Vor langer, langer Zeit – im Februar oder März – gab es von mir online den Vortrag „Die Russen in Spitzbergen & der Spitzbergenvertrag“. Darin habe ich eine ziemlich unglaubliche Geschichte erzählt, die sich aber tatsächlich zugetragen hat, und zwar die Robinsonade von vier schiffbrüchigen Pomoren 1743-49 im Südosten Spitzbergen. Von den vieren hatten drei sechs lange Jahre überlebt, bis sie zufällig gefunden wurden. Abgespielt hat sich dieses Abenteuer möglicherweise auf der Halvmåneøya (Halbmondinsel) oder auf der Edgeøya. Es ist eine der unglaublichsten und beeindruckendsten Survivalgeschichten nicht nur aus Spitzbergen, sondern überhaupt aus den Polargebieten.
Die Halvmåneøya im Südosten Spitzbergens: hier haben möglicherweise vier Pomoren ab 1743 sechs Jahre lang überlegt.
Winfried hat mich jetzt netterweise auf eine Kinderbuchversion dieser Geschichte von 1802 aufmerksam gemacht! Was es alles gibt … wer Lust hat, sich diese Geschichte aus dem alten Kinderbuch durchzulesen, kann sich die Datei hier herunterladen. Wenn man sich an die etwas altertümliche Schriftart gewöhnt hat, ist es ganz gut lesbar.
Von wegen gut lesbar: Bei den letzten Vorträgen im März und April hatten wir schon von der Idee gesprochen, dass aus den Vortragsthemen Bücher entstehen können. Da ist mittlerweile einiges geschehen und in dem Kontext wird auch die Geschichte der Pomoren und Russen auf Grumant (Spitzbergen), einschließlich des Abenteuers von 1743-49, in meinen Worten nachzulesen sein, und zwar gut lesbar. Aber bevor diese Geschichten kommen: Schon weit fortgeschritten und auf jeden Fall Richtung Herbst fertig wird endlich mein schon lange geplantes Buch „Norwegens arktischer Norden (1): Spitzbergen – vom Polarlicht zur Mitternachtssonne“. Da können wir uns schon drauf freuen 🙂 denn das wird ein ganz, ganz tolles Buch, das verspreche ich! Ich habe in den letzten Monaten und Wochen täglich daran gearbeitet. Ich bin ganz begeistert und ich bin sicher, dass ich damit nicht der einzige bleiben werde, sobald es erhältlich ist.
Wer das und anderes nicht verpassen will, ist mit Bestellung meines Newsletters (z.B. ganz unten auf dieser Seite) in jedem Fall auf der sicheren Seite.
Das ist ein bemerkenswerter Vorstoß in Rahmen einer Politik, die man durchaus mitunter nationalistisch bezeichnen kann: Das für Spitzbergen zuständige norwegische Justizministerium plant laut Svalbardposten, in Longyearbyen ansässigen nicht-Norwegern das Stimmrecht für die Kommunalwahlen in Longyearbyen zu entziehen, wenn sie nicht früher mindestens drei Jahre auf dem norwegischen Festland gewohnt haben. Selbst wählbar wären die davon Betroffenen dann natürlich auch nicht.
Der Hintergrund: Lokaldemokratie in Longyearbyen
Kurz zum Hintergrund: Dem Spitzbergenvertrag entsprechend, ist Spitzbergen, im Gegensatz zu einem norwegischen Fylke (Provinz) auf dem Festland, nicht demokratisch angelegt. Es gibt keine Wahlen, der Sysselmannen wird nicht gewählt, sondern von der Regierung ernannt. Auch auf kommunaler Ebene waren die Siedlungen Spitzbergens nicht nach demokratisch-lokalpolitischen Prinzipien, sondern als „Company Towns“ organisiert, also als Betriebsgelände einer Bergbaugesellschaft, der der Ort gehörte und die dort frei schaltete und waltete, so wie eine Firma das auf ihrem Betriebsgelände eben tut. Mehrfach wurde im 20. Jahrhundert über eine mögliche Einführung demokratischer Elemente in Spitzbergen gesprochen, aber das wurde erst in den 1990er Jahren konkret und seit 2002 gibt es mit Longyearbyen Lokalstyre (LL) in Longyearbyen eine von den Einwohnern Longyearbyens gewählten Gemeinderat mit Bürgermeister (Lokalstyreleder). Die lokaldemokratischen Elemente in Spitzbergens politischer Struktur sind also sehr jung und existieren nur in Longyearbyen.
