Fr.
16. Juni
2017
Am nächsten Tag hält es keinen im Camp. Die erste Erkundungstour führt uns nach Norden, entlang der „Straße“ zur Nordlagune, in deren Umgebung sich einige interessante Orte versammeln. Jeder schlägt sein Tempo an und kann seiner eigenen Nase folgen. Es hat seine Vorteile, dass es auf Jan Mayen seit über 25 Jahren keine Eisbären mehr gibt!
Eines meiner ersten Ziele ist die Maria Muschbukta. Dort haben die Österreicher 1882 ihre Station für das Erste Internationale Polarjahr gebaut, diese geniale Idee von Karl Weyprecht, der ihre Umsetzung aber leider nicht mehr erlebte. Sonst wäre er sicher der Leiter dieser Station gewesen. Erfolgreich waren sie trotzdem, die Österreicher, haben fleißig geforscht und insgesamt gut gelebt. Nur ein Matrose ist während des Ausladens an Tuberkulose gestorben, sein Grab liegt hinter der Station auf einem Hügel.
Leider ist von der Station nicht mehr viel übrig, im 20. Jahrhundert hat man sich freigiebig an den Baumaterialien bedient. Aber man sieht noch, wo sie gestanden hat, vor allem natürlich, wenn man die alten Bilder kennt.
Irgendwie war früher nie so richtig Zeit hier, und das Wetter war auch immer schlecht, wenn ich hier war. Schön, dass beides jetzt anders ist!
Von der Maria Muschbukta führt das kurze Wilczekdalen zur Nordlagune. Über das kleine Tälchen gibt es in dem alten österreichischen Bericht auch nette Geschichten (übrigens ist in dem Buch „Arktische Weihnachten“, das zum Herbst hin erscheinen soll, ein Kapitel dieser österreichischen Überwinterung auf Jan Mayen gewidmet).
Die Nordlagune ist durch einen breiten Wall vom Meer getrennt. Ein schönes Stück Landschaft! Auf diesem Strandwall gibt es noch ein paar alte Hütten: Reste von Trapperhütten und von den diversen norwegischen und amerikanischen Stationen, die es im zweiten Weltkrieg hier so gab.
Oberhalb davon steht Gamle Metten malerisch auf einem moosgrünen Plateau. Die „alte Wetterstation“ war nach dem Krieg für eine Weile in Gebrauch. Für Jan Mayen Veteranen steht diese Zeit für die besten Jahre auf Jan Mayen überhaupt; die Station war gut gebaut und schön gelegen, zwischen Meer, Nordlagune und Beerenberg. Dennoch konnten die Stürme sehr heftig sein: Ein schlichtes Denkmal steht nur 35 Meter vom Wohnhaus entfernt. Es zeigt, wohin eine Böe einst den Stationsschef Aksel Liberg gepustet hatte. Gegen den Wind schaffte er es nicht mehr zurück zum Haus. 35 Meter nur! Zwei Tage später wurde er steifgefroren dort gefunden, wo nun das kleine Denkmal steht.
Galerie – Jan Mayen – Nordlagune – 16. Juni 2017
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Gottseidank ist das Wetter heute bei weitem angenehmer, so dass ich mir in Ruhe alles anschauen und die schöne Umgebung genießen kann, bevor ich mich auf den langen Rückweg mache. Dabei stoße ich im Jøssingdalen überraschend auf einen Singschwan. Damit hätte ich hier wirklich nicht gerechnet! Singschwäne sind unter anderem in Island beheimatet, auf Jan Mayen gibt es mehr oder weniger jährliche Sichtungen. Hoffen wir, dass dieser einsame Schwan es wieder zu seinen Artgenossen schafft.
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