Einigen Eisbären (genauer: Eisbärinnen), die jedes Jahr vom norwegischen Polarinstitut mit Sendern ausgestattet werden, kann man schon seit längerem auf einer Internetseite des WWF auf ihren Wanderungen folgen. Oft bleiben die Eisbären über einen Zeitraum in einem mehr oder weniger kleinen Gebiet. Aktuell schlägt aber Eisbärin Kara alle bekannten Rekorde: Sie wurde im Januar 2013 auf einem Gletscher zwischen Hornsund und Hamberbukta (Ostküste) betäubt und mit einem Sender ausgestattet und hat seitdem eine unglaubliche Wanderung von 3703 Kilometern durch die russische Arktis gemacht. Zunächst ging die Reise Richtung Novaya Zemlya und von dort nach Franz Josef Land, ohne aber jeweils Land zu betreten. Das nächste Ziel war die sibirische Inselgruppe Severnaya Zemlja, wo Kara auf Land ging, nachdem sie somit die gesamte Kara-See durchstreift hatte. Anschließend ging es aber wieder weiter, nach Franz Josef Land, wo der Sender aufhörte, Daten zu senden. Möglicherweise ist Kara dort in eine Schneehöhle gegangen und hat Nachwuchs zur Welt gebracht.
Das Weibchen Kara war zur Zeit der Ausstattung mit Sender 13 Jahre alt, 2,2 Meter lang und wiegt 217 kg.
Die Daten von 2014 deuten möglicherweise an, dass die Weibchen aktuell weniger Nachwuchs haben als im langfristigen Mittel: Von 29 Weibchen hatten nur 3 Nachwuchs im zweiten Lebensjahr, normal liegt der Anteil bei gut einem Drittel. Allerdings ist die untersuchte Zahl so niedrig, dass Zufall nicht ausgeschlossen werden kann.
Die Ausstattung mit Sendern ist nicht unumstritten, da durch die Betäubung schon Eisbären zu Tode gekommen sind, nachweislich letztmalig im Herbst 2013 (siehe Spitzbergen.de-Nachrichten Oktober 2013). In einem weiteren Fall vom April 2014 liegt der Verdacht eines Zusammenhangs zwischen dem Tod einer jungen Eisbärin und einer Betäubung zu wissenschaftlichen Zwecken ebenfalls nahe, ein Nachweis steht aber noch aus. In der Frühjahrssaison 2014 wurden in Spitzbergen 73 Eisbären zu wissenschaftlichen Zwecken betäubt und untersucht.
Die Wanderung der Eisbärin Kara: 3703 Kilometer von Spitzbergen durch die russische Arktis. Bildquelle: WWF
Die Arktis-Saison 2014 geht los: Morgen legen wir mit der Antigua in Bodø ab. Es geht zu den Lofoten und dann nach Norden zur Bäreninsel und nach Spitzbergen. Im Juli geht es nach Jan Mayen und bis September folgen mehrere Segelschifftouren in Spitzbergen.
Die Fotogalerien und Reiseberichte werden über die nächsten Monate hinweg also wieder regelmäßig aktualisiert werden, reinschauen wird sich garantiert lohnen!
Am Anfang eines langen Arktis-Sommers 2014 stehen die Lofoten. Die Antigua im Trollfjord, 2013.
Die Evolution der Eisbären ist nach wie vor eine Frage mit vielen Fragezeichen. Viel ist spekuliert worden, von einem sehr jungen Alter von bis zu 100.000 Jahren bis hin zum Vielfachen davon, was die Entstehung der Art tief zurück in frühe Phasen des letzten Eiszeitalters stellen würde (siehe auch „Eisbär als Art älter als bislang gedacht“ Spitzbergen.de-Nachrichten April 2012).
Eine neue Studie basiert auf genetischen Untersuchungen heutiger Eisbären und kommt zu dem Schluss, dass Eisbären sich vor 479.000–343.000 Jahren von den Braunbären getrennt haben, was im Rahmen der Unsicherheit etwa mit den Ergebnissen von 2012 (link oben) übereinstimmt. Somit sammeln sich Hinweise darauf, dass der Eisbär im mittleren Pleistozän (2,6 Millionen-10.000 Jahre vor heute) entstanden ist.