Bislang haben alle gemeldeten Bewohner Longyearbyens unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit nach einer gewissen Zeit Stimmrecht sowie das Recht, sich selbst zur Wahl zu stellen. Genau das steht der Vorstellung der Osloer Regierung zufolge nun zur Disposition.
Longyearbyen: ein bunt zusammengesetzter Ort,
bald möglicherweise aber deutlich weniger demokratisch.
In Spitzbergen sind rund 3000 Menschen gemeldet, von denen gut 900 eine andere Staatsangehörigkeit haben als die norwegische. Longyearbyen ist mit rund 2500 Einwohnern entsprechend vielfältig zusammengesetzt.
Ausländern sollen Wahlrecht und Wählbarkeit weitgehend entzogen werden
Nun tauchte ein zur öffentlichen Hörung vorgelegter Entwurf des norwegischen Justizministeriums auf, demzufolge Wahlrecht und Wählbarkeit in Longyearbyen voraussetzen würden, dass man zuvor drei Jahre auf dem norwegischen Festland gemeldet war. Diese Bedingung erfüllen die wenigsten „Ausländer“, die in Longyearbyen leben.
Hintergrund ist die norwegische Svalbardpolitik, die Longyearbyen als norwegische Siedlung entwickeln will. Das ist nicht gleichbedeutend mit einer möglichst norwegischen Bevölkerung, wie auch Statssekretär Lars Jacob Hiim vom Justizministerium im aktuellen Zusammenhang sagt. Hiim zufolge zielt der aktuelle Vorschlag nicht auf eine Änderung der Bevölkerungszusammensetzung ab, sondern soll u.a. sicherstellen, dass Wähler und Gewählte in Longyearbyen „Ziele und Rahmenbedingungen der (norwegischen) Svalbardpolitik“ kennen.
Lokale Ablehnung
Bürgermeister Arild Olsen zeigte sich völlig überrascht von diesem Vorstoß, über den er und der Gemeinderat erst mit der Veröffentlichung informiert wurden. Olsen äußerte sich der Svalbardposten gegenüber entschieden ablehnend gegenüber dem Vorschlag.
Kommentar
Der Vorschlag stößt in Longyearbyen auf scharfe Ablehnung und bei Betroffenen teilweise auf Entsetzen: Der Entzug des Wahlrechts und der Wählbarkeit auf kommunaler Ebene für Menschen, die teilweise viele Jahre im betreffenden Ort gelebt haben, wirkt politisch sehr unappetitlich und im Kontext einer westlichen Demokratie des 21. Jahrhundert völlig fehl am Platz, zumal in einem Land wie Norwegen, das gesellschaftlich, demokratisch und politisch generell als fortschrittlich und oft als wegweisend gilt. Einen Vorschlag dieser Art hätte man eher etwa von einem osteuropäischen Land erwartet, das sich auf einer demokratisch abschüssigen Bahn befindet.
Mit Waffen haben die meisten im mitteleuropäischen Alltag wenig bis gar nichts zu tun. Das ist im Eisbärenland anders, die Waffendichte in Longyearbyen übersteigt mit etwa 5000 registrierten Schusswaffen bei rund 2500 Einwohnern mutmaßlich texanische Verhältnisse. Tatsächlich ist es nicht gesetzlich vorgeschrieben, eine Waffe mitzuführen, wenn man eine der Siedlungen verlässt und sich in die arktische Wildnis begibt (mehr zu diesem weitverbreiteten Irrtum hier), aber es wird allgemein dringend davon abgeraten, darauf zu verzichten.
