360°-Panorama und Info über eine Grubensiedlung im Adventfjord
Hiorthhamn liegt auf der Nordseite des Adventfjord, gegenüber von Longyearbyen.
Auf der Nordseite des Adventfjord, gegenüber von Longyearbyen, liegen die Reste der alten Grubensiedlung Hiorthamn aus dem frühen 20. Jahrhundert und bieten heute Raum zum Stöbern und schöne Fotomotive. Hiorthhamn ist eines von Spitzbergens größten und umfassendsten Industriedenkmälern aus der frühen Bergbauzeit.
1917-18 waren über 60 Arbeiter in Hiorthhamn, um den Betrieb zum Laufen zu bekommen. Im Jahr darauf sollte die Produktion beginnen, aber Rückstände beim Ausbau der Anlagen und die spanische Grippe trugen dazu bei, dass in Sneheim oben am Hiorthfjellet nur dürftige 838 Tonnen Kohle aus dem Berg geholt wurden. Die Grube am Hiorthfjellet, wo Hiorthhamns Kohle herkam, lag in 582 Metern Höhe! Sie hieß damals offiziell Hiorthfjellgruve, wurde inoffiziell aber meist Sneheim („Schnee-Heim“) genannt. Zu Sneheim gibt es eine eigene Seite (hier klicken).
Der Bergbau in Sneheim/Hiorthfjellgruve/Hiorthhamn ab 1917 geschah unter Regie der De Norske Kulfelter, die das dortige Kohlevorkommen nach mehreren Eignerwechseln übernommen hatte; die Besitzverhältnisse in den frühen Jahren des Bergbaus in Spitzbergen waren oft unübersichtlich und wechselhaft. In De Norske Kulfelter war der Ingenieur Fredrik Hiorth die führende Figur, womit auch geklärt ist, woher die Namen Hiorthhamn und Hiorthfjellet kommen. In früherer Schreibweise hieß der Ort übrigens Hiorthhavn, ab 1938 für eine Weile auch Moskushamn, da man dort 1929 Moschusochsen aus Grönland ausgesetzt hatte, die aber später wieder ausstarben. Heute heißt der alte Ort wieder Hiorthhamn.
Eindrücke aus der Polarnacht (Anfang Januar). Am Himmel steht der Mond. Longyearbyen liegt hell erleuchtet auf der anderen Seite vom Fjord.
1917 begann De Norske Kulfelter, den Bergbau in Hiorthhamn vorzubereiten. Zunächst wurden einige Gebäude aus Advent City hergebracht, ein paar Kilometer weiter nordwestlich im Adventfjord, wo eine englische Gesellschaft, die Spitsbergen Coal and Trading Company, von 1904 bis 1908 einen letztlich gescheiterten Versuch gemacht hatte, Kohle abzubauen.
Die schwierigen Verhältnisse, nicht zuletzt aufgrund der Lage der Grube Sneheim an einem steilen Hang in 582 Metern Höhe, sowie die spanische Grippe trugen dazu bei, dass der Bergbau in Sneheim/Hiorthhamn bereits 1921 weitgehend wieder eingestellt wurde. Danach wurden nur noch sporadisch Versuche unternommen, den kleinen Grubenort wiederzubeleben, aber 1940 fiel endgültig der Hammer. Bis dahin waren in der Hiorthfjellgrube kaum mehr als 10.000 Tonnen Kohle produziert worden, die Belegschaft hatte wohl nie etwa 80 überschritten.
Von den vielen Gebäuden, darunter Wohngebäude und Lager, Schmiede und Werkstatt etc., stehen noch ein paar. Mehrere der zugehörigen Hütten in der Umgebung werden heute noch privat genutzt, was dem Fotografieren natürlich Grenzen setzt. Auch daher konzentriere ich mich hier auf die ufernahen Anlagen, die nicht der Unterbringung o.ä., sondern industriellen Zwecken dienten und heute noch besichtigt werden können, was sich wirklich lohnt.
Hiorthhamn: die Talstation der Kohleseilbahn („Erdgeschoss“)
Die Talstation der Kohleseilbahn ist das auffälligste Gebäude in Hiorthhamn und in ihrer Art in Spitzbergen einzigartig. Sie wurde in der letzten Betriebsphase von Hiorthhamn gebaut, 1938-40.
Das erste Panorama wurde auf der Westseite der Talstation der Kohleseilbahn aufgenommen. Das Gebäude in der Nähe, Richtung Ufer, ist die alte Schmiede (siehe unten). Alle Panoramen stammen von 2013.
Das letzte Panorama auf Meereshöhe zeigt die Südseite der Verladeanlage. In den Jahren nach der Aufnahme (2013) ist das Ufer durch Küstenerosion zunehmend landeinwärts gewandert und bedroht die Anlage dadurch. Durch Sandsäcke hat man versucht, sie zu sichern. Wie lange das noch funktionieren wird, wird sich zeigen.
Hierhin kommt man über eine schmale Freitreppe, mehr eine Hühnerleiter als alles andere. Niemand übernimmt für die technischen Zustand der alten Anlage die Verantwortung, gepflegt wird hier nichts. Ob man sich der Leiter und dem hölzernen Boden im oberen Teil anvertrauen will, muss man selbst einschätzen.
