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Tages-Archiv: 17. Oktober 2018 − News & Stories


Lon­gye­ar­by­en: ein schö­ner Ort zum Leben, ein schwie­ri­ger Ort zum Woh­nen

In Lon­gye­ar­by­en und sonst­wo in Spitz­ber­gen herr­schen der­zeit recht ruhi­ge Wochen. Natür­lich ist immer irgend etwas los. Die Abwick­lung des Berg­baus in Sveagru­va beschäf­tigt wei­ter die Gemü­ter, immer­hin steht das Schick­sal einer gan­zen, klei­nen Sied­lung zur Debat­te. Mög­li­cher­wei­se wer­den eini­ge Gebäu­de als Kul­tur­denk­mä­ler geschützt und ande­re ent­fernt. Über eine even­tu­el­le wei­te­re Nut­zung – For­schung? Tou­ris­mus? – besteht noch kei­ne Klar­heit. Klar ist nur, dass das gan­ze Pro­jekt vie­le Mil­lio­nen ver­schlin­gen wird. Wie auch die Erschlie­ßung der neu­en Koh­le­gru­be am Lun­ckef­jel­let, die zwi­schen Erschlie­ßung und Rück­bau nichts als eine Betriebs­pau­se erleb­te.

Sveagruva

Sveagru­va: eine Berg­bau­sied­lung in Abwick­lung.

In Lon­gye­ar­by­en muss sich nun eine Frau ver­ant­wor­ten, die im März einem Mann im Huset (Kneipe/Disko/Nachtclub) zu spä­ter Stun­de einen Stein ins Gesicht warf. Der Mann erlitt eine Schnitt­wun­de.

Der Hub­schrau­ber muss­te auf­stei­gen, um zwei Stu­den­tin­nen vom Sar­ko­fa­gen zu holen, einem Berg bei Lon­gye­ar­by­en. Die bei­den hat­ten sich auf einem stei­len Hang in eine gefähr­li­che Lage manö­vriert und kamen nicht mehr wei­ter und nicht mehr zurück.

Sarkofagen

Der Berg Sar­ko­fa­gen bei Lon­gye­ar­by­en.

Was alles so pas­siert in einem klei­nen, ark­ti­schen Dorf, das sich nun vom som­mer­li­chen Tou­ris­ten­strom erho­len kann und der nahen­den Polar­nacht ent­ge­gen­sieht. Die meis­ten machen es sich in ihren gemüt­li­chen Woh­nun­gen bequem, gehen dem All­tag nach und genie­ßen die mit der Dun­kel­heit ein­keh­ren­de Ruhe.

Für eini­ge wird es aller­dings nun ziem­lich umge­müt­lich. Der Woh­nungs­markt in Lon­gye­ar­by­en hat bekann­ter­ma­ßen mit erheb­li­chen Schwie­rig­kei­ten zu kämp­fen. Dazu tra­gen einer­seits die Lawi­nen bei, die in jün­ge­rer Ver­gan­gen­heit gan­ze Stra­ßen­zü­ge unbe­wohn­bar gemacht haben. Auch Airbnb trägt einen Teil zur ange­spann­ten Situa­ti­on bei. Die Idee die­ser Inter­net­platt­form war ursprüng­lich, dass man sei­ne eige­ne Woh­nung etwa wäh­rend des Urlaubs unkom­pli­ziert kurz­zei­tig ver­mie­ten konn­te. Mehr und mehr kam es aller­dings dazu, dass Inves­to­ren gan­ze Adres­sen dau­er­haft über Airbnb ver­mie­ten, weil die Erträ­ge dabei höher sind als bei regu­lä­ren Mie­ten. So wer­den aller­dings die nor­ma­len Bewoh­ner aus die­sen Häu­sern ver­drängt, ein Effekt, der in Lon­gye­ar­by­en zu beob­ach­ten war und ist, wie auch in vie­len ande­ren Städ­ten der Welt. Nur kann man in Lon­gye­ar­by­en nicht ins nahe Umland umzie­hen. Immer­hin haben sich wich­ti­ge Haus­ei­gen­tü­mer mitt­ler­wei­le von einer Ver­mie­tung über Airbnb distan­ziert. Kürz­lich gab Inves­tor Fre­d­rik Eken bekannt, sei­ne 84 Woh­nun­gen in Lon­gye­ar­by­en nicht über Airbnb ver­mie­ten zu wol­len. Als Hin­ter­grund gab er wirt­schaft­li­che Erwä­gun­gen an und kei­ne ethi­schen oder woh­nungs­po­li­ti­schen Beweg­grün­de.