Die Frage ist nicht nur akademisch, sondern auch aktuell von Bedeutung: wäre der Eisbär als Art jünger als 100.000 Jahre, dann wäre die derzeitige Warmzeit die erste, mit der die Art konfrontiert wird, so dass jede weitere Erwärmung Eisbären als Art tatsächlich vor neue Herausforderungen stellen würde. Geht das Alter der Art aber deutlich darüber hinaus, lässt sich schlussfolgern, dass Eisbären als Art schon eine oder mehrere frühere Warmzeiten überlebt haben, was eine entsprechende Anpassungsfähigkeit der Art nahelegt, zumindest im Rahmen der bisherigen Entwicklung. Die jüngeren Ergebnisse bestätigen letztere Sichtweise. Eine Garantie für ein Überleben der Art bei noch stärkeren oder noch schnelleren Erwärmungen ist dies natürlich nicht.
Die Rekonstruktion der Evolution der Eisbären ist auch daher so schwierig, da Fossilien der in jedem Fall geologisch jungen Art meistens unauffindbar im Meer verloren gehen, da Eisbären dort einen großen Teil ihres Lebens verbringen und somit dort auch häufig sterben.
Eisbären: ihre Evolution reicht vermutlich mehrere Jahrhunderttausende zurück. Und das Bild ist aus Spitzbergen, nicht aus dem Zoo.
Im April sind vom Sysselmannen aktuelle Zahlen für den Kreuzfahrttourismus auf Spitzbergen veröffentlicht worden. Sie geben differenzierte Informationen über die Entwicklung bis 2013. Ein starkes Wachstum ist entgegen weitverbreiteter Ansicht nicht zu beobachten.
Die Anzahl großer Kreuzfahrtschiffe, die auf ihrer Route Spitzbergen anfahren, ist 2013 fast konstant geblieben (27, im Vorjahr: 28). Da einige Schiffe mehrmals pro Saison fahren, liegt die Anzahl der Fahrten darüber (2012 waren es 36 Fahrten, 2013 waren es 33). Deutlicher ist die Zahl der Passagiere von 42 363 auf 36 257 gesunken. Hier hatte das Jahr 2012, in dem gegen den Trend der Vorjahre ein ungewöhnlich hoher Anstieg verzeichnet wurde, einen Rekord markiert. In den Jahren davor hatte sowohl die Anzahl der Fahrten von 50 (2005) auf 28 (2011) als auch die Anzahl der Passagiere von 32 781 (2007) auf 24 187 (2011) tendenziell abgenommen.
Diese Zahlen gehen aus dem jährlich erscheinenden Fremdenverkehrsbericht des Sysselmannen hervor. In der Statistik wird zwischen den großen Kreuzfahrtschiffen, die Spitzbergen als eines von mehreren Zielen auf einer größeren Rundfahrt anlaufen, und den kleineren Expeditionsschiffen unterschieden. Anders als die großen Kreuzfahrtschiffe befahren die Expeditionsschiffe schwerpunktmäßig oder ausschließlich die Gewässer um Spitzbergen. Sie starten und beenden ihre Fahrten üblicherweise in Longyearbyen. Die Größe dieser Schiffe variierte im letzten Jahr zwischen 5 und 300 Passagieren. Zu den Expeditionsschiffen zählen sowohl Segelschiffe wie Noorderlicht oder Antigua als auch größere Schiffe wie Plancius und Ortelius von Oceanwide Expeditions oder Quest und Ocean Nova von PolarQuest/Polarkreuzfahrten. Die Zahl der Expeditionsschiffe war 2013 im Vergleich zum Vorjahr 2012 von 35 deutlich auf 24 gesunken, auch hier markierte das Jahr 2012 einen Hochstand. Dafür war jedoch 2012 die Zahl der Passagiere niedriger, sie bewegte sich mit 9 277 im Trend der voran gegangenen Jahre. 2013 allerdings war die Zahl der Passagiere auf Expeditionsschiffen mit 10 530 erstmals höher als im bisherigen Rekordjahr 2008 mit 10 040 Passagieren.
