Die Hauptinsel Spitzbergen ist bereits 1990 von Kajakfahrern umfahren wurden, aber die zweitgrößte Insel der Inselgruppe, das Nordaustland, hat alle Umrundungsversuche mit Seekajaks bislang erfolgreich abgewehrt. Nicht, dass es so viele Versuche gegeben hätte, aber es gab welche, die allerdings am Eis scheiterten, bevor der Versuch tatsächlich vor Ort ins Werk gesetzt werden konnte.
Neben den schweren Eis- und Wetterbedingungen ist es vor allem die sehr lange Gletscherkante an der Ost- und Südküste des Nordaustland, die einen Umrundungsversuch im Kajak zu einer sehr anspruchsvollen Expedition macht. Die Eiskappe Austfonna schiebt sich dort auf über 160 Kilometern Länge ins Meer; Gelegenheiten zum Ausruhen oder Abwettern auf festem Grund gibt es auf dieser Strecke nicht.
Nun ist die Umrundung des Nordaustland gleich zwei Gruppen praktisch gleichzeitig gelungen. Die norwegische Gruppe „Nordaustland 2015“ erreichte am 14. August Kinnvika, wo ihre Umrundung begonnen hatte. An- und Abreise nach und von Kinnvika erfolgen mit Schiffen. Diese Gruppe hatte „nur“ die Umrundung des Nordaustland geplant und diese erfolgreich absolviert. Glückwunsch!
Allerdings waren „Nordaustland 2015“ nicht die ersten. Etwa einen Tag zuvor hatte eine Gruppe aus zwei Neuseeländern und einem Norweger ihre Nordaustland-Umrundung ebenfalls erfolgreich abgeschlossen. Auch hier: herzlichen Glückwunsch! Allerdings hat diese Gruppe ihr Ziel noch nicht erreicht: ihr ambitionierter Plan ist die Umpaddlung der gesamten Inselgruppe, von Longyearbyen bis Longyearbyen. Aber die größte Hürde auf diesem langen Weg, das Nordaustland, ist nun genommen.
Beide Gruppen haben sich unterwegs getroffen, guten Kontakt gepflegt und sich gegenseitig mit Informationen unterstützt. „Nordaustland 2015“ schrieb in ihrem Blog, bei einer 800 Millionen Jahre alten Insel sei ein Zeitunterschied von 24 Stunden für den ersten Platz kaum von Bedeutung. Wer würde da widersprechen?
Beide Gruppen haben eine äußerst beeindruckende Expedition hinter sich, jahrelange Vorbereitung und sehr viel Training. Die neuseeländisch-norwegische Gruppe hat die 160-km-Strecke entlang der Gletscherfront innerhalb von 40 Stunden ohne größere Pausen absolviert. Auf den Isisøyane (früher: Isispynten) war es wegen Eisbären nicht möglich, ein Lager aufzuschlagen. Das war erst wieder in der Vibebukta möglich. Unterwegs verzögerten dichtes Treibeis und Nebel die Fahrt. Fridtjof Nansen, der während seiner Fram-Expedition 1895 und 1896 zusammen mit Hjalmar Johansen längere Strecken im Eis mit dem Kajak zurücklegte, wäre sicherlich beeindruckt.
Gletscherfront an der Südküste des Nordaustland im Treibeis, Juli 2015.