Direkt neben der alten Kohleverladungsanlage befand sich die Schmiede. Die Panorama-Aufnahmen stammen von 2013. Anfang März 2021 wurde die Schmiede 12 Meter vom Ufer weg zu einem neuen Standort gezogen, da sie an ihrem ursprünglichen Platz von Küstenerosion bedroht war.
Klicken Sie auf die Bilder, um eine vergrößerte Darstellung des Bildes zu erhalten.
Hiorthhamn im Krieg
Im zweiten Weltkrieg wurde mit britischer Hilfe eine norwegische Garnison in Hiorthhamn stationiert, die am 23. Juli 1942 ein deutsches Beobachtungsflugzeug beschoss und auch traf. Dass das Flugzeug abstürzte, lag aber wohl daran, dass es bei einer Kurve am Hiorthfjellet eine Leitung berührte, die wahrscheinlich zur Kohleseilbahn zwischen der Grube Sneheim oben am Berg und der Verladeanlage am Ufer gehört. Die vier Besatzungsmitglieder des Flugzeugs kamen ums Leben und wurden vor Ort beigesetzt (ein paar Knochen, die später noch gefunden wurden, sollen auf dem Friedhof in Longyearbyen verbuddelt worden sein). Vom Flugzeugwrack sind heute noch einige Teile zu sehen.
Klicken Sie auf die Bilder, um eine vergrößerte Darstellung des Bildes zu erhalten.
Die norwegische Garnison war bis Herbst 1947 in Hiorthhamn stationiert.
Das Sägewerk von Hiorthhamn
Auf der kleinen Landzunge wenige hundert Meter nordwestlich der auffälligen Kohleseilbahnzentrale/Verladeanlage gab es in den 1970er Jahren einen weiteren Versuch, einen kleinen Industriebetrieb zu betreiben. Dieses Mal ging es um ein Sägewerk! Dahinter stand der Abenteurer Per Johnsson, der vorher als einer der letzten Eisbärenjäger Spitzbergens bekannt geworden war. Johnsson hatte sich überlegt, dass mit der Herstellung von gutem Bauholz aus billig verfügbarem Treibholz möglich sein müsste, gutes Geld zu verdienen. Immerhin war das Sägewerk auch von 1972 bis 1976 in Betrieb, dann wurde aber der Betrieb eingestellt. Wirklich gelohnt hat es sich offenbar nicht. Die Säge wurde in einem Sägewerk in Norwegen noch weiter verwendet, die zugehörige Hütte soll bei einer ausschweifenden Feierlichkeit abgebrannt sein.
Klicken Sie auf die Bilder, um eine vergrößerte Darstellung des Bildes zu erhalten.
Das Sägewerk stand auf einem Fundament, dass kurz vor dem zweiten Weltkrieg von der Bergbaugesellschaft angelegt wurde, um dort eine Verladeanlage für die Kohle zu bauen. Zum Bau der Verladeanlage selbst kam es aber nicht mehr.
Wichtigste Quelle: Leif Johnny Johannessen (2006): Hiorthhamn. Kulldrift under vanskelige forhold. Herausgegeben vom Sysselmannen på Svalbard, Longyearbyen.
Fotogalerie Hiorthhamn
Abschließend noch eine Fotosammlung von Hiorthhamn, mit Fotos von 2009 bis 2022. Der Schwerpunkt ist die große Seilbahnstation/Verladeanlage, die kurz vor dem zweiten Weltkrieg gebaut wurde. Es macht auch wirklich Spaß, das Ding zu fotografieren.
Lofoten, Jan Mayen und Spitzbergen aus der Luft – Dieses Buch ist eine Luftbildreise durch die Landschaften des arktischen Norwegens: die Lofoten, Jan Mayen und Spitzbergen.
Das Buch zum Poster Svalbardhytter. Das Poster visualisiert die Vielfalt der Hütten Spitzbergens in einer Vielfalt arktischer Landschaften. Dieses Buch erzählt die Geschichten der Hütten auf drei Sprachen.
Spitzbergen – Svalbard. Arktische Naturkunde und Geschichte in Wort und Bild. Hintergründe, Routen & Regionen, Praktisches. Umfassender Reiseführer zur arktischen Inselgruppe Spitzbergen mit 592 Seiten.
Scoresbysund Hot Dogs – Mit Hundeschlitten in Grönland
Hundeschlittenfahrten auf der Rückseite von Grönland - Grönland ist nicht gerade der Nabel der Welt. Die meisten Grönländer leben an der Westküste ihrer Insel, so dass die fast unbewohnte Ostküste selbst in Grönland einen Ruf von Abgelegenheit genießt – es ist die »Rückseite« von Grönland.
Nach einer Reihe von Besuchen auf der wilden, faszinierenden Insel Jan Mayen musste ich einfach aufschreiben, was es dazu zu wissen gibt, da gute Literatur, soweit überhaupt vorhanden, bislang nur auf englisch und norwegisch vorhanden ist.
Eine Skiwanderung im Liverpool Land – Im Lichtwinter haben wir – fünf Menschen und ein Hund – eine vierwöchige Skiwanderung im Osten von Grönland gemacht und dabei eine Menge erlebt. Mein ausführliches Tagebuch von dieser Tour habe ich in überarbeiteter Form als Buch herausgebracht.
Die Lebensgeschichte von Cymba, dem Albatros aus Südgeorgien - Die Nebel der Zeit von James McQuilken, übersetzt und herausgegeben von Rolf Stange, Deutsche Erstausgabe im November 2012.