Mo
19. Jun
2017
Jan Mayen – Eldste Metten – Schmelckdalen │ Zunächst vergeht für mich ein Tag damit, dass ich im Lager darauf aufpasse, dass kein Zelt wegfliegt; eine nicht ganz überflüssige Maßnahme, wie sich zeigt. In einer Wind- und Regenpause ergibt sich die Gelegenheit für einen kleinen, stillen Gang entlang der Kvalrossbukta. Unterdessen machen die anderen einen Besuch bei der norwegischen Station, wo sie freundlichst empfangen werden.
Am nächsten Tag machen die Beerenberg-Besteiger sich auf den langen Weg. In etwa 18 Stunden schaffen Matthias, Wolfgang und Magnus den Auf- und Abstieg. Herzlichen Glückwunsch! Nun hat die Aurora also insgesamt gut 60 Menschen nach Jan Mayen gebracht, die hier den Beerenberg bestiegen haben. Seit 2010 (Verschärfung der Gesetze mit Verbot, beim Beerenberg an Land zu gehen oder zu zelten) sind unsere diesjährigen Besteiger die dritte Gruppe, die es auf den Gipfel geschafft hat, neben den etwa jährlichen Besteigungen durch Angehörige der norwegischen Station.
Unterdessen können auch Vidar, der während des Schlechtwettertages als Skipper das Boot gehütet hat, und ich einen kleinen Stationsbesuch nachholen und die eine oder andere kleine Wanderung machen, bevor ich zu meiner zweiten, längeren Tour aufbreche. Dieses Mal zieht es mich in das Gebiet um die Eldste Metten, am Fuß des Beerenberg, auf der Südseite von Jan Mayen.
Während auf der Nordseite ein moosgrünes Hügelland aus Vulkankratern liegt, erstreckt sich hier, nur wenige Kilometer von der Nordlagune entfernt, eine felsig-sandige Lavawüste, äußerst karg, wie das Hochland von Island. Kaum etwas wächst und gedeiht hier. Dafür stürzt der faszinierend strukturierte Boden immer wieder in etwas unheimliche Sinklöcher ein, unter denen sich Lavahöhlen verbergen mögen.
Mich interessiert zunächst die schöne, schroffe Küstenlinie, in der dieser recht junge Lavastrom am Meer endet. Hier hat die immer heftige Brandung eine tolle Landschaft mit vielen kleinen Buchten und Vorsprüngen, Höhlen und Kaps geschaffen. Überall sitzen Lummen und Papageitaucher auf den Klippen, ein paar Eismöwen brüten auf Erhebungen.
Von der „Eldste Metten“ sind heute nur noch verstreute Überreste übrig. Für ihre erste Wetterstation hatten die Norweger sich seinerzeit aber auch ein äußerst ungemütliches Plätzchen ausgesucht! Immerhin bekamen sie von dort Funkkontakt nach Norwegen, das wäre damals von der Nordlagune aus nicht gegangen. Natürlich nehme ich mir eine Weile Zeit, um zu schauen, was alles herumliegt. Über bald ein Jahrhundert haben Wind und Sand viele interessante Strukturen und Oberflächen aus Glas und Holz geschaffen.
Zwischen Eldste Metten und der wuchtigen Halbinsel Eggøya liegt die Jamesonbukta, ein weiter, schwarzer Sandstrand, wo die Brandung wohl immer hoch geht. Auf dem Weg dahin entdecke ich eine kleine Plakette, die man zu Ehren der Walfang-Kapitäne William Scoresby (senior und junior) dort an einem Felsen versteckt hat. Die Scoresbys haben im frühen 19. Jahrhundert nicht nur Walen nachgestellt, sondern auch Forschung und Entdeckung betrieben, etwa in Ostgrönland und Jan Mayen. Als Scoresby Junior hier war, war die Eggøya noch eine Insel, daher ihr Name („Eierinsel“). Heute ist sie eine Halbinsel, mit breiter Anbindung an den Rest von Jan Mayen.
Auf der Eggøya gibt es ein oder zwei ruinöse Aussichtsposten aus dem Krieg und nach kurzer Zeit eine Menge Wind und Staub. Von diesem schlucke ich so einiges und mache mich baldigst aus demselben, bevor es noch ungemütlicher wird.
Mein nächstes Ziel ist das Schmelckdalen am Fuß des Beerenberg. Eigentlich ist es gar kein Tal, sondern ein Lavastrom, der auf den Hängen erstarrt ist. Weiter oben kommt er wohl aus einem Tal, das ist aber in den Wolken nicht mehr so recht zu erkennen.
In diesem Lavastrom soll es ein paar Lavahöhlen geben, und auf die bin ich neugierig. Diese Lavahöhlen entstehen, indem die äußere Haut der glutflüssigen Lava erstarrt, während das flüssige Innere sich weiter bewegt. Es kann passieren, dass der flüssige Inhalt aus der bereits erstarrten Röhre herausfließt, und wenn dann kein Nachschub kommt, bleibt eine Höhle zurück. Diese gibt es in einer großen Vielfalt verschiedener Formen und Größen.
Im Schmelckdalen gibt es gleich mehrere davon. Ein paar sind sehr klein, so dass man nur gebückt ein paar Meter hineingehen kann, wobei man sowohl oben als auch unten auf Felsen aufpassen muss. Andere sind groß genug, um aufrecht zu stehen. Faszinierende Fließstrukturen an Boden, Decken und Wänden! Teilweise erinnern die Oberflächen an scharfkantigere Tropfsteine. Es ist nicht einfach, diese fremdartige Welt ordentlich zu fotografieren, zumal Wind und Nebel die Linsen befeuchten. Und dazu das Gefühl, im Inneren des Beerenberg zu stehen! Allzu viel Zeit muss ich da nicht verbringen. Erdbeben sind hier selten, kommen aber vor. Gerade im Frühjahr haben sie eines gehabt, und dann muss man ja nicht gerade in so einer Höhle stehen. Faszinierend ist dieser Ausflug, aber Höhlenforscher werde ich, glaube ich, eher nicht.
Im mittleren Teil der Insel reicht der Nebel nun bis zum Boden, und so wird der Rückweg entlang der ohnehin nicht gerade spannenden Piste zu einer zähen Angelegenheit. The long and boring road, in leicht angepasster Anlehnung an die Beatles. So 12-13 Kilometer mögen es noch sein, die ich vom Schmelckdalen fast ohne anzuhalten bis in die Kvalrossbukta zurücklege, sehr zur Freude meiner Füße, die noch ein paar Tage mit ein paar kleinen Souvenirs von dieser Latscherei beschäftigt sein werden. Aber die Erinnerungen und Eindrücke, die halten viel, viel länger und sind jeden der vielen Schritte wert!
Galerie – Jan Mayen – Eldste Metten, Schmelckdalen – 19. Juni 2017
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