Tokrossøya: Portrait einer Insel an Spitzbergens Südkap
360-Grad Panoramen, Fotos und Information
Die Tokrossøya („Zwei-Kreuz-Insel“) ist eine kleine, fast winzige Insel ganz im Süden von Spitzbergen. Unscheinbar und unbekannt liegt sie zwischen der Hauptinsel Spitzbergen und einer Gruppe kleiner Inselchen, Felsen und Untiefen, von denen die Sørkappøya die größte ist. Die Tokrossøya ist gerade einmal gut einen Kilometer lang und an der breitesten Stelle sind es keine 400 Meter vom einen Ufer zum anderen. Zudem ist die größte Hebung gerade einmal 13 Meter hoch.
Die Tokrossøya aus der Vogelperspektive, Blick von Nord nach Süd.
Rechts hinten erkennt man die Sørkappøya.
Also eine langweilige, unscheinbare Insel?
Die Tokrossøya: Teil eines markanten Landschaftsgürtels
Felshügel am Nordende der Tokrossøya.
Weit gefehlt. Zugegeben, für mich liegt schon ein großer Reiz darin, eine abgelegene Insel zu besuchen, wo kaum ein Mensch je hinkommt. Aber auch davon abgesehen, hat die Tokrossøya landschaftlich ihre Reize, vor allem, wenn man etwas Sinn fürs landschaftlich-strukturelle Detail hat. Wie auch die umgebenden Inselchen, liegt die Tokrossøya am südlichen Ende eines ganz markanten Landschaftsgürtels, der sich entlang großer Teile der Westküste Spitzbergens von Norden nach Süden erstreckt, und zwar von der Nordseite des Isfjord bis zu den Inseln am Südkap an Land durchgehend. Es handelt sich um harte, durch tektonische Bewegungen steilgestellte Gesteinsschichten, die durch die Kombination aus Härte und steiler Lagerung ganz oft auffällige Landschaftsmerkmale bilden wie Bergrücken (z.B. Värmlandryggen zwischen Trygghamna und Ymerbukta im Isfjord), markanten Bergen (z.B. Ingeborgfjellet, Midterhukfjellet, Berzeliustinden), Inseln (Akseløya, Eholmen, Tokrossøya, Sørkappøya) und Landspitzen (Selmaneset und Kapp Starostin im Isfjord, Forsbladodden und Richardodden im Van Keulenfjord, Øyrlandsodden am Südkap). Alles schöne Landschaften, die strukturell ganz deutlich von diesen steil stehenden, harten Schichten geprägt sind.
Panorama 1: schroffe Felshügel auf der Westseite der Tokrossøya
Grüße aus dem Erdaltertum
Bei den fraglichen Gesteinen handelt es sich um Karbonate aus dem oberen Karbon und unteren Perm (also etwa 300 Millionen Jahre alt), in denen man stellenweise viele Fossilien wie Brachiopoden (Armfüßer) oder Korallen findet.
Die Tokrossøya: flache Tundra auf der östlichen Seite.
Wie die Akseløya im Van Mijenfjord, hat auch die deutlich kleinere Tokrossøya einen ganz markanten Aufbau: Am westlichen Ufer findet man Hügel aus den schroff herausragenden, steilen Schichten, während der östliche Teil aus flacher, stärker bewachsener Tundra besteht.
Panorama 2: flache Tundra auf der Ostseite der Tokrossøya
Grüße von den Pomoren
Die Tokrossøya hat ihren Namen übrigens wegen zweier orthodoxer Kreuze der Pomoren, die auf dem Hügel am nördlichen Ende der Insel standen. Das Fundament zumindest eines Kreuzes ist noch erkennbar (in der Galerie unten gibt es ein Foto davon), wie auch ein daneben befindliches Grab. Daneben stehen zwei markante Steinmänner unbekannten Alters auf dem Hügel.
Ein Panorama von diesem nördlichen, markantesten Hügel, wo man von der Hauptinsel nur durch einen 400 Meter breiten, flachen Sund getrennt ist, fehlt leider: Ich hatte das Stativ schon aufgestellt, musste dann aber feststellen, dass in der fraglichen Fototasche noch vom Vortag die falsche Kamera war 🙂 Skipper Heinrich und meine Kollegin Helga von der Arctica II, mit der der Besuch auf der Tokrossøya im August 2021 stattfand, waren aber so nett, die „richtige“ Kamera (entscheidend war vor allem das richtige Objektiv) noch schnell an Land zu bringen, damit ich wenigstens am Südende noch schnell die beiden Panoramen machen konnte, die auf dieser Seite zu sehen sind. Es wäre zu schade gewesen, die Gelegenheit zu verpassen – so oft kommt man hier wirklich nicht vorbei!
Unzugängliche Inseln
Das hat mehrere Gründe: Einmal das Wetter, das in dieser Gegend selten so gut ist wie an diesem Tag, aber man braucht wirklich gutes Wetter, um in diesen ungeschützten, weiträumig flachen Gewässern etwas anderes zu machen, als sie weiträumig zu umfahren. Zudem sind alle Inselchen Vogelreservat, was bedeutet, dass man in der Zeit 15. Mai – 15. August mindestens 300 Meter Abstand halten muss. Das ist auch sinnvoll, denn in dieser Zeit brüten dort sehr viele Vögel, vor allem Eiderenten, Küstenseeschwalben und Meerstrandläufer, aber auch andere, wie verschiedene Gänse, werden dort nach dem Frühjahrszug rasten.
Die felsig-untiefen Ufer der Tokrossøya von oben.
Zudem macht die felsig-flache Küste eine Anlandung auch nicht gerade einfacher. Das Ufer ist überwiegend unzugänglich, nur an ein paar Stellen kommt man mit dem Zodiac gut an den Strand.
Meist werden diese untiefen und strömungsreichen Gewässer also weiträumig umfahren, und das ist auch gut so, wenn man sich seiner Sache nicht sicher ist. Nur wirklich kleinen Schiffen ist bei guten Bedingungen eine abkürzende Passage zwischen Tokrossøya und Stjernøya möglich, aber auch hier muss man wissen, was man tut. Die Seekarte, zumal die recht genau erscheinende digitale Karte, ist stellenweise nämlich nicht ganz korrekt (Stand 2021).
Tokrossøya Fotogalerie
Zuguterletzt noch ein paar Eindrücke von der Tokrossøya.
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Spitzbergen – Svalbard. Arktische Naturkunde und Geschichte in Wort und Bild. Hintergründe, Routen & Regionen, Praktisches. Umfassender Reiseführer zur arktischen Inselgruppe Spitzbergen mit 592 Seiten.
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