Sonntag, 30. Mai 2021, früher Nachmittag – genau jetzt würden sich etwa 30 Arktis-Begeisterte zusammen mit der Mannschaft im Hafen von Longyearbyen auf der Antigua einfinden.
Nun eben nicht, aus allgemein bekannten Gründen. Zum zweiten Mal in Folge fällt diese Reise coronabedingt aus, wie auch die längere Fahrt mit der Antigua Ende Juni/Juli.
Was uns nun entgeht, weiß keiner. Das ist ja eben das Schöne an diesen Fahrten, dass jede Reise wieder neu ist und auch für die Spitzbergen-Erfahrenen an Bord Erlebnisse bringt, mit denen mehr oder weniger keiner gerechnet hat. Man weiß eben vorher nie genau, wo es hin geht, wie das Wetter sein wird, wo man die Tiere findet.
Mit der Antigua an der Eiskante im Smeerenburgfjord, Anfang Juni 2019.
Nachholen kann man das nicht. Nächstes Jahr wird wieder ein neues Jahr, es wird nur 12 Monate haben und das bringen, was 2022 eben bringen wird, unabhängig davon, was 2021 alles nicht möglich war und ist.
Wir können spaßeshalber das machen, was wir natürlich zu Beginn einer jeden Reise ständig machen, und zwar einen Blick auf Eiskarte und Wettervorhersage werfen. Wir sehen, dass die Nordküste Spitzbergens vollständig in dichtem Eis liegt. Im Storfjord, im Südosten, hingegen eher lockere Eisfelder, unterbrochen von Flächen offenen Wassers. Es wäre eine spannende Überlegung gewesen, nicht in den Nordwesten zu fahren, wo man nach Stand der Dinge erst gar kein Eis hat und dann von jetzt auf gleich so viel, dass es gar nicht mehr weiter geht, sondern in den Süden und Südosten, in die schönen Fjorde an der südlichen Westküste und zu den offeneren Treibeisfeldern im Storfjord, wo man auch auf einem Segelschiff erleben kann, wie es ist, wenn man in alle Richtungen Eisschollen sehen kann.
Natürlich hat bei all dem auch das Wetter eine Menge zu sagen. Es wäre sicher keine durchgehend sonnige Woche geworden, aber wann hat man das schon mal? Eine Mischung aus allem, von blauem bis zu grauem Himmel, hier Sonne und da auch mal Regen, Schnee oder irgend etwas dazwischen eben. Frühjahr in der Arktis. Wie das Wetter in diesen Gegenden, im Smeerenburgfjord oder im Hornsund, in ein paar Tagen sein wird, weiß nur, wer zu dieser Zeit dort ist.
Wir werden nicht dort sein. Traurig. Damit entgehen etwa 40 Menschen (die Mannschaft natürlich eingeschlossen) Erlebnisse, an die alle ein Leben lang gerne zurückdenken würden. Der wirtschaftliche Aspekt für den Schiffseigner, die Tallship Company, den Veranstalter, die Geographische Reisegesellschaft, und die auf dem Schiff Arbeitenden kommt noch hinzu. Ich hoffe, dass alle gut durch diese Zeit kommen. Dass das nicht unbedingt einfach ist, weiß ich selbst zu gut.
Noch haben wir Hoffnung, dass sich für die noch nicht abgesagten Reisen im späteren Teil der Saison noch Möglichkeiten öffnen werden. Absehbar ist das derzeit noch nicht. Was sich abzeichnet, wie alle wissen werden, die die Nachrichten verfolgen, ist, dass vollständig Geimpfte oder durch Genesung Immunisierte früher wieder weiter gehende Reisefreiheit genießen werden. Auch in Norwegen gehen die politischen Überlegungen in diese Richtung. Alle, die noch Hoffnung haben, dieses Jahr noch mit einem kleinen Schiff in einem abgelegenen Winkel der Welt reisen zu können (coronatechnisch eine der ungünstigsten Kombinationen, die man sich vorstellen kann), werden gut beraten sein, sich nach Möglichkeit um eine rechtzeitige, vollständige Impfung zu bemühen, auch wenn das für viele natürlich viel leichter gesagt als getan ist.