Es zeichnet sich also ein uneinheitliches Bild. Nimmt man die beiden Kategorien ‚große Kreuzfahrtschiffe‘ und ‚kleinere Expeditionsschiffe‘ zusammen, so ist die Zahl der Passagiere gegenüber dem außergewöhnlichen Rekordjahr 2012 von 51 640 auf 46 787 zurückgegangen. Dem relativ starken Rückgang bei Kreuzfahrtschiffen steht ein moderater Anstieg bei Expeditionsschiffen gegenüber. Ein übergreifender, eindeutiger Trend ist nicht auszumachen. Die oft wiederholte Behauptung, schiffsbasierter Tourismus in Polargebieten würde stark und unkontrolliert wachsen, wird durch diese Zahlen jedoch für Spitzbergen widerlegt (ähnliches gilt für die Antarktis, siehe antarktis.net-Nachrichten Mai 2014). Auch mit Blick auf die seit 2010 abnehmende Zahl der Kreuzfahrttouristen in Grönland erweisen sich solche Darstellungen als Mythos. Sie dienten allerdings in der Vergangenheit als Argument für entsprechend restriktive Änderungen gesetzlicher Regelungen, die den Tourismus betreffen (siehe z.B. Spitzbergen.de-Nachrichten vom April 2014).
Wenn man den landbasierten Tourismus hinzunimmt, hat der Tourismus auf Spitzbergen 2013 insgesamt zugenommen, wie der Bericht des Sysselmannen ebenfalls zeigt. Die Zahl der Übernachtungen in Longyearbyen stieg von 84 643 (2012) deutlich auf 107 086 (2013) und die Anzahl der Fluggäste von 40 153 (2012) auf 47 645 (2013). Der landbasierte Tourismus findet weitgehend in und um Longyearbyen statt mit Schwerpunkt auf Motorschlittentouren, ergänzt von Hundeschlittentouren und anderen Aktivitäten.
Schiffstourismus in Spitzbergen: das Spektrum reicht von Segelbooten bis hin zu Ozeanriesen.
Die Spitzbergen-Panoramaseite ist nicht nur wieder deutlich gewachsen, sondern jetzt auch besser sortiert. Das unerwartet schnelle Wachsen der Seite hat eine bessere Struktur dringend nötig gemacht, um Panoramen von bestimmten Orten schneller finden zu können und um zu wissen, von wo genau ein einzelnes Panorama stammt. Mehr und mehr sind jetzt von den einzelnen Gegenden nun Karten eingebaut, wo die genaue Zuordnung der Panoramen zu einem bestimmten Ort sichtbar ist.
Auch die Anzahl ist in den letzten Wochen wieder deutlich gewachsen, und natürlich werden über die nächsten Wochen und Monate viele weitere folgen!
Eines von vielen Spitzbergen-Panoramen: Im winterlichen Eis der Mohnbukta sind viele Eisberge mit fantastischen Formen eingefroren. Diese Bilder entstanden im Inneren eines kleinen, mit ehemaligen Schmelzwasserhöhlen durchzogenen Eisbergs.
Beim diesjährigen Skimarathon, der heute (3. Mai) stattfand, erreichte die Teilnehmerzahl mit über 800 einen neuen Rekord. Unter den Teilnehmern war auch der frühere norwegische Regierungschef und künftige Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg.
Die Ski-Marathonläufer konnten sich bei blauem Himmel, Sonnenschein, Windstille und leichten Minusgraden über allerbestes Wetter freuen. Erwartungsgemäß strich der Norweger Eldar Rønning wie bereits im Jahr zuvor den ersten Platz ein, bei den Damen gewann Celine Brune-Lie.
