Seit Tagen machen ein Foto und ein Bericht in sozialen Medien die Runde: Joshua Holko aus Australien, Eigner von Wild Nature Photo Travel, war mit einer Gruppe Fotografen auf der kleinen (12 Passagiere) MS Freya im Van Mijenfjord unterwegs, als sie in einer Entfernung von etwa drei Kilometern beobachteten, wie ein Hubschrauber des Forschungsschiffes Kronprins Haakon einen Eisbären verfolgte. Grundsätzlich ist das ein häufig praktiziertes Verfahren, mit dem Wissenschaftler auf Schussweite gelangen, um Eisbären zu betäuben, zu untersuchen und mit Sendern oder Markern versehen.
Holko beschreibt den Vorgang folgendermaßen (den englischen Originaltext vom 20. April findet man in Holkos Facebook-Profil): „Ich dokumentierte diese widerliche Szene, in der sogenannte „Forscher“ einen Eisbären belästigten und mit ihrem Hubschrauber verfolgten. Diesen Bären hatten wir aus mehr als 3 km Entfernung beobachtet, wie er friedlich auf dem Eis lief. Als der Hubschrauber kam, versetzten sie den Bären in Panik. Dann jagten sie ihn mehr als dreißig Minuten lang unaufhörlich in niedriger Höhe, bevor sie den nun völlig erschöpften Bären erfolgreich abschießen konnten. Der Bär hatte große Angst und rannte um sein Leben.“
Eisbär und Hubschrauber, während des beschriebenen Vorfalls im Van Mijenfjord
von Joshua Holko aus etwa drei Kilometern Entfernung fotografiert.
Weitere Kommentare folgen im Originalbeitrag.
Die Praxis, Eisbären zu wissenschaftlichen Zwecken mit Hubschraubern zu verfolgen und zu betäuben, ist über die Jahre schon vielfach kritisiert worden, was bislang aber folgenlos blieb. Der aktuelle Fall zieht nun schon recht weite Kreise medialer Aufmerksamkeit auch in redaktionelle Medien hinein, etwa bei NRK und natürlich auch in der Svalbardposten.
Vorfälle dieser Art werden selten öffentlich, da sie in sehr abgelegenen Regionen stattfinden und somit selten von Unbeteiligten beobachtet werden. Holkos Beschreibung mit Bild hätte auch vor Jahren schon viel Aufmerksamkeit bekommen. Der Vorfall wirkt nun aber umso befremdlicher, da dieses Jahr in Spitzbergen die sehr strengen Abstandsregeln eingeführt wurden, die sonst für alle gelten (500 Meter von Februar bis Juni, ansonsten 300 Meter). Holko erläuterte selbst in einem späteren Beitrag, dass es ihm nicht darum geht, mit dem einen Missstand das Recht auf einen anderen Missstand einzufordern, sondern dass es immer darum gehen muss, den Schutz des Eisbären und den Respekt vor diesem zu gewährleisten, wozu es im Fall touristischer Beobachtung die neuen Regeln nicht gebraucht hätte. In Bezug auf die wissenschaftliche Praxis darf man aber sicher kritische Fragen stellen. Das sieht auch der Autor dieses Beitrags so.
Holko formulierte das in einem weiteren Beitrag vom 24. April folgendermaßen: „Eisbärenfotografie braucht kein Weitwinkelobjektiv, um kraftvoll, gefühlvoll und dramatisch zu sein. Was man braucht, ist Verständnis und Respekt für die Tierwelt. Wildtiere ZUERST. Fotografie an zweiter Stelle. Hier geht es nicht um einen Vergleich zwischen Wissenschaft und Tourismus. Das ist nicht die Absicht. Dies ist ein Vergleich zwischen Methoden. Wie kann man mit Eisbären umgehen, mit Respekt oder, wie im Fall des jüngsten Hubschraubervorfalls, ohne Respekt, der das Tier über Gebühr belastet. Ich bin nicht gegen die Wissenschaft über Eisbären. Ich bin gegen invasive, stressige Methoden wie die Verfolgung von Bären aus Hubschraubern.“
Beide Originalzitate sind hier in eigener Übersetzung wiedergegeben.
Die Regeln für alle (Abstandsgebot) gelten und daran wird sich auch wohl kaum so bald etwas ändern, ein stärker ethisch basiertes Vorgehen der Forschung ist wohl auch nicht in Sicht. Aber die Debatte darum ist mal wieder in der Welt, und wer dazu beitragen will, ihr Wirkung zu verleihen, kann mittlerweile sogar bei Change.org eine nach dem aktuellen Fall gestartete Petition unterzeichnen.
Wer lieber mit Paypal spenden will, kann das auch tun, hier sind Einmal- und Mehrfachzahlungen möglich: