Die Store Norske Spitsbergen Kulkompani (SNSK), Betreiberin und Eignerin der norwegischen Kohlesiedlung Sveagruva, hat vom Sysselmannen die Genehmigung bekommen, das Fjordeis im Van Mijenfjord bis zum Hafen von Svea aufzubrechen.
Da der Fjord durch die lange, schmale und quer im Eingang liegende Akseløya vom offenen Meer abgetrennt ist, bildet sich das Fjordeis dort früher und weiter als in den anderen Fjorden an der Westküste. Dadurch ist der Van Mijenfjord heute der einzige Fjord in diesem Teil Spitzbergens, der noch recht verlässliche Eisverhältnisse bietet. Somit ist er im Frühjahr ein wichtiges Habitat für Ringelrobben, die auf dem Eis liege, ausruhen und dort ihren Nachwuchs bekommen, und Eisbären, die dort auf Jagd gehen.
Bei den Behörden hält man den Schutz dieser Tiere zu dieser für sie wichtigen Jahreszeit, die gerade jetzt beginnt, eigentlich hoch: so wurde kürzlich das Fjordeis im Tempelfjord für Motorschlitten gesperrt, um Störungen vorzubeugen, obwohl solche nur bei rowdyhaftem, auch vorher schon gesetzwidrigem Verhalten vorkommen und das Fjordeis durch den Motorschlittenverkehr nicht beschädigt wird. Ähnliche Sperrungen waren auch für die Rindersbukta im Van Mijenfjord im Gespräch, dort ist es aber – zumindest bislang – noch nicht zu einem Verbot gekommen.
Für das Aufbrechen des Eises mit Eisbrechern scheinen allerdings andere Regeln zu gelten, beziehungsweise werden die gleichen Regeln anders ausgelegt. Zwar betont der Sysselmannen in einer Pressemeldung, dass Verkehr in Spitzbergen grundsätzlich „auf eine Weise geschehen solle, die nicht die natürliche Umwelt oder denkmalgeschützte Artefakte beschädigt, verunreinigt oder sonstwie beeinträchtigt oder unnötig Menschen oder Tiere stört.“ Hier allerdings wurde den Interessen der Store Norske Spitsbergen Kulkompani mehr Gewicht gegeben als dem Schutz des in Spitzbergen selten gewordenen, großflächigen Fjordeises und der Tiere, die es als Habitat brauchen.
Der Hintergrund: aufgrund von Fehlberechnungen geht in Sveagruva der Diesel zur Neige, der nicht nur Fahrzeugen, sondern auch dem dortigen Kraftwerk als Brennstoff dient. Der vorhandene Vorrat würde „aufgrund des erhöhten Verbrauchs im Winter vermutlich noch bis etwa Mai“ (Sysselmannen, eigene Übersetzung) reichen, nicht aber, wie ursprünglich geplant, bis zum Sommer, wenn das Fjordeis ohnehin von alleine aufgebrochen sein wird.
Ohne Diesel für das Kraftwerk müsste Svea evakuiert werden. Die Folge wäre mindestens ein vorübergehender Stop der Aufräumarbeiten, die nun dort nach dem Ende des Kohlebergbaus folgen, möglicherweise aber auch Schäden an der Infrastruktur. Verbunden wäre dies mit „erheblichen wirtschaftlichen Folgen“ für die Store Norske. Daher bekommt die SNSK nun die Erlaubnis, mit einem Frachter den Hafen am Kapp Amsterdam bei Sveagruva anzulaufen. Ein Transport über Land von Longyearbyen wäre zwar technisch möglich, aufgrund der Menge des benötigten Kraftstoffs wird aber angenommen, dass die theoretischen benötigten etwa 60 Transportfahren insgesamt eine größere Umweltbelastung und ein höheres Risiko für Verunreinigungen bringen würden.
Als früher in Sveagruva noch Kohle abgebaut und verschifft wurde, war das Brechen des Eises im Frühjahr nicht ungewöhnlich. Aber die Zeiten haben sich geändert, heute wird dort keine Kohle mehr abgebaut, in anderen Fjorden gibt es viel weniger Eis und dieses darf anderswo nicht befahren werden, so wie viele sich das wünschen. Dass die Store Norske in dieser Situation die Erlaubnis bekommt, über 30 Kilometer solides Fjordeis aufzubrechen, stößt, wie man erwarten kann, auf Kritik.
Man darf auf den Witterungsverlauf nach dem Aufbrechen gespannt sein. Mit Glück friert die Eisbrecherspur schnell wieder zu. Ein Sturm könnte das vorgeschädigte Eis allerdings auch leichter komplett aufbrechen.
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