Kommerzielles Mieten in Longyearbyen
Wissenschaftler, Touristen und andere, die Bedarf haben, können in Longyearbyen bei autorisierten Waffenhändlern, wovon es zwei gibt, Waffen kommerziell mieten. Es gab einmal die Zeit, wo hierzu nur die Vorlage eines Ausweises notwendig war; seit einer Weile muss der Ausleihende Papiere präsentieren, die dokumentieren, dass er oder sie zum Besitz einer entsprechenden Waffe berechtigt ist, also in der Regel Waffenbesitzkarte der entsprechenden Klasse, Europäischer Feuerwaffenpass oder Jagdschein. War ein entsprechendes Dokument nicht vorhanden, kann man beim Sysselmannen eine Genehmigung beantragen.
Verleihen durch Einzelpersonen oder Betriebe
Was bislang eher hemdsärmelig lief, war der Verleih von Waffen unter Privatpersonen oder innerhalb von Betrieben. Der Besitzer der Waffe musste sich davon überzeugenden, dass der Ausleihende über die entsprechenden Fähigkeiten verfügte und nicht charakterlich oder wegen Alkoholeinfluss o.ä. nicht in der Lage war, eine Waffe zu führen, und konnte dann eine bis zu vier Wochen lang geltende, einfache Ausleiherklärung ausstellen.
Neues norwegisches Waffengesetz seit 1. Juni
Das geht nun nicht mehr, seit in Norwegen – das betrifft nicht nur Spitzbergen – am 1. Juni sein von 1961 stammendes Waffengesetz novelliert hat. Nun liegt die Verantwortung, sich von der Eignung des Ausleihenden zu überzeugen, nicht mehr wie bislang beim Verleihenden, sondern beim Staat, also auf dem Festland bei der Polizei und in Spitzbergen beim Sysselmannen (ab dem 1. Juli gilt die neue Bezeichnung Sysselmester), bei dem Details nachzulesen sind. Diese Bedingung ist erfüllt, wenn man der Ausleihende etwa eine norwegische Waffenkarte oder einen Europäischen Feuerwaffenpass hat. Der Verleiher ist verpflichtet, das vor dem Verleih zun prüfen. Das gilt sowohl für den Verleih zwischen Privatpersonen, auch – wie in Longyearbyen oft üblich – innerhalb der Familie, als auch innerhalb von Betrieben, etwa beim weit verbreiteten Verleih von Waffen an Guides durch Firmen im Tourismus.
Auf Tour in Spitzbergen: das Gewehr ist meist nicht weit weg. Sollte es auch nicht.
Antrag beim Sysselmann
Hat der Ausleihende kein entsprechendes Dokument, bleibt also nur ein Antrag beim Sysselmannen. Dort wird einmal die charakterliche Eignung geprüft, üblicherweise mittels eines polizeilichen Führungszeugnisses. Zudem wird die ausreichende Fähigkeit („tilstrekkelig våpendugleik“) zum Umgang mit Waffen geprüft, was in Deutschland etwa der Sachkunde entspricht. Hier wird laut Sysselmannen beispielsweise der abgeleistete Grundwehrdienst, die aktive Mitgliedschaft in einem anerkannten Schützenverein, der Eintrag ins Jadgregister oder die Teilnahme an einem entsprechenden Sicherheitskurs (wie ihn in Longyearbyen beispielsweise UNIS für Studierende und Mitarbeitende anbietet) akzeptiert. Der Antrag kostet 248 Kronen (rund 25 Euro). Hier gibt es einen Link zu einem Antragsformular, Anträge etwa per Email werden vom Sysselmannen nicht bearbeitet.
