Mo
13. Jun
2016
Über den gestrigen Tag hüllen wir den Mantel des Schweigens. Ein etwas hastiger Abschied von der Antigua und ihren Menschen, nächtliches Aus-, Um- und Einpacken gefolgt von einem Tag des übernächtigten Abhängens in Flughäfen und Flugzeugen. So etwas will doch niemand! Nur ist es leider manchmal notwendig.
24 Stunden, nachdem ich die Antigua hinter mir gelassen habe, sitze ich bereits in einer schlichten Unterkunft in Reykjavik und komme langsam wieder zu mir.
Schon früh geht es am nächsten Morgen weiter. Mit einer kräftigen Propellermaschine geht es nach Ísafjörður, der Metropole der abgelegenen Nordwestfjorde.
Unter Metropole darf man sich nicht zu viel vorstellen. In einer Stunde ist man durch das gesamte, kleine Örtchen spaziert. Aber Ísafjörður, unser Tor nach Jan Mayen, ist heute sehr freundlich, die Sonne strahlt vom makellos blauen Himmel. Es bleibt Zeit für eine kleine Tour auf den Berg Kubbi südlich der Stadt. Fortbewegungsmittel: Fahrrad und Wanderschuhe. Nichts, was Sprit verbrennt oder fliegt. Wunderbar! So macht es Spaß. An der frischen Luft etwas aus der Puste kommen, in ein paar hundert Metern Höhe barfuß in der isländischen Bergheide sitzen, frische, ungefilterte Luft in den Lungen, einen herrlichen Blick vor Augen – da steckt schon eine ganze Menge gutes, echtes Leben drin. Ich will mehr davon! Nun, in ein paar Tagen, auf Jan Mayen, gibt es hoffentlich ein Konzentrat aus einigen Zutaten ähnlicher Art.
Ein paar Besorgungen und einen gebratenen Dorsch später versammeln sich alle im Hafen von Ísafjörður auf Sigurdurs Aurora. Elf Abenteurer sitzen hier um den Tisch: neben Skipper Siggi, Steuermann Vidar und Bergführer Magnus, alle aus Island, und mir ist Anneli aus Estland dabei, die von abgelegenen Plätzen angezogen wird, wo man schwer hinkommt („man kommt da nicht in? Super, nichts wie los!“), Dominique aus England, Freund abgelegener Inseln, Erling aus Norwegen, der schon als Kind nach Jan Mayen wollte und als einziger hier dabei quasi Heimspiel hat, Fred aus Amerika, der kürzlich erst eine lange, abenteuerliche Reise nach Heard Island gemacht hat, Karl, der schon mal mit Siggi in Grönland war, Marcus, den die Polargeschichte fasziniert, und Martin, der sich für die Vulkane dieser Welt begeistert.
Nebenan liegt Sigurdurs neues Schiff, die alte Bør, die nun Arktika heißt. Ein schönes Schiff! Damit könnte man mal nach Grönland fahren … nun, jetzt sind wir erst mal auf der Aurora und fahren nach Jan Mayen. Das Abenteuer geht los.
Galerie Island – 13. Juni 2016
Klicken Sie auf die Bilder, um eine vergrößerte Darstellung des Bildes zu erhalten.
Losgehen tut es bei schönstem Abendlicht, manchmal liegt der Fjord still und klar um uns, manchmal pfeift eine Brise über die Tafelberge im Norden. Als wir um Mitternacht die letzten Vorgebirge passieren und Kurs auf Jan Mayen setzen, stampfen wir in einen kräftigen Wind hinein. Der sollte aber nicht lange auf dem Niveau anhalten, die Vorhersage ist gut und verspricht eine einigermaßen ruhige Überfahrt.