Der mittlerweile seit Jahren vor sich hin köchelnde, sehr kontroverse Prozess um einen neuen Verwaltungsplan für die großen Naturreservate in Ost Svalbard scheint in seine abschließende Phase zu gehen: am 9.1. hat der Sysselmannen seinen neuen Vorschlag für das Gesetz veröffentlicht. Der Entwurf, der nach längerer interner und öffentlicher Diskussion und Anhörung zustande kam, wurde bereits dem DN (Abteilung für Naturverwaltung im Osloer Umweltministerium) übersandt, das ihn absegnen muss, damit er dem Parlament zum Beschluss und schließlich dem König zur Unterschrift vorgelegt werden kann.
Die Prüfung im DN ist allerdings alles andere als Formalität: Vor Jahren ist der gesamte Vorgang bereits einmal geplatzt, da seinerzeit der Sysselmannen die ursprünglichen Vorgaben aus Oslo als zu drastisch und fachlich unbegründet zurückgewiesen hatte. Im Gegenzug bekommt der Sysselmannen in Longyearbyen mehr und mehr Gegenwind aus der übergeordneten Osloer Bürokratie zu spüren, die mehrfach klar gemacht hat, dass sie im Gesetzgebungsverfahren die entscheidende Funktion innehat und der Sysselmannen eher eine „beratende“ Position einnimmt. Auch nach Inkrafttreten werden wohl einige administrative Kompetenzen von Longyearbyen nach Oslo wandern: Anscheinend ist der Sysselmannen, dem immerhin noch eine gewisse Nähe zur Realität und Praxis in Spitzbergen nachgesagt werden kann, der Osloer Ministerialbürokratie nicht strikt genug. Entscheidend wird sein, wie der Entwurf aussieht, wenn er das nun anstehende Verfahren im DN durchlaufen hat. Dort schreckt man nicht vor drastischen Einschränkungen zurück, ganz gleich ob diese einen merkbaren Nutzen für Natur oder Wissenschaft bringen oder nicht (siehe auch die in dieser Hinsicht vielsagenden, seit 2010 geltenden Vorschriften für Jan Mayen).
Was nun auf dem Tisch liegt, ist zwar immer noch fachlich kaum begründbarer und somit ärgerlicher Kontroll- und Absperrwahn, aber überwiegend wohl wenigstens kein Weltuntergang für diejenigen, die weiterhin auch in Spitzbergens abgelegenen Regionen unterwegs sein wollen. Im Osten werden insgesamt 6 Zonen ausgewiesen, die teils punktuell sind, teils großräumig. Für alle Zonen gelten verschiedene Regelungen (siehe untenstehende Karte):
Zone A (gelb): wissenschaftliche Referenzgebiete. Reisen dorthin müssen vorher dem Sysselmannen gemeldet werden, dieser kann Änderungen der Reisepläne etc. verlangen (was schon immer in den gesamten Naturreservaten gilt). Anmerkungen: Vermutlich wird das DN verlangen, dass die Anmeldungen von Aktivitäten in den Referenzgebieten über Oslo laufen müssen, und dann darf man auf die praktische Handhabung gespannt sein, die potentiell auf eine faktische Sperrung hinauslaufen können. Die Referenzgebiete sind groß, umfassen aber überwiegend touristisch wenig relevante Gebiete. Der wissenschaftliche und sonstige Bedarf an solchen Gebieten ist unklar und umstritten.
Zone B (orange): Kein Zugang vom 15.05.-15.08. In der Praxis wären Lågøya und Tusenøyane somit in der Saison gesperrt. Eine ähnliche Regelung galt bislang für die die Vogelschutzgebiete, die allerdings auf tatsächliche Brutgebiete wie bestimmte kleinere Inseln beschränkt waren. Nun sollen größere Inseln und ganze Inselgruppen unter das saisonal geltende Verbot fallen.
Zone C (grüne Punkte): hier sollen ortsspezifische Richtlinien gelten, wie sie mittlerweile in Polargebieten, insbesondere der Antarktis, mehr und mehr üblich werden.
Zone D (rote Punkte): hier gelten relativ kleinräumig ganzjährige Betretungsverbote an historisch bedeutsamen Lokalitäten. Bereits seit 2010 in Kraft.
Zone E (rot): Ganzjährige Sperrung von Kong Karls Land. Dies gilt schon lange.
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Bemerkenswert ist, dass bisherige die Kompetenz des Sysselmannen, in den Naturreservaten per Verordnung lokale Sperrungen zu erlassen, wenn dies für notwendig erachtet wird, nun an das Osloer ND gehen und auf die Möglichkeit zu weiträumigen Sperrungen ausgeweitet werden soll. Darin liegt die Gefahr weitgehender Sperrungen per Verordnung, ohne jegliche öffentliche Diskussion, die wenigstens ein Gesetzgebungsverfahren begleitet. Darin liegt ein klarer Misstrauensbeweis der Osloer Bürokratie gegenüber dem Sysselmannen. Warum dieser selbst den Passus in seinen Entwurf geschrieben hat und dies nicht dem ND überlassen hat, ist nicht nachvollziehbar.
Die Lågøya soll nach dem vorliegenden Entwurf zwischen 15.5. und 15.8. nicht mehr betreten werden dürfen.
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