Soweit die Theorie – wie es genau in der Praxis läuft, bleibt abzuwarten: muss ein polizeiliches Führungszeugnis in amtlich anerkannter Übersetzung vorliegen oder werden deutschsprachige Dokumente akzeptiert, wird ein deutscher Sachkundenachweis (im Original oder übersetzt?) anerkannt und so weiter. Eine Anfrage mit diesen und anderen Fragen durch diesen Autor an den Sysselmannen ist heraus; sobald Antwort vorliegt, werden weitere Informationen hier ergänzt.
Verleihen versus Vermieten
Das kommerzielle Verleihen (vermieten, norw.: utleie) von Waffen ist Privatpersonen und normalen Betrieben verboten, das ist nur dafür zugelassenen Waffenhändlern erlaubt.
Abschreckmittel sind und bleiben weiterhin vorgeschrieben
Von all dem unberührt ist die Verpflichtung, ein „geeignetes Abschreckmittel“ mitzuführen, etwa eine Signalpistole mit spezieller, geeigneter Muntion, denn natürlich sind Eisbären in Spitzbergen streng geschützt und dürfen nicht einfach abgeschossen werden. Zunächst muss alles getan, um gefährliche Begegnungen zu vermeiden oder unblutig zu beenden. Pfefferspray allerdings, das zumindest in manchen Situationen hierbei sehr hilfreich sein könnte (nicht auf freiem Feld, wenn ein schlechtgelaunter Eisbär mit Tempo angaloppiert kommt, aber das ist ja auch nicht das, was „normalerweise“ passiert) ist in Norwegen verboten.
Neues aus Norwegen zum internationalen Reiseverkehr
Eine weitere Pressemeldung betrifft den internationalen Reiseverkehr. Zunächst kann man aus außernorwegisch-touristischer Perspektive recht schnell über die bürokratischen Formulierungen hinweglesen: Die Farbgebung der FHI-Karte wird europäisch harmonisiert, so dass es nun auch die Farbe „Grün“ wieder gibt. Das sieht schöner aus, bringt aber keine großen praxisrelevanten Änderungen. Das gilt ab sofort: in der zum heutigen Montag (21.6.) aktualisierten Version der FHI-Karte gibt es nun auch außerhalb von Skandinavien wieder zwei europäische Länder, die sich über den Status „grün“ freuen dürfen, und zwar Polen und Rumänien.
Norwegische Reisewarnungen werden für den Schengenraum, Großbritannien (!) und eine Reihe weiterer Länder am 5. Juli aufgehoben, wobei neue Warnungen im Einzelfall bei Bedarf jederzeit auch kurzfristig wieder ausgesprochen werden können. Das ist allerdings vor allem für Norweger interessant, die ins Ausland reisen wollen, nicht aber für nicht-Norweger, die nach Norwegen wollen. Auch die strengen Regeln für Personen, die Angehörige in Norwegen besuchen wollen, werden nun etwas gelockert, nun dürfen u.a. auch Oma, Opa und die Beziehung mal wieder kommen. Das ist für die Betroffenen sehr erfreulich, für die weitere Norwegen-affine Öffentlichkeit aber nicht weiter von praktischer Bedeutung.
Ab 24. Juni ist Norwegen im europäischen Impfpass mit dabei, was unsere Chancen erheblich erhöhen könnte, diesen Sommer noch „Spitzbergen unter Segeln“ zu erleben.
Recht weit unten in der Pressemeldung wird es dann spannend: die norwegischen einreiserelevanten Inzidenzwerte werden „mit den europäischen Empfehlungen harmonisiert“. Das hört sich erst mal bürokratisch und wenig aufregend an, aber in der Praxis bedeutet das eine Anhebung der Grenze von 25 auf 50 (pro 100.000 Einwohner innerhalb von 14 Tagen). Das bringt eine möglicherweise erhebliche Änderung, denn der alte Grenzwert von 25 ist auch bei guter Lage leicht zu reißen: So ist Deutschland trotz der erfreulichen Entwicklung der letzten Zeit in der heute aktualisierten FHI-Karte immer noch rot. Bei einem Wert von 50 verhagelt ein einzelner, größerer Ausbruch etwa in einer Fleischfabrik aber nicht unbedingt gleich allen anderen ihre geplanten Reisen. Diese Änderung gilt ab dem 5. Juli.
