So
29. Jun
2014
Die Spannung steigt und steigt. Eine Mischung aus Vorfreude und Nervosität, wie ich sie sonst vor Arktis-Reisen schon lange nicht mehr habe. Aber auf Jan Mayen habe ich mich schon mehrere Jahre gefreut. Andererseits weiß ich, dass es mit Sicherheit eine sehr anspruchsvolle und anstrengende Reise werden wird, eine Expedition, wenn man so will. Keine gemütlichen Spaziergänge, sondern richtig lange, anstrengende Touren. Die Scheißwetter-Skala ist nach oben offen. Und erst mal 2 Tage Wellenreiten. Aber das gehört dazu. Jan Mayen hat seinen Preis, die Faszination ist nicht für lau zu haben.
Eigentlich sollte es ja schon 2012 hingehen, aber nachdem eines der an der vielleicht zu aufwändig geplanten Logistik beteiligten Schiffe vorher eine Art Reifenpanne gehabt hatte, geht es also jetzt los: 2014. Aber viel passender könnte es auch eigentlich nicht sein, denn vor genau 400 Jahren wurde Jan Mayen entdeckt. Vermutlich. So genau weiß es ja keiner. Aber am 28. Juni 1614 besuchte der englische Walfangkapitän John Clarke die Insel. Er dokumentierte seinen Besuch gut, was vorher keiner getan hat, also kann Käpt’n John gut als Entdecker von Jan Mayen gelten. Auf den Tag genau 400 Jahre vor jenem Samstag, an dem ich mein Gepäck gepackt habe, um Johns Entdeckung auf den Grund zu gehen. Wie passend ist das denn! Zugegeben, es ist Zufall. Ich wäre ja auch 2012 gefahren, hatte ich ja schon vor. Aber die Zufälle wollten es anders. Vielleicht sollte es ja so sein … kann nur ein gutes Zeichen sein ☺
Natürlich waren die letzten Tage hektisch. Wie könnte es auch anders sein. Viel Zeit damit verbracht, viel Knete auszugeben für Dinge, von denen ich meine, sie bald zu brauchen. Oder für Dinge, die ich eigentlich habe, aber gerade nicht finde …
Während das Wetter auf Jan Mayen schon fast verdächtig gut ist – 11 Grad, fast windstill, teilweise sogar sonnig – geht es hier schon fast verdächtig gut los. Weder verzögert ein Stau die Fahrt zum Flughafen um katastrophale Stunden, noch bricht die Karre zusammen. Man wundert sich fast.
Noch mehr wundere ich mich, dass Wuff Luft (so etwa übersetzt sich doch Wow Air, oder?) sich überhaupt nicht an meinem Übergewicht, genauer gesagt am Übergewicht meines Gepäcks. Dass mein eigenes Übergewicht sich in hoffentlich beerenberg-tauglichen Grenzen hält, dafür habe ich in den letzten Wochen gesorgt. Laufen, Gepäckmärsche, Fahrradfahren, Krafttraining. Letztlich ist es mir nicht wichtig, ob wir den Beerenberg-Gipfel erreichen, aber aus Mangel an Fitnes ein paar hundert Meter unter dem Gipfel schlapp zu machen, wenn die Chance sich bietet, das wäre ja nun auch nicht schön.
Und während ich auf dem Inlandsflughafen noch knapp 2 Stündchen gemütlich rumhänge, habe ich völlig unerwartet die Möglichkeit, noch das Spiel Niederlande-Mexiko zu schauen. Gudo, ein niederländischer Jan-Mayen-Fahrer, den ich vorhin schon im Bus getroffen habe, hängt ganz gespannt am Bildschirm … auf weia, da hat Holland gerade ein Tor kassiert, nicht dass das auf die Laune schlägt … aber wer sich wirklich für Fußball interessiert,verbringt die nächsten Wochen ohnehin nicht auf Jan Mayen.
Übrigens, um bösen Gerüchten vorzubeugen: dass unsere Rückkehr in die Zivilisation einen Tag vor dem WM-Endspiel stattfindet, ist Zufall. Wirklich. Ich habe es erst vor ein paar Tagen überhaupt realisiert, dass es so ist.
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Hat eigentlich jemand bis hierher gelesen, oder war das schon zuviel? Bis auf ein paar Stunden im Flugzeug sitzen ist ja noch gar nichts passiert, und trotzdem schon fast eine Seite geschrieben … ich mach dann auch mal Schluss. Und lese noch etwa im Jan Mayen Buch. Ja, ich fange an, meine eigenen Bücher zu lesen. Ist aber gar nicht so schlecht ☺ aber ich muss mein Geschichtswissen noch etwas aufpolieren, und der letzte Besuch auf Jan Mayen liegt ja auch schon ein paar Jahre zurück, zugegeben.