen. Aber wenn es klappt, dann lohnt es sich sicher!
Blick über die Küstenebene in der Vibebukta von den Hügeln im Inland.
Es fängt mit der schieren Weitläufigkeit der Landschaft an, deren Dimensionen den Besucher emotional schon mal ein wenig erschlagen können; vor allem, wenn man sich still und ruhig irgendwo auf einen Stein mit einer guten Aussicht setzt, vielleicht ein Stück den Hügel hoch. Die weite, ufernahe Ebene ist praktisch vollständig von alten Strandwällen bedeckt, was besonders aus der Höhe gut sichtbar ist.
Blick über die Küstenebene in der Vibebukta aus der Vogelperspektive.
Reste eines 300 Millionen Jahre alten tropischen Meeres
Schaut man sich dann in Ruhe die Felsen auf den Hängen abseits vom Ufer an, wird man gedanklich schnell um rund 300 Millionen Jahre in die Vergangenheit versetzt: Die scharfkantigen Kalksteine sind stellenweise voll von Fossilien! An den richtigen Stellen finden sich beeindruckende Mengen von Brachiopoden (Armfüßer, sehen Muscheln sehr ähnlich), Korallen und Schwammtierchen (Bryozoa, mit schwammähnlichen Oberflächen). All diese Tiere bewohnten zu jener Zeit, im oberen Karbon und unteren Perm, ein tropisches Flachmeer. Damals lag Spitzbergen – also, der Erdteil, aus dem sich später Spitzbergen entwickeln sollte; Europa hing da mit dran – in Äquatornähe.
Schmelzwasserfluss in der Nähe des Gletschers.
Hinter dem Fluss erheben sich die Moränenhügel am Rand der Eiskappe Austonna.
Landschaftlich spannend ist die Ecke ganz im Osten der Vibebukta, zum Rand der Eiskappe hin, wo ein Schmelzwasserbach kräftig durch ein kleines Tal strömt. Zum Gletscher hin prägen die merkwürdigen Moränenhügel der Landschaft, und der Fluss selbst hat sich kräftig in den Fels eingeschnitten. Das mag auch zu einer Zeit passiert, als der Gletscher noch auf dieser Landschaft lag: Unter dem Gletscher (=subglazial) abfließende Schmelzwasserflüsse strömen unter Druck besonders kräftig und können daher stark erodieren.
Solche subglazialen Schmelzwassertunnel können sich schließlich wieder mit Sand und Kies verfüllen. Ist der Gletscher später verschwunden, bleibt diese Füllung wie ein langgestreckter Bahndamm in der Gegend stehen. Geomorphologen nennen solche eiszeitlichen Formen, die man sich früher nicht so recht erklären konnte, Esker. In Schweden findet man sie häufig in riesiger Ausdehnung (oft sind sie dort mittlerweile dem Kiesabbau zum Opfer gefallen). Auch hier in der Vibebukta gibt es gerade in dieser Ecke, dem Tal in Gletschernähe, dafür Beispiele.
Aber auch die in die Felsen eingetiefte Flusslandschaft selbst ist spannend.
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