Norwegen schließt sich dem europäischen Impfpasssystem an
Eine weitere, relevante Änderung: ab dem 24. Juni schließt Norwegen sich dem System des europäischen digitalen Impfpasses an, so dass europäische Reisende damit ihre Immunisierung amtlich und mit QR-Code bei Einreise nachweisen können. Damit entfällt die Quarantänepflicht bei der Einreise, und zwar unabhängig vom Status (grün/gelb/rot/…) des Herkunftslandes.
Die Stufe 3 des norwegischen Plans für die Rückkehr zur Normalität tritt am Sonntag in Kraft, wie die norwegische Regierung in einer offiziellen Pressemitteilung mitteilt. Diese erste Pressemitteilung betrifft die allgemein Öffnung des Landes.
Zwei Pressemitteilungen aus Oslo
Es gibt daneben aber noch eine zweite offizielle Pressemitteilung, in der es um Kreuzfahrten in Norwegen und Spitzbergen gilt. Hier galt bislang praktisch ein weitgehendes Verbot mehrtägiger Reisen. Das wird ab Sonntag (20.6.) prinzipiell anders, allerdings gelten natürlich Bedingungen und es gibt allgemeine Rahmenbedingungen. Beides bringt derzeit noch Fragezeichen mit sich, aber immerhin erscheint die Möglichkeit, dass es später in diesem Sommer noch „Küstenkreuzfahrten“ in Spitzbergen geben wird, nicht prinzipiell unrealistisch.
Norwegen lockert, auch für Schiffsreisen. Ob es für „Spitzbergen unter Segeln 2021“ mit der Antigua reichen wird, ist noch nicht gesagt.
Grundsätzlich gelten für internationale Touristen weiterhin zunächst strenge Einreisebeschränkungen. Nicht-norwegischen Touristen ist die Einreise nur aus „gelben“ Ländern auf der FHI-Karte erlaubt. Derzeit ist Europa auf dieser Karte weitgehend rot, aber nach aktueller Lage ist zu vermuten, dass Deutschland demnächst den Status „gelbt“ bekommt. Eine wichtige Frage ist, wie lange das dann so bleibt, mit Blick auf die Delta-Variante des Sars-Cov2-Virus und die nun kommenden Lockerungen. Ob und wann Norwegen die Einreise beispielsweise vollständig geimpften Touristen auch aus „roten“ Ländern wieder erlaubt, ist bislang unsicher.
Grundsätzlich erkennt Norwegen bislang nur Impfungen an, die in Norwegen registriert sind. Das sind zunächst nur Impfungen, die in Norwegen gegeben wurden; Impfungen aus anderen Ländern können aktuell nur von Personen registriert werden, die in Norwegen mit Geburts- oder D-Nummer registriert sind, nicht aber von Touristen. Hier könnte der europäische digitale Impfpass Änderungen bringen.
Klar ist, dass alle Erleichterungen, die für Geimpfte kommen, nur für Impfstoffe gelten werden, die in Europa von der EMA zugelassen sind. Impfungen mit Impfstoffen wie Sputnik-V oder Sinovac fallen bislang nicht darunter.
Testpflicht vor Flug nach Longyearbyen entfällt für Immunisierte
Eine Änderung, die für den Tourismus in Longyearbyen mit norwegischen Touristen bedeutsam sein wird, ist das Wegfallen der Testpflicht für Reisen nach Longyearbyen 24 Stunden vor Abreise für vollständig Immunisierte (vollständig Geimpft / …). Das geschieht auch vor dem Hintergrund, dass in Spitzbergen mittlerweile 83,5 % der Bevölkerung über 18 Jahren geimpft sind. Davon unberührt ist die Testpflicht im Zusammenhang mit der Einreise nach Norwegen.
