Das norwegische Polarinstitut hat die jährliche Zählung des lokalen Rentierbestandes im Adventdalen abgeschlossen und das Ergebnis ist für die Forscher recht überraschend ausgefallen: Wiederum ist der Bestand auf einen Rekordwert angewachsen.
Im Juni zählen Forscher des Norwegischen Polarinstituts den Rentierbestand im Adventdalen und in den anliegenden Seitentälern. Dort wurden in diesem Jahr knapp 1500 Tiere gezählt, fast 300 mehr als im letzten Jahr, in dem der Bestand bereits auf ein Rekordniveau angewachsen war. Eine zweite, von der Universität in Tromsø durchgeführte Zählung bestätigt das Ergebnis. Aufgrund des relativ hohen Anteils an Alttieren im letzten Jahr, war in diesem Jahr nicht mit einem Anstieg der Population gerechnet worden. Die Forscher zählten jedoch überraschend viele Kälber, über 300, und auf der anderen Seite war die Anzahl der verendeten Tiere sehr gering. Es wurden lediglich 20 Kadaver gefunden, in schlechten Jahren waren es zwischen 100 und 200.
Als Ursache für den erneuten Anstieg der Population werden günstige klimatische Bedingungen vermutet, die den Tieren bessere Weidemöglichkeiten bescherten. Bereits im letzten Sommer hatten hohe Temperaturen für gutes Futterwachstum gesorgt, sodass die Tiere für die kalte Jahreszeit gerüstet waren. Da der vergangene Winter auf Spitzbergen dann relativ mild verlaufen war, dürfte das Futter wiederum leichter zugänglich gewesen sein. Üblicherweise führen mildere Winter mit gelegentlichen Regenperioden zur Vereisung und damit zur Versiegelung der Oberflächen, was die Futteraufnahme für die Tiere erschwert. Im vergangenen Winter hatte es zwar geregnet, doch war dieser negative Effekt offenbar ausgeblieben. Besonders an den steileren Hängen der Täler hatte der Regen die Vegetation wohl eher ganz frei gelegt.
Seit Beginn der Rentierzählungen im Adventdalen im Jahr 1979 wurden immer wieder natürliche Schwankungen im Bestand registriert. Ein Anwachsen der Population kann im folgenden Jahr zu erhöhter Futterkonkurrenz führen, ein Effekt, der durch ungünstige klimatische Bedingungen verstärkt wird. Nach starken Anstiegen der Population in den letzten beiden Jahren rechnen die Forscher daher nun wieder mit einem stärkeren Rückgang im kommenden Winter.