Schnee von gestern, das sind die Schneefelder rund um Longyearbyen nun im unmittelbaren Sinne, jedenfalls zu einem großen Teil. Nach einem teilweise immerhin recht kalten Winter (trotz einiger heftiger Regentage im März) kam die Schneeschmelze gegen Ende Mai zwar halbwegs kalendergerecht, aber dann im Verlauf deutlich schneller als üblich. In und um Longyearbyen schmilzt der Schnee immer um Wochen früher und schneller als sonstwo – es gibt ein paar typische Flecken wie die nur wenige hundert Meter kurze Motorschlittentrasse zwischen Longyearfluss und Tankstelle sowie die eine oder andere kurve im unteren Adventdalen, die besonders prekär sind und oft die winterliche Tourensaison für weniger Hartgesottene beenden, die ihren Motorschlitten nicht im Adventdalen parken und mit per Auto herbeigeschafften Kanistern betanken wollen.
Longyearbyen-Kenner haben „Nofretete“ und „Sektglas“ auf dem Schirm. Wenn der Schnee auf großen Flächen weg ist, bleiben immer noch einige Schneefelder, die sich teilweise bis weit in den Sommer hinein halten, wenn auch schrumpfend. Vor allem zwei dieser Schneefelder haben sehr markante Formen. Da wäre einmal die Nofretete:
Das Schneefeld „Nofretete“ auf der Nordseite des Adventfjord. Von Longyearbyen selbst aus ist es nicht sichtbar. Die Ähnlichkeit mit dem berühmten Profil der Büste der altägyptischen Schönheit ist deutlich, auch wenn Nofretete hier etwas schlecht gelaunt zu sein scheint.
Noch berühmter ist das „Sektglas“, ein Schneefeld von entsprechender Form am Operafjellet, östlich von Longyearbyen im Adventdalen. Das „Sektglas“ ist im Frühsommer von Longyearbyen aus deutlich sichtbar.
Das noch nicht ganz von der Umgebung freigestellte „Sektglas“
am Operafjellet östlich von Longyearbyen, Ende Mai 2022.
Zum Sektglas gibt es noch eine kleine Geschichte, die jedes Jahr in Longyearbyen Aufmerksamkeit auf sich zieht: Und zwar führt das Schmelzen des Schnees zuverlässig dazu, dass das Sektglas zunnächst eine ziemlich perfekte Form bekommt – der Kelch etwas runder und weniger schlank als üblich – aber dann „bricht“ der Stiel, oder auf norwegisch: „stetten går“, der Stiel „geht“. Das „Gehen“ des Stiels ist das letzte Ereignis in der Natur in und um Longyearbyen, das den Sommer endgültig einleitet (das erste ist das Erscheinen der Schneeammer).
Meistens „geht“ der Stiel Ende Juli oder Anfang August. Davor kann man bei der Lokalzeitung Svalbardposten einen Tipp abgeben, an welchem Datum der Stiel im jeweiligen Jahr wohl bricht. Dem Sieger oder der Siegerin winken Ruhm und Ehre.
Dieses Jahr bewies Sarah Gerats (manchen sicher als geschätzte Guide-Kollegin auf der Antigua bekannt) das richtige Gespür und gab nicht als einzige, aber als erste den richtigen Tipp ab, dass der Stiel bereits am 6. Juni (!) gehen würde. Und so kam es tatsächlich.
Das Sektglas mit gebrochenem Stiel am 6. Juni 2022.
Damit gehört der diesjährige Sektglasbruch zu den frühesten seiner Art, was mit den sehr warmen Tagen Ende Mai zu tun hat, wo in Longyearbyen mit über 12 Grad die wärmsten Mai-Temperaturen seit Jahrzehnten gemessen wurden. Der früheste Stielbruch aller Zeiten war es aber wohl nicht.
Sarah Gerats, Gewinnerin der diesjährigen Sektglas-Wette.
Hier zusammen mit dem damaligen Antigua-Kapitän Mario Czok bei der Bäreninsel (2018).
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