Neue Regeln für Spitzbergen-Tourismus
Für Tourismus und Schiffsreisen in Spitzbergen gelten ab Sonntag folgende Regeln:
Reiseveranstalter müssen sich infektionsschutzfachlich verantwortlich verhalten, hier gelten von nun an die gleichen Anforderungen wie auf dem Festland.
Hotels dürfen 90 % ihrer Zimmerkapazität nutzen. Die übrigen 10 % müssen für Quarantänefälle vorgehalten werden.
Charterflüge von Norwegen nach Longyearbyen sind wieder erlaubt, nicht jedoch Charterflüge, die außerhalb von Norwegen starten.
Für Schiffe, mit denen in Spitzbergen mehrtägige Reisen gefahren werden sollen, muss ein vom Sysselmann anerkanntes Konzept vorliegen. Auch hier wird es in jedem Fall vorläufig nicht möglich sein, die volle Kapazität zu nutzen; maximal wird man 90 % nutzen können. Die hängt auch davon ab, ob alle Personen an Bord vollständig immunisiert sind. Wenn das nicht der Fall ist, gelten andere Zahlen und die nutzbare Kapazität wird geringer sein. Hierfür gibt es bislang keine Zahl, wahrscheinlich wird im Einzelfall entschieden.
Wenn Personen an Bord sind, die nicht vollständig immunisiert sind, ist die Zahl auf maximal 200 begrenzt und vor Abreise muss getestet werden. Das gilt sowohl für Norwegen als auch für Spitzbergen.
Wenn alle an Bord vollständig immunisiert sind, können bis zu 2000 Menschen an Bord sein (richtig gelesen – in Worten: zweitausend). In jedem Fall dürfen aber nur maximal 90 % der Kapazität genutzt werden und ggf. auch weniger.
Tritt eine Corona-Infektion an Bord auf oder auch ein Verdachtsfall, müssen Schiffe zum Festland oder ggf. zum Heimathafen zurückfahren. Auf Longyearbyen als Anlaufstelle kann man ggf. nicht rechnen, da die Kapazitäten der dortigen Gesundheits- und Bereitschaftsdienste sehr begrenzt sind.
Bei Corona-Verdachtsfällen müssen alle an Bord bleiben, bis die Behörden entsprechend anderslautende Genehmigung geben.
Bei Kreuzfahrten mit internationaler Fahrtroute gilt für den Fall, dass nach FHI-Karte quarantänepflichtige Personen an Bord sind, ein Landgangsverbot für das ganze Schiff.
Kommentar
Damit gibt es nun endlich eine Information, was schiffsbasierte Spitzbergenreisen betrifft. Eine solche Information war zu Jahresbeginn schon für „bis Ende Mai“ angekündigt und ist überfällig. Was das für die diesen Sommer noch im Plan stehenden Spitzbergenreisen bedeutet, muss sich nun erst noch herauskristallisieren. Hierzu werden Reedereien, Veranstalter und Behörden nun in Kontakt treten und sobald Entscheidungen gefallen sind, werden die Betreffenden es zeitnah erfahren.
In jedem Fall wird es vorteilhaft sein, wenn wir bald „gelbe Länder“ sind und möglichst auch bleiben. Wenn die Delta-Variante uns nach Fußball-Europameisterschaft und allgemeinen Öffnungen, verbunden mit weit verbreiteter Feierlaune und Ferienstimmung, während des Sommers überrennt, ist wahrscheinlich sowieso ggf. alles für den Eimer. Wir gönnen allen Fußball und Feiern, würden aber auch gerne mal wieder tun, was wir gerne tun würden und auch dringend tun müssten.
Die meisten Veranstalter haben Spitzbergen für diesen Sommer schon abgeschrieben, aber der eine oder die andere hegt noch Hoffnungen, in den nächsten Monaten auf 78 Grad Nord zu kommen und vielleicht auch noch ein paar Meter darüber hinaus.
