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Tages-Archiv: 30. Mai 2015 − News & Stories


Wal­fang

Je wei­ter wir nach Nor­den kamen, des­to schö­ner wur­de das Wet­ter, der schar­fe Nord­ost­wind wur­de zur Bri­se und flau­te ganz ab, bis die Ober­flä­che des Was­sers rich­tig ölig wur­de, nur noch von der sanf­ten Dünung bewegt, in der Abend­son­ne glän­zend. Bes­te Bedin­gun­gen, um nun mal ein paar Wale zu sich­ten!

Aller­dings waren wir nicht die ein­zi­gen, die hier unter­wegs waren in der Hoff­nung, Wale zu sehen, nur waren die Absich­ten des Schif­fes, das bald in Sicht kam, deut­lich weni­ger fried­lich. Ein zunächst schein­bar unschul­dig am Hori­zont fah­ren­des Schiff zeig­te bald einen Aus­guck am Mast und eine Har­pu­ne auf dem Bug und erwies sich somit als Wal­fän­ger, wäh­rend wir einen jun­gen Buckel­wal beob­ach­te­ten. Bald dar­auf war der ers­te Knall übers Was­ser hin­weg zu hören, was sich inner­halb der fol­gen­den Minu­ten mehr­fach wie­der­hol­te. Vor dem Bug des Wal­fän­gers – wie bald am Heck zu lesen war, heißt das Schiff Rei­ne­buen und kommt aus Svol­vær – spritz­te es im Was­ser, dort war nun ein Zwerg­wal dabei, einen qual­vol­len Todes­kampf zu kämp­fen, der 5-6 Minu­ten dau­ern soll­te.

Es ist ja kein Geheim­nis, dass Nor­we­gen sei­ner Wal­fang­flot­te jedes Jahr weit über 1000 Abschuss­li­zen­zen erteilt, und man sieht gele­gent­lich Wal­fangschif­fe in nor­we­gi­schen Häfen ein­schließ­lich Lon­gye­ar­by­en. Aber ein Wal­fangschiff in töd­li­cher Akti­on, das hat­te ich noch nie gese­hen, und ich hat­te nicht damit gerech­net, was für einen Ein­druck es machen wür­de, zuzu­se­hen, wie ein Wal har­pu­niert, stirbt und an Deck gezo­gen wird. Wobei die Mann­schaft der Rei­ne­buen das Schiff mehr­fach schnell dreh­te, um zu ver­hin­dern, dass wir all­zu viel sehen konn­ten. Die wis­sen schon, was die Welt davon hält.

Schließ­lich zogen sie ihrer Wege und wir unse­rer. Flau im Magen war mir, als wäre ich Zeu­ge eines Gewalt­ver­bre­chens gewor­den. War ich ja auch, im wei­te­ren Sin­ne.

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Bald tauch­ten im Mit­ter­nachts­son­nen­licht zwei wei­te­re Buckel­wa­le auf, quick­le­ben­dig und ihres Lebens froh, nicht ahnend, dass ein etwas ent­fern­ter Ver­wand­ter kurz zuvor sein Leben blu­tig und schmerz­haft hat­te las­sen müs­sen. Auch hier an Bord stieg Lau­ne merk­lich. Zuge­ge­ben, ich war inner­lich nicht ganz so schnell. Das emo­tio­na­le Umschal­ten von Schlacht­fest auf Natur­ge­nuss anhand des glei­chen wun­der­ba­ren Tie­res woll­te nicht so schlag­ar­tig gelin­gen, und so habe ich etwas mecha­nisch hin­ge­schaut und Fotos gemacht und war letzt­lich froh, als der Tag vor­bei war.

Bären­in­sel

29./30. Mai 2015 – Von der Über­fahrt gibt es nun nicht all­zu viel zu berich­ten. Der See­gang mach­te sie eher mit­tel­mä­ßig ange­nehm, mit deut­lich ver­rin­ger­ter all­ge­mei­ner Prä­senz beim Essen. Mit Walen und Del­fi­nen war auch nicht so viel los – hier und da klei­ne­re Grup­pen von Del­fi­nen. Umso bes­ser, dass wir trotz­dem recht schnell vor­wärts kamen und schon am 29. mit­tags die Bären­in­sel erreich­ten. Bei Wind und Wel­len aus Nord­os­ten hiel­ten wir uns auf der West­sei­te, und bald war in einer klei­nen Bucht auch eine pas­sen­de Lan­de­stel­le gefun­den.

Aus der Ent­fer­nung mag die Bären­in­sel ja leer und öde erschei­nen, aber bei nähe­rem Blick ent­deckt man so vie­les. Die beein­dru­ckend schrof­fe Küs­ten­land­schaft und Vogel­ko­lo­nien, die­se und jene land­schaft­li­chen Phä­no­me­ne wie Frost­mus­ter­bö­den und Karst­quel­len und dies und das. Am schöns­ten ist das Gefühl der Abge­le­gen­heit auf die­ser aus­ge­setz­ten Insel in ruhi­gen Momen­ten, in denen man nur den Wind hört. Einen schö­nen lan­gen Nach­mit­tag sind wir umher­ge­streift, von der Fluss­mün­dung in Ærfu­gl­vi­ka zu den Lum­men­ko­lo­nien am Kapp Ruth, an ein paar klei­nen, noch über­wie­gend gefro­re­nen Seen in der fla­chen, kar­gen Tun­dra zum Fluss Jor­d­bruel­va, in des­sen von Schnee­wän­den ein­ge­fass­tem Lauf wir ein wenig Can­yo­ning light betrie­ben haben, bis zum Kapp Maria mit dem Fel­sen­tor Kvalk­jef­ten (Wal­kie­fer) und einem gewal­ti­gen Loch im Boden, durch das die Bran­dung 15 m tie­fer sicht­bar ist.

Eine ruhi­ge Nacht vor Anker im Wel­len­schat­ten der Bären­in­sel war für vie­le sicher­lich ein wei­te­rer Höhe­punkt.

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Am nächs­ten Vor­mit­tag haben wir eine klei­ne Kreuz­fahrt um das Süd­ende der Bären­in­sel gemacht, wo die Natur einen der beein­dru­ckends­ten Küs­ten­strei­fen im Nord­at­lan­tik geschaf­fen hat. Für Zodiac-Aktio­nen war es defi­ni­tiv zu win­dig und wel­lig, aber der Anblick ist auch vom Schiff aus noch mehr als gran­di­os. Zudem hat­ten wir Besuch von einer Viel­zahl von Eis­sturm­vö­geln.

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