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HomeArktis-Blog: Jan Mayen, Spitzbergen → Lun­ckef­jel­let: das Ende einer Koh­le­gru­be in Spitz­ber­gen

Lun­ckef­jel­let: das Ende einer Koh­le­gru­be in Spitz­ber­gen

Die Lun­ckef­jel­let-Gru­be ist ein poli­tisch-wirt­schaft­li­ches Phä­no­men. Im Novem­ber 2013 wur­de die ers­te Ton­ne Koh­le aus dem Berg geholt – eine Sym­bol­hand­lung, der pro­duk­ti­ve Betrieb hat­te noch nicht begon­nen. Das war auch bei der offi­zi­el­len Eröff­nung am 25. Febru­ar 2014 noch nicht der Fall, aber die Gru­be, die bis dahin bereits mehr als eine Mil­li­ar­de nor­we­gi­sche Kro­nen (über 100 Mil­lio­nen Euro) ver­schlun­gen hat­te, war immer­hin betriebs­be­reit.

Forschungsfahrt zum Lunckefjellet

For­schungs­fahrt zum Lun­ckef­jel­let.

In den pro­duk­ti­ven Betrieb soll­te sie aber nie gehen. Statt­des­sen ging es mit den Koh­le­prei­sen auf dem Welt­markt berg­ab, und die Gru­ben bei Sveagru­va, dem nor­we­gi­schen Berg­bau­ort im Van Mijenfjord, gin­gen in einen Erhal­tungs­be­trieb, der nur dazu dien­te, den Ver­fall auf­zu­hal­ten und die Mög­lich­keit eines künf­ti­gen Betrie­bes für ein paar Jah­re offen zu hal­ten.

Sveagruva

Sveagru­va: nor­we­gi­sche Berg­bau­sied­lung (schwe­di­sche Grün­dung 1917) im Van Mijenfjord.

Im Herbst 2017 schließ­lich zog die Regie­rung in Oslo die Reiß­lei­ne. Die Store Nor­ske Spits­ber­gen Kul­kom­pa­ni (SNSK), Eig­ner aller nor­we­gi­schen Koh­le­gru­ben in Spitz­ber­gen, gehört zu 100 % dem nor­we­gi­schen Staat, so dass die­ser als Eig­ner ganz direkt das Schick­sal des Koh­le­berg­baus auf Spitz­ber­gen len­ken kann. Die Ent­schei­dung: der Berg­bau im Ort Sveagru­va soll­te end­gül­tig ein­ge­stellt wer­den. Sowohl die über etli­che Jah­re pro­fi­ta­ble Gru­be Svea Nord als auch die neue Lun­ckef­jel­let-Gru­be soll­ten abge­wi­ckelt wer­den, und dazu der gan­ze Ort gleich mit. Wei­ter­ge­führt wird der nor­we­gi­sche Koh­le­berg­bau in Spitz­ber­gen nur noch in der Gru­be 7 bei Lon­gye­ar­by­en, dort immer­hin seit­dem wie­der im Zwei­schicht­be­trieb.

Lunckefjellet

Tages­an­la­gen und Gru­ben­ein­gang am Lun­ckef­jel­let.

Der Grund: wirt­schaft­lich, so die offi­zi­el­le Anga­be. Sehr aus­kunfts­freu­dig ist die Regie­rung an die­ser Stel­le aller­dings nicht, statt­des­sen ver­wei­sen Regie­rungs­ver­tre­ter mit­un­ter ger­ne auf den nicht­öf­fent­li­chen Sta­tus rele­van­ter Infor­ma­tio­nen und Unter­la­gen. Natür­lich sehen vie­le das Ende des Berg­baus in Sveagru­va, ins­be­son­de­re in der gera­de erst gebau­ten Lun­ckef­jel­let-Gru­be, mit gro­ßem Miss­be­ha­gen, da hier Tra­di­ti­on, Arbeits­plät­ze und eine für Lon­gye­ar­by­en wich­ti­ge Indus­trie abge­wi­ckelt wer­den. Das Ende des Berg­baus in Spitz­ber­gen war so und anders abseh­bar, das weiß man hier und seit Jah­ren wer­den ande­re Wirt­schafts­zwei­ge ent­wi­ckelt, wobei For­schung, Aus­bil­dung und Tou­ris­mus ganz oben ste­hen. Den­noch ist Lon­gye­ar­by­en his­to­risch und bis heu­te zumin­dest teil­wei­se gefühlt vom Berg­bau geprägt und der abseh­ba­re Ver­lust schmerzt so man­chen im Ort zumin­dest emo­tio­nal und oft auch wirt­schaft­lich. Auf Ange­bo­te von Inves­to­ren, Sveagru­va und das Lun­ckef­jel­let zu über­neh­men, ist die Regie­rung gar nicht erst ein­ge­gan­gen, was die Anga­be von rein wirt­schaft­li­chen Aspek­ten als Grund für die Schlie­ßung etwas faden­schei­nig erschei­nen lässt.

Stollen Lunckefjellet

Stol­len in der Koh­le­gru­be im Lun­ckef­jel­let.