Ob das möglich sein wird und wenn ja, was genau gehen wird, das muss sich weiterhin erst noch zeigen. Natürlich ist Corona der alles beherrschende Faktor, die weitere Entwicklung der Infektionszahlen in den involvierten Ländern sowie das Fortschreiten der jeweiligen Impfprogramme und deren Wirksamkeit auch gegen neue Varianten des Virus werden das Reisegeschehen noch eine Weile dominieren.
Die FHI-Karte als wichtige Datenbasis
Immerhin zeichnet sich für den Fall günstiger Entwicklungen nun ab, dass Norwegen Schritte in Richtung Öffnung der Grenzen macht, auch wenn internationale Touristen nach aktuellem Stand der Dinge weiterhin zunächst in den meisten Fällen nicht einreisen dürfen bzw. nur bei Herkunft aus Regionen und Ländern, die auf der Karte des norwegischen Gesundheitsamtes (FHI) „gelb“ eingetragen sind. Das sind in der aktuellen Karte aber nur Teile von Finnland sowie Island und Grönland.
Impfungen erleichtern das Reisen, Spitzbergen wird einbezogen
Dennoch deutet sich eine Entwicklung in Richtung Öffnung an, die auch internationalen Reisenden Hoffnung machen kann:
Laut einer Presseerklärung der Regierung von Mittwoch dürfen ab Freitag (11.6.) vollständig immunisierte Personen ohne Quarantäne nach Norwegen einreisen. Das gilt zwar zunächst nur für Personen, die beide Impfdosen in Norwegen bekommen haben bzw. deren Infektion mit SarsCov-2 innerhalb der letzten 6 Monate in Norwegen registriert ist, aber das ist, wie es scheint, vor allem eine Frage der amtlich anerkannten, nachvollziehbaren und sicheren Dokumentation. Norwegen hat angekündigt, sich dem europäischen digitalen Impfpass anzuschließen, und man darf gespannt sein, was damit dann möglich sein wird. Ein Test bei Einreise ist weiterhin erforderlich.
Nun ist auch Spitzbergen endlich in einen Lockerungsschritt einbezogen: wie die Svalbardposten berichtet, entfällt die oben beschriebene Quarantänepflicht für voll Immunisierte auch für Spitzbergen. Wer nach Norwegen einreisen kann, kann also nun ohne Quarantäne nach Longyearbyen weiterreisen. Die Quarantäne war bislang für internationale Reisende mit Ziel Spitzbergen – Norweger eingeschlossen – besonders problematisch, da diese auf dem Festland „abgesessen“ werden musste. Weiterhin gültig ist die Forderung eines negativen Tests innerhalb von 24 Stunden vor Abflug nach Longyearbyen. Der Test muss in Norwegen gemacht werden. Es kann auch ein Schnelltest sein.
Für uns weiterhin spannend bleibt die Frage, ob diesen Sommer noch Schiffsreisen möglich sein werden. Es scheint immerhin vorstellbar, dass das z.B. für Immunisierte noch möglich sein wird. Wir bleiben dran.
Kommentar
Abschließend ein kleiner Kommentar, um Missverständnissen vorzubeugen: Forderungen nach überstürzten Öffnungsschritten im Sinne einer Freiheit ohne Rücksicht auf Verluste liegen mir wahrlich fern. Ein dogmatisch anmutendes Festhalten an einer völligen Abschottung erscheint andererseits aber unnötig rigide, und darauf hatte zwischenzeitlich sogar die EFTA-Überwachungsbehörde, die den Europäischen Wirtschaftsraum überwacht, mit einem Verfahren reagiert. Ich finde es sinnvoll und freue mich darüber, wenn durch eine Kombination von Immunisierung und Tests Reisen nun langsam wieder möglich werden. Das wird, wie gesagt, ohnehin von der weiteren Entwicklung der Coronalage und weiteren politischen Entscheidungen abhängen. Aber wir sehen nun immerhin den Beginn einer Entwicklung in eine erfreuliche Richtung.
