Wer seit Ende 2013 nach Longyearbyen gekommen ist, ist kurz nach dem Ortseingang an einem riesigen, roten Briefkasten vorbeigekommen. Hier, am Weihnachtsmannbriefkasten, konnte man Post für den Weihnachtsmann einwerfen.
Der Briefkasten war eine Idee von Po Lin Lee aus Honkong, die sich in der Tat nicht nur aus der Ferne mit Geld, sondern auch vor Ort mit viel persönlichem Einsatz für ihr postalisches Projekt eingebracht hat. Allerdings war die Baugenehmigung auf 2 Jahre beschränkt. Im Dezember 2015 sollte der Briefkasten wieder abgebaut werden. Abriss oder eine neue Genehmigung waren die Optionen.
Was kam, war ein jahrelanger Streit, der nun ein vorläufiges Ende gefunden hat. Der Briefkasten stand weiterhin fast 2 Jahre lang am gleichen Ort. Auf der einen Seite wurden Mahnungen geschrieben, auf der anderen Seite der bürokratische Prozess einer Beantragung einer neuen Genehmigung angeworfen, anscheinend jedoch nicht konsequent. Zu einer Befragung der Nachbarn, notwendig für die Vergabe einer dauerhaften Genehmigung, soll es jedenfalls nicht gekommen sein. Bürokraten und Anwälte taten, was sie eben tun. Sprachbarrieren scheinen eine Rolle gespielt zu haben.
Dann setzte die Gemeindeverwaltung (Longyearbyen Lokalstyre) eine Frist: Am Montag, 20. November 2017, sollte der Briefkasten endgültig verschwinden. Der Auftrag an eine lokale Baufirma zum Abriss war bereits vergeben, die Rechnung über 129000 Kronen (umgerechnet satte 13300 Euro) sollte an die Eignerin gehen.
Die beauftragte ihrerseits eine Firma vom Festland damit, den Briefkasten rechtzeitig vorher möglichst schonend abzubauen, so dass der erneute Aufbau andernorts weiterhin möglich bleiben sollte. Zuvor gab Po Lin Lee Besuchern ein letztes Mal die Gelegenheit, den Briefkasten zu besuchen, wobei sich zeigte, dass die Tür bereits fest zugeschraubt worden war – ohne Wissen der Eignerin. Zudem fanden sich Einbruchspuren an der Tür, möglicherweise von der Baufirma, die im Auftrag der Gemeinde bereits die Stromzufuhr entfernt hatte.
Galerie – Der Briefkasten des Weihnachtsmanns – 20. November 2017
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Unterdessen ging in lokalen Gruppen in sozialen Medien die Diskussion vor sich. Manche äußerten sich zufrieden, dass die Demokratie gesiegt habe und dass der Kasten endlich entfernt werde, andere drückten ihr Bedauern aus. Es gibt verschiedene Auffassungen dazu, ob Longyearbyen sich Touristen gegenüber als Weihnachtsmannstadt (Santa Claus Town) präsentieren sollte oder nicht. Tatsächlich besagt die lokale Legende, dass der Weihnachtsmann in der ehemaligen Grube 2b, genannt Julenissegruve (Weihnachtsmanngrube) oberhalb von Nybyen wohnt. Dort brennt in der Weihnachtszeit Licht, und unterhalb der Grube steht ein (normal dimensionierter) Briefkasten für Post an den Weihnachtsmann an der Straße. Der Einwurf von Briefen durch die Kinder ist Teil des jährlichen Weihnachtsrituals in Longyearbyen.
Nun ist der große Weihnachtsmann-Briefkasten von Po Lin Lee abgebaut. Die Eignerin sagt, dass mehrere auswärtige Interessenten zur Übernahme bereitstünden, um ihn andernorts wieder aufzubauen. Aber den Plan, ihn woanders in Longyearbyen wieder aufzustellen, hat Po Lin Lee auch nicht aufgegeben.
Frohe Adventszeit!
P.S. weitere Weihnachtsgeschichten aus der Arktis? Gibt es hier – Arktische Weihnachten. Das Fest des Lichts im Dunkel der Polarnacht.
Norwegens arktischer Norden (1): Spitzbergen
vom Polarlicht bis zur Mitternachtssonne. Ein erzählend-informativer, üppig illustrierter Bildband, thematisch und geographisch rund um die schönen Inseln im Norden.