Die Eisbärin, die Ende Januar bei Longyearbyen betäubt und ausgeflogen werden sollte und im Hubschrauber starb, wurde untersucht. Nun liegen Ergebnisse vor: Sie starb an Kreislaufversagen, ausgelöst durch Stress, Schock und Betäubung, wie der Sysselmannen in einer Pressemeldung mitteilte.
Am späten Nachmittag des 30. Januar hatten Sysselmannen und Eisbärenspezialisten des norwegischen Polarinstuts begonnen, die Eisbärin mit einem Hubschrauber von Vestpynten bei Longyearbyen weg zu jagen. Die Bärin wurde auf die Nordseite des Adventfjord und dann – zeitweise auch mit Motorschlitten – in ein Seitental verfolgt und dort schließlich mit einem Betäubungsgewehr betäubt. Zwischen Anfang der Hubschrauber-Treibjagd und der Betäubung vergingen 2,5 Stunden: Ein langer Zeitraum für ein Tier, das physiologisch nicht daran angepasst ist, über längere Strecken schnell zu laufen. Wegen der guten Isolierung überhitzen Eisbären schnell; deswegen ist es auch allgemein streng verboten, Eisbären zu folgen, sobald diese eine Verhaltensänderung zeigen (Im Spitzbergen-Umweltgesetz (Svalbard miljølov) heißt es in § 30: „Es ist verboten, Eisbären anzulocken, zu füttern, zu verfolgen oder mit einer anderen aktiven Handlung aufzusuchen, so dass der Eisbär gestört wird oder Gefahr für Menschen oder Eisbären entstehen kann“ (eigene Übersetzung).)
Genau das ist aber wohl im vorliegenden Fall geschehen, wenn man von einer Treibjagd mit Hubschrauber und Motorschlitten über 2,5 Stunden ausgeht, obwohl laut Sysselmannen „eisbärenfachliche Kompetenz“ in Form eines Experten vom norwegischen Polarinstituts an Bord war. Die Prozedur war offensichtlich zuviel für die Eisbärin, die auch nach der Betäubung weitere Medikamente erhielt und im Hubschrauber beim Transport nach Kinnvika auf dem Nordaustland schließlich an Kreislaufversagen starb.
Eisbärenfamilie: Mutter (links, vorn) und zwei Jungtiere in guter Form im zweiten Lebensjahr. Mitte August, Edgeøya. Symbolbild, diese Tiere haben keinen direkten Bezug zu dem Fall, um den es in diesem Beitrag geht.
Ansonsten soll die Bärin soweit gesund gewesen sein. Sie wog nur 62 Kilogramm und war damit entweder ein Jahr alt oder aber ein sehr kleines zweijähriges Tier. In jedem Fall hätte sie noch mit ihrer Mutter zusammen sein sollen.
Nach glücklicher Rückkehr aus der Antarktis, dem einzigen bislang Corona-freien Kontinent, werde ich nun mit den Spitzbergen-Nachrichten wieder aufholen. Es ist ja nicht so, dass da nichts passiert wäre. Um dort anzufangen, wo es vor ein paar Wochen an dieser Stelle aufhörte: die Kohlegrube Svea Nord wurde am 04. März mit einer kleinen Zeremonie offiziell geschlossen. Damit gehen gut 100 Jahre Bergbaugeschichte in Sveagruva zu Ende.
Zu anderen Themen demnächst mehr auf dieser Seite. Zunächst zu dem Thema, das derzeit die ganze Welt in Atem hält: das Corona-Virus. Bislang hat es Spitzbergen noch nicht erreicht, es gibt bis jetzt keine Corona-Fälle dort. Aber das wird langfristig nicht aufrechtzuerhalten sein, und wie man diesen Übergang so kontrolliert wie möglich gestalten kann, soweit man ihn überhaupt gestalten kann, das ist die Frage, die Longyearbyen und die anderen Orte derzeit genau so beschäftigt wie den Rest der Welt.
Derzeit folgt man dort erst mal der Taktik einer weitgehenden Abschottung: Der Tourismus ist derzeit vollständig zum Erliegen gekommen. Wer derzeit nach Spitzbergen reist, muss dort zunächst in 14-tägige Quarantäne, zu Hause oder in einem Hotel. Ausnahmen werden nur nach strengen Auflagen in Einzelfällen genehmigt, wenn Arbeitgeber oder Institutionen dies beantragen. Laut Visit Svalbard dürfen überhaupt nur „Reisende aus Norwegen“ einreisen. Es wäre wohl genauer zu sagen, dass derzeit nur Norweger und Personen mit anderer Nationalität, die Aufenthalts- oder Arbeitsgenehmigung haben, einreisen dürfen.
Motorschlitten in Longyearbyen: derzeit vom Corona-Virus stillgelegt.
Das hat für die lokale Wirtschaft natürlich erhebliche Folgen: März und April sind normalerweise Hochsaison, Hotels und Aktivitäten sind sonst ausgebucht. Derzeit steht hingegen alles leer und still. Viele Betriebe und Stellen sind bedroht, und viele Saisonkräfte haben Spitzbergen verlassen, um in ihren Heimatländern, wo es sich in wohl allen Fällen preiswerter leben lässt, auf bessere Zeiten zu warten.
Das gilt zunächst bis zum 13. April, Verlängerung ist allerdings möglich. Die künftige Entwicklung bleibt abzuwarten, auch mit Blick auf die nicht mehr allzu ferne Sommersaison. Noch bleiben einige Wochen, um die Situation zu beobachten, bis Entscheidungen hinsichtlich Durchführung oder Absagen von Reisen getroffen werden müssen; mit Blick auf die Reisen im späteren Sommer herrscht entsprechend noch weniger zeitlicher Druck. Wer für den Sommer Spitzbergen-Reisepläne hat, sollte sich direkt mit Veranstalter in Verbindung setzen. Was unsere Spitzbergenreisen mit Antigua und Arctic II betrifft, so nehmen wir natürlich unmittelbar Kontakt auf, sobald wir wissen, womit wir rechnen können und müssen. Der April wird da sicher Bewegung in Richtung einer gewissen Klarheit bringen. Wer schon früher von sich aus Kontakt aufnehmen will, kann dies natürlich jederzeit gerne tun, am besten direkt bei der Geographischen Reisegesellschaft.
In Spitzbergen statt hektischer Winter-Hauptsaison: nichts. Spitzbergen ist derzeit komplett touristenfrei. Still und ruhig, wenn man von den Schmerzensschreien der Tourismusbranche absieht.
Auf dieser Blog- und Nachrichtenseite: derzeit auch nichts.
Die Antarktis ist der einzige Corona-freie Kontinent, aber es lässt uns auch hier dennoch nicht unberührt. Ich war nun einige Wochen in der Antarktis unterwegs und bin immer noch fern im Süden auf der Ortelius. Da ich daher wohl zu den letzten auf der Welt gehöre, die mitbekommen, wie die Welt sich derzeit quasi minütlich ändert, wäre es wohl Quatsch gewesen, darüber etwas auf der Spitzbergen.de Nachrichtenseite zu schreiben.
Dafür habe ich über unsere Erlebnisse im tiefen Süden geschrieben, und zwar im Blog auf www.antarktis.net. Auch da wird das Corona-Virus nun zum Thema. Nein, nicht direkt. Wir sind hier auf der Ortelius alle gesund. Aber es schickt uns auf die Reise. Nicht, wie geplant, noch einmal zur Antarktischen Halbinsel, sondern nach Hause, und zwar langsam und über Umwege. Mehr dazu im Antarktis-Blog.