In die­sen Tagen wird die Lun­ckef­jel­let-Gru­be geschlos­sen. Die Belüf­tungs­an­la­gen wer­den der­zeit abge­baut, und danach könn­te nur noch – theo­re­tisch – spe­zi­ell aus­ge­bil­de­tes Per­so­nal mit tau­cher­ar­ti­gen Atem­schutz­vor­risch­tun­gen die Koh­le­mi­ne betre­ten, und auch das nur noch eine recht kur­ze Zeit, solan­ge die mecha­ni­sche Fes­tig­keit des Hang­en­den (die Decke) eini­ger­ma­ßen zuver­läs­sig ist. Das wird nicht lan­ge der Fall sein. Die Lun­ckef­jel­let-Gru­be wird daher bald unge­fähr so gut erreich­bar sein wie die Rück­sei­te des Mon­des.

Stollen Lunckefjellet

Mit sol­chen Bewe­gungs­mes­sern, genannt „tell­ta­le“, wer­den Fels­be­we­gun­gen im Hang­en­den (Stol­len­de­cke) über­wacht.

Sicherung im Stollen, Lunckefjellet

Die­se Bol­zen zur Siche­rung des Hang­en­den (Stol­len­de­cke) sind stän­di­ger Kor­ro­si­on und Belas­tung aus­ge­setzt. Wer­den sie nicht regel­mä­ßig über­wacht und ergänzt, wird eine Koh­le­gru­be schnell hoch­ge­fähr­lich und unbe­geh­bar.

Letz­te Woche (5.-7. Febru­ar 2019) waren Geo­lo­gen der Berg­baus­ge­sell­schaft Store Nor­ske und von UNIS im Lun­ckef­jel­let, um die buch­stäb­lich letz­te Gele­gen­heit zu nut­zen, wis­sen­schaft­lich wert­vol­le Pro­ben am Koh­le­flöz zu neh­men. Die Geo­lo­gie der Koh­le Spitz­ber­gens ist weni­ger genau bekannt, als man ver­mu­ten könn­te: wie die Land­schaft wirk­lich aus­ge­se­hen hat, in der sie sich bil­de­te, weiß nie­mand so ganz genau.

Geologe Malte Jochmann, Lunckefjellet

Geo­lo­ge Mal­te Joch­mann bei der Arbeit im Lun­ckef­jel­let.

Natür­lich han­del­te es sich um Moo­re und Sümp­fe, wahr­schein­lich hat das Salz­was­ser einer nahen Küs­te pha­sen­wei­se einen wich­ti­gen Ein­fluss aus­ge­übt. Aber wel­che Rol­le spiel­te Süß­was­ser, was für Flüs­se und Seen gab es? Was haben kies­füh­ren­de Sand­stein­schich­ten (Kon­glo­me­rat) in der Koh­le zu suchen, wann stieg und wann sank der Mee­res­spie­gel an der nahen Küs­te, gab es tek­to­ni­sche Akti­vi­tät, und wenn ja, was für wel­che? Gab es Hügel oder gar Ber­ge in der Umge­bung, oder war alles drum­her­um flach?

Geologische Aufnahme, Lunckefjellet

Die Geo­lo­gen Mal­te Joch­mann, Maria Jen­sen und Chris­to­pher Mar­shall bei der Arbeit im Lun­ckef­jel­let: Auf­schlüs­se und mög­li­che Pro­ben­nah­me­stel­len wer­den begut­ach­tet.

Beim Gang durch die Stol­len gibt es alle paar Meter auf­schluss­rei­che Bli­cke in die geo­lo­gi­sche Ver­gan­gen­heit, wobei sich min­des­tens eben­so vie­le Fra­gen wie Ant­wor­ten erge­ben. Nur zwei Tage hat­ten die Geo­lo­gen Mal­te Joch­mann (SNSK/UNIS), Maria Jen­sen (UNIS) und Chris­to­pher Mar­shall (Uni­ver­si­ty of Not­ting­ham) Zeit, um Auf­schlüs­se wenigs­tens skiz­zen­haft zu doku­men­tie­ren und Pro­ben zu neh­men, deren Aus­wer­tung künf­tig wenigs­tens ein paar die­ser Fra­gen beant­wor­ten könn­te.

Eiskristalle, Lunckefjellet

Auch unter Tage ver­gisst man nicht, dass man in der Ark­tis ist: die Tem­pe­ra­tur liegt kon­stant unter null Grad, an den Wän­den blü­hen auf der schwar­zen Koh­le wun­der­schö­ne Eis­kris­tal­le.

Nun wird die Gru­be zurück­ge­baut, vie­le Gerät­schaf­ten sind schon ent­fernt wor­den. Schon bald wird sie nie­mand mehr betre­ten kön­nen. Auch von Sveagru­va wird nach einem umfang­rei­chen und teu­ren Auf­räu­men, das bereits in Gang gesetzt wur­de, wohl nicht viel übrig blei­ben. Nur die Anla­gen, die his­to­ri­schen Wert haben (in Spitz­ber­gen all­ge­mein älter als 1946, in Svea wird man die Gren­ze wohl auf 1949 hoch­set­zen) wer­den ste­hen blei­ben und even­tu­ell ein paar ein­zel­ne Gebäu­de zur künf­ti­gen Nut­zung – For­schung? Begrenz­ter Tou­ris­mus? Das weiß man der­zeit noch nicht so wirk­lich.

Berg­bau wird es jeden­falls nicht sein.

Sternenhimmel, Rückweg

Ster­nen­him­mel auf dem Rück­weg von Sveagru­va nach Lon­gye­ar­by­en.

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Letzte Änderung: 15. Februar 2019 · Copyright: Rolf Stange
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