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27. Sep
2017
Die folgenden Tage in und um Longyearbyen zeigen zunächst, wie viel Glück wir doch auf der Antigua-Fahrt neulich gehabt haben: Tagelang sehen wir nicht das kleinste Stückchen blauen Himmel und von den schönen Bergen um den Ort herum meistens auch nur die untere Hälfte. Die Sonne steigt nicht mehr hoch an den Himmel, und von ihrem gedämpften Licht schlucken die Wolken eine ganze Menge, so dass es nun schon nahezu düster wirkt, jedenfalls im Vergleich zu den Zeiten der hell leuchtenden Mitternachtssonne, die vor gut 4 Wochen zu Ende gingen. Und in noch einmal 4 Wochen wird die Polarnacht beginnen!
Unterm Strich sind es gute Tage, um alles Mögliche zu machen, was eher drinnen als draußen passiert. Es ist ja nicht so, dass das Leben da nicht auch eine Menge zu bieten hätte 🙂 und trotzdem müssen wir natürlich mal für eine längere Tour raus, die Tundra lockt, die einsamen Täler rufen. Man muss auch gar nicht allzu weit von Longyearbyen weg, um schöne Natur und Stille zu finden, es muss gar nicht immer die Hinlopenstraße sein. Auch das Endalen und das Fardalen haben ihre Reize.
Das es derzeit recht mild ist, einige Grade über dem Gefrierpunkt, führen die Bäche immer noch ziemlich viel Wasser. Mitunter kann man sonst auch größere Flüsse Ende September in Wanderstiefeln trockenden Fußes queren, aber nicht dieses Jahr. So müssen wir unseren Weg finden, den einen oder anderen Bach queren und dem Wasserfall hinten im Endalen ausweichen, indem wir die Bogerbreen-Moräne hinaufkrabbeln. Ein Meer aus Schutt, Schlamm und Eis – eine wirklich eiszeitlich erscheinende Welt. Hier könnte man sich mit Zeit umschauen und sicher viele spannende Dinge entdecken, Strukturen im Eis, Fossilien und so weiter, aber die Tage sind nicht mehr allzu lang, aber die Strecke wird ja nicht kürzer. Über 20 Kilometer wollen heute erwandert werden.
Galerie – Endalen – 27. September 2017
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Die meisten kennen den Longyearpass mit dem steilen Hang, der vom oberen Longyearbreen hinab ins Fardalen führt, aus dem Winter, wenn dort viele Motorschlitten auf- und abfahren, etwa auf dem Weg nach Barentsburg. Bei weichem Schnee und schlechter Sicht hat der Hang schon so manchen verzweifeln lassen, wie auch der eine oder andere zerfetzte Keilriemen und manch anderer Schrott verrät, achtlos liegengelassen. Im Winter mag das wenig auffallen, wenn man mit hoher Geschwindigkeit daran vorbeiknallt, aber im Sommer wirkt jedes Stück Plastik in der arktischen Natur sehr befremdlich und abstoßend. Im Sommer kommen aber auch viel weniger Leute hier entlang, obwohl das Fardalen ja gerade mal 6 km von Nybyen entfernt ist, dem nächsten Teil von Longyearbyen.
Zwischen Fardalen und Longyearbyen liegt noch der Longyearbreen, dessen eisige Oberfläche nach dem Regen der letzten Tage glatt ist wie ein Spiegel. Wehe dem, der sich hier ohne Steigeisen versucht! Mit Steigeisen macht die Tour über den Gletscher aber richtig Spaß. Auf den letzten Metern kommt zur fortschreitenden Dunkelheit noch der Nebel der sich senkenden Wolken dazu, so dass die Moräne mit ihren Schmelzwasserbächen schon fast bedrohlich wirkt. Es ist gut, den Weg zu kennen. Der allerletzte Bach kurz vor Nybyen ist bei diesem Wetter so stark angeschwollen, dass es beinahe für ein Fußbad in den Wanderstiefeln reicht, aber dann ist die Straße erreicht und bald steht die Pfanne auf dem Herd …