Unter Einheimischen findet die große Ausweitung und damit einhergehende Kommerzialisierung des früher eher familiären Ereignisses gemischten Anklang, während der Skimararathon unter Marathonläufern weltweit langsam mehr und mehr Beachtung findet.
Am 07. Juni werden Marathonläufer aus diversen Ländern in Longyearbyen für den nördlichsten regulären Marathon weltweit, der regelmäßig stattfindet, an den Start gehen.
Ziel-Einlauf beim Spitzbergen-Skimarathon (Archivbild 2013).
Die markanten und in der Tierwelt einzigartigen Stoßzähne der Narwale dienen den Tieren als sensibles Sinnesorgan, mit dem sie Veränderungen in ihrer Umgebung wahrnehmen können. Diese These konnten Forscher nun bestätigen.
Narwale bilden zusammen mit den Weißwalen (Belugas) die Familie der Gründelwale. Sie sind im Nordpolarmeer, besonders westlich und östlich von Grönland, um Spitzbergen und nördlich der sibirischen Küste verbreitet.
Das Gebiss ist bei Narwalen zurückgebildet und beschränkt sich auf zwei Eckzähne im Oberkiefer. Bei männlichen Tieren wächst der linke dieser Eckzähne spiralförmig durch die Oberlippe hindurch und entwickelt sich zu einem Stoßzahn, der bis zu ca. 2,6m lang werden kann. In seltenen Fällen kann es vorkommen, dass auch der rechte Eckzahn heraus wächst. Der Wal hat dann zwei Stoßzähne, die allerdings kürzer ausfallen. Auch weiblichen Tieren können Stoßzähne wachsen, dies ist jedoch eher ungewöhnlich.
Welche Funktion die Stoßzähne für die Tiere haben, war lange unklar und wurde kontrovers diskutiert. Anerkannt sind heute zwei Erklärungen: Sie dienen als Dominanzmerkmal der männlichen Tiere, um sich gegen Rivalen durchzusetzen und als Sinnesorgan.
Seit einigen Jahren untersucht Dr. Martin Nweeia von der Harvard School für Zahnmedizin (HSDM) zusammen mit anderen Forschern die Funktion der Narwalzähne. Die These der Forscher, dass die Zähne den Tieren als sensibles Sinnesorgan dienen, konnte nun erhärtet werden. Frühere Untersuchungen hatten bereits ergeben, dass die Stoßzähne, anders als bei Zähnen von Säugetieren üblich, keinen Zahnschmelz haben, der den Zahn nach außen hin schützt. Nun konnte gezeigt werden, dass die äußere Schicht, das Zahnzement, porös ist und dass die inneren Schichten von mikroskopisch kleinen Röhren durchzogen sind, die zum Zentrum des Zahns führen. Das Material des Zahns ist also starr aber durchlässig. Den inneren Kern des Zahns bildet die Pulpa. Dort konnten die Forscher Nervenenden ausmachen, die mit dem Gehirn des Wals verbunden sind. Aufgrund dieser Struktur ist der Zahn sensibel für Veränderungen in seiner Umgebung, wie z.B. Veränderungen der Temperatur, des Salzgehalts im Wasser oder anderer chemischer Parameter. In Versuchen konnte gezeigt werden, dass sich die Herzfrequenz des Wals veränderte, wenn der Stoßzahn unterschiedlichen Salzgehalten im Wasser ausgesetzt war.
Vermutlich dient diese Fähigkeit des Stoßzahns den männlichen Narwalen zum Auffinden und zur Beurteilung der Paarungsbereitschaft von weiblichen Tieren. Außerdem dürfte sie das Auffinden von Beutetieren erleichtern.
Die Forscher um Dr. Nweeia interessiert nun die Frage, ob es sich bei dieser einzigartigen Fähigkeit, den Zahn als sensibles Sinnesorgan zu verwenden, um eine evolutionäre Weiterentwicklung handelt oder um ein Überbleibsel aus einer früheren Entwicklungsstufe.
Stoßzahn und Schädel eines Narwals, gestrandet im Bellsund, Spitzbergen.