Corona, Impfungen, Norwegen und die Einreise
Man kann etwas genervt die norwegischen Nachrichten und Regierungsmitteilungen verfolgen und sich über die derzeit nahezu täglichen Anpassungen der Regeln bezüglich Einreise und Quarantäne wundern, die derzeit in die Richtung gehen, mehr und mehr Personen nach Einreise das Quarantänehotel zu ersparen und die Quarantäne zu Hause zumindest teilweise zu ermöglichen – weiterhin aber zunächst nur für Norweger. Corona-Impfungen werden zunächst nur anerkannt, wenn diese in Norwegen verabreicht wurden; Änderungen könnten nach Einführung des digitalen europäischen Impfpasses kommen.
Spitzbergen hat übrigens mittlerweile eine rekordverdächtige Impfquote von über 80 % bei der erwachsenen Bevölkerung. Dennoch hat man in Longyearbyen nicht zu Unrecht den Eindruck, bei den Erleichterungen, die für das norwegische Festland derzeit realisiert werden, vergessen zu werden. So gilt bei der Anreise nach Longyearbyen als einzigem Ort Norwegens weiterhin eine Testpflicht, auch für durch Impfung oder Erkrankung Immunisierte. Ein Schnelltest ist am Flughafen für „schmale“ 1195 Kronen (rund 120 Euro) zu haben, während ein PCR-Test mit Ergebnis in 1-5 Stunden mit z.B. 2500 Kronen (rund 250 Euro) noch heftiger in der Buchhaltung einschlägt (Preise von Dr. Dropin, einem Testanbieter am Flughafen Oslo Gardermoen). Dazu kommen die logistischen Herausforderungen einer Testung während der Anreise, die durchaus zu einer zusätzlichen Nacht im Hotel führen können.
Was viel besser ist
Barentsburg mit Blick über den Grønfjord.
Zeichnung von Edda Maaß, einem Geburtstagskind, oder zutreffender, seit letzter Woche: einer jungen Geburtstagserwachsenen, mit freundlicher Genehmigung.
Herzlichen Glückwunsch!
Man kann dieses Jammertal aber auch einfach mal hinter sich lassen und sich über etwas Schönes freuen. Beispielsweise über dieses meiner Meinung nach wirklich gelungene Bild, das Edda Maaß, die kürzlich ihren 18. Geburtstag feiern konnte, gezeichnet hat. Der Ort wird vielen bekannt sein 🙂
Eigentlich verdient das Bild einen passenden Treibholz-Bilderrahmen aus Longyearbyen. Mal schauen, ob die Gelegenheit sich dieses Jahr ergibt … das ist aus mehreren Gründen leider noch offen.
P.S. Den Namen der Künstlerin habe ich nach entsprechender Absprache nachträglich ergänzt. Mit dem ungefragten Veröffentlichen von Namen oder Fotos nichtöffentlicher Personen bin ich allgemein lieber zunächst zurückhaltend. Das habe ich jetzt aber sehr gerne nachgeholt!
Nach wie vor ist offen, wann Norwegen und der arktische Norden des Landes Normalsterblichen wieder offen stehen; bislang verfolgt das Land ja eher eine Politik der Abschottung, wobei wir gespannt auf Nachrichten aus Oslo warten, in der Annahme, dass die dauerhafte Nordkoreanisierung des Landes nicht angestrebt wird. Zwischenzeitlich kann man sich für den gedanklichen Ausflug in den hohen Norden weiterhin sehr gerne mal hinter ein gutes Arktis-Buch klemmen oder alternativ auch mal vor die Glotze setzen.
Arktis Fernsehtipps: Der Fernseher in der Ritterhütte auf Gråhuken.
Der Empfang ist dort mitunter allerdings eher schlecht.
Margas Arktis-Fernsehtips auf Arte im Juni
Die Liste wird bei Bedarf aktualisiert.
EA = Erstausstrahlung
Mittwoch, 02.06., 17.50 Uhr: „Unterwegs am Polarkreius: Auf dem Kystriksveien in Norwegen“ (D/B 2021, EA)