Ein gro­ßer Teil der Woh­nun­gen in Lon­gye­ar­by­en gehört dar­über hin­aus grö­ße­ren Arbeit­ge­bern wie Sys­sel­man­nen, Gemein­de­ver­wal­tung, UNIS und grö­ße­ren Fir­men, die dort ihre Ange­stell­ten unter­brin­gen.

Auch die Gemein­de­ver­wal­tung trägt ihren Teil dazu bei, die Lage schwie­ri­ger zu machen, als mög­li­cher­wei­se nötig wäre. Es gibt in Lon­gye­ar­by­en, vor allem im ufer­na­hen Bereich „Sjøom­rå­det“, eine gan­ze Rei­he ein­fa­cher Gebäu­de, in denen teil­wei­se Woh­nun­gen ein­ge­rich­tet sind. Die­se sind aller­dings nur als soge­nann­te Frei­zeit­woh­nun­gen zuge­las­sen, eine dau­er­haf­te Bewoh­nung ist nicht erlaubt. Jah­re­lang war dies aller­dings üblich. Seit einer Wei­le wird aller­dings ein här­te­res Durch­grei­fen dis­ku­tiert und auch voll­zo­gen. Vor ein paar Tagen zogen Feu­er­wehr und Stadt­ver­wal­tung gemein­sam zu einer unan­ge­kün­dig­ten Kon­trol­le in eini­ge der frag­li­chen Gebäu­de, wie die Sval­bard­pos­ten berich­tet. In der Fol­ge wur­den 6 Per­so­nen aus ihren Unter­künf­ten gewor­den; sie beka­men 24 Stun­den Zeit zum Aus­zug. Als Grün­de wer­den Brand­schutz sowie die feh­len­de Zulas­sung der Gebäu­de als Woh­nung im Are­al­plan (Nut­zungs­plan) von Lon­gye­ar­by­en.

Sjøområdet, Longyearbyen

Das frag­li­che Gebiet „Sjøom­rå­det“ in Lon­gye­ar­by­en. Hier gibt es etli­che Frei­zeit­woh­nun­gen, deren lang­fris­ti­ge Benut­zung der­zeit nicht zuge­las­sen ist.

Natur­ge­mäß zieht die­ses Vor­ge­hen Kri­tik auf sich und bei den Betrof­fe­nen führt es zu Ver­zweif­lung. Die­se sind sich im Kla­ren dar­über, dass sie ihre Woh­nun­gen eigent­lich nicht dau­er­haft bewoh­nen dür­fen. Aller­dings gibt der pri­va­te Woh­nungs­markt der­zeit ein­fach kei­ne Wohn­mög­lich­kei­ten her, schon gar kei­ne bezahl­ba­ren für klei­ne­re Geld­beu­tel. So bleibt eini­gen vor­erst nur ein Sofa bei Bekann­ten oder eine vor­über­ge­hen­de Unter­kunft bei Freun­den, die sich der­zeit woan­ders auf­hal­ten. Mög­lich­kei­ten, in Lon­gye­ar­by­en irgend­wo län­ger­fris­tig bezahl­bar unter­zu­kom­men? Weit­ge­hend Fehl­an­zei­ge.

Ob es vor die­sem Hin­ter­grund Auf­ga­be der Gemein­de sein muss, Bewoh­ner aus Woh­nun­gen zu wer­fen, die zumin­dest als Frei­zeit­woh­nun­gen zuge­las­sen wer­den, darf man zumin­dest bezwei­feln. Die Ver­wal­tung hat grund­sätz­lich wei­te­re Kon­trol­len ange­kün­digt, die bei Bedarf auch wei­te­re Raus­wür­fe nach sich zie­hen wer­den. Dabei lässt sich Brand­schutz nach­rüs­ten. Immer­hin will man nun einen Pro­zess star­ten, in dem man unter ande­rem nach Mög­lich­kei­ten zur Lega­li­sie­rung der bestehen­den Pra­xis suchen wird.

Das hört sich natür­lich äußerst viel­ver­spre­chend an. Denen, die jetzt in Lon­gye­ar­by­en auf der win­ter­li­chen Stra­ße ste­hen, bringt es aller­dings erst mal nichts.

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