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Neue Regeln auf dem Weg

Seit Jah­ren sind stren­ge­re Regeln für Spitz­ber­gen in der Dis­kus­si­on, die nicht nur, aber vor allem den Tou­ris­mus betref­fen sol­len. Bis­lang wur­de ein Vor­schlag für ein neu­es Regel­werk öffent­lich gemacht, der durch eine öffent­li­che Anhö­rung ging. Unge­wöhn­lich vie­le, genau 92, Ein­sen­der mach­ten im Früh­jahr 2021 von der Mög­lich­keit Gebrauch, sich in der Anhö­rung zum Ver­fah­ren zu äußern. Auch dar­über hin­aus sorg­ten die neu­en Regeln, so wie sie sich bis­lang abzeich­nen, für viel öffent­li­che Dis­kus­si­on, bis hin zu einem Fackel­zug in Lon­gye­ar­by­en im Novem­ber 2021.

Nun ist das Ver­fah­ren einen wesent­li­chen Schritt wei­ter gekom­men, indem die zustän­di­ge Fach­be­hör­de, das Mil­jø­di­rek­to­rat (etwa: Umwelt­amt), das Regel­pa­ket unter (theo­re­ti­schem, s.u.) Ein­be­zug der Ein­ga­ben aus dem Hörungs­ver­fah­ren über­ar­bei­tet hat. Allein das hat deut­lich mehr als ein hal­bes Jahr in Anspruch genom­men (die Frist für Ein­ga­ben zur Anhö­rung lief im Früh­jahr 2022 aus). Das Ergeb­nis? Prak­tisch nicht vor­han­den – das Mil­jø­di­rek­to­rat hat den Vor­schlag nun prak­tisch unver­än­dert zur Regie­rung durch­ge­reicht, wie etwa NRK berich­tet.

Zu den wich­tigs­ten Ände­rungs­vor­schlä­gen gehö­ren:

  • In den gro­ßen Schutz­ge­bie­ten sol­len Land­gän­ge nur noch an 43 dazu bestimm­ten Stel­len mög­lich sein. Die übri­gen Land­ge­bie­te in die­sen gro­ßen Regio­nen wür­den für die Öffent­lich­keit damit prak­tisch kom­plett gesperrt. Gebie­te, die nicht in Schutz­ge­bie­ten lie­gen, sowie der gesam­te Isfjord ein­schließ­lich der im Isfjord gele­ge­nen Natio­nal­parks, sind davon nicht betrof­fen.
  • Auch an der West­küs­te sol­len Schif­fe nur noch mit 200 Pas­sa­gie­ren an Bord fah­ren dür­fen. Dies gilt schon län­ger in den Natur­re­ser­va­ten, die den gesam­ten Osten der Insel­grup­pe umfas­sen. In der Pra­xis wür­de dies das Ende der gro­ßen, inter­na­tio­na­len Kreuz­fahrt­schif­fe bedeu­ten, die bis­lang wei­ter­hin den Isfjord besu­chen, vor allem Lon­gye­ar­by­en.
  • Zu Eis­bä­ren wird ein gene­rell gül­ti­ger Min­dest­ab­stand von 500 Metern vor­ge­schla­gen. Auch zu Wal­ros­sen soll es Min­dest­ab­stän­de geben: 300 Meter Abstand „zu Lie­ge­plät­zen“ auf See und 150 Meter an Land.
  • Dazu soll es wei­te­re Rege­lun­gen geben, dar­un­ter ein ver­schärf­tes Ver­bot für Schif­fe, Eis zu bre­chen (gibt es grund­sätz­lich schon), ein Ver­bot für moto­ri­sier­ten Ver­kehr (Motor­schlit­ten) auf Fjord­eis (gibt es eben­falls schon) und ein Ver­bot der Ver­wen­dung von Droh­nen in Schutz­ge­bie­ten (ist bis­lang regu­liert, aber nicht prin­zi­pi­ell ver­bo­ten).
Neue Regeln für Tourismus auf Spitzbergen: Wanderung, Nordaustland - künftig verboten

Wan­de­rung in einer abge­le­ge­nen Ecke des Nord­aus­t­lands:
soll künf­tig nicht mehr mög­lich sein.

Damit wur­den die ursprüng­li­chen Rege­lungs­vor­schlä­ge, so wie sie vor der öffent­li­chen Anhö­rung aus­sa­hen, prak­tisch eins zu eins über­nom­men und teil­wei­se noch ver­schärft. Vor allem der viel­fach vor­ge­brach­te Vor­schlag, an der Quan­ti­tät anzu­set­zen, wenn doch die Quan­ti­tät das Pro­blem ist, wur­de prak­tisch igno­riert. Im Inter­view mit der Sval­bard­pos­ten räumt das Mil­jø­di­rek­to­rat ein, dass es „meh­re­re Mög­lich­kei­ten gibt, das zu lösen“. Dabei war kon­kret von „Kon­zes­sio­nen“ die Rede, effek­tiv also davon, die Zahl der Schif­fe zu deckeln. Dies ist nun aber nicht vor­ge­se­hen, die Bewer­tung sol­cher Mög­lich­kei­ten sei „nicht Teil des Auf­trags“ gewe­sen.

Nun geht das legis­la­ti­ve Paket wie­der zurück an die Regie­rung, wo es wei­ter bera­ten wird, bis es die Form eines Geset­zes hat, das dann in das übli­che legis­la­ti­ve Ver­fah­ren geht, mit Ver­ab­schie­dung im Stort­ing (Par­la­ment) und Inkraft­set­zung durch die Unter­schrift des Königs. Das wird aller Vor­aus­sicht nach noch eini­ge Zeit in Anspruch neh­men. Wie genau das neue Gesetz­pa­ket end­gül­tig aus­se­hen wird, kann man nach wie vor nicht ver­läss­lich sagen, aber die Wahr­schein­lich­keit, dass es so aus­se­hen wird wie befürch­tet, ist nun gestie­gen.

Ursprüng­lich sah der Plan vor, dass die neu­en Regeln zum 01.01.2023 in Kraft tre­ten sol­len. Das ist offen­sicht­lich nicht pas­siert. Insi­der in Lon­gye­ar­by­en sind sich zumin­dest teil­wei­se recht sicher, dass mit den neu­en Regeln effek­tiv nicht vor 2024 zu rech­nen ist, aber wirk­lich ver­läss­li­che Infor­ma­ti­on gibt es dazu öffent­lich nicht. Man weiß jetzt aber immer­hin noch bes­ser als auch vor­her schon, dass die nor­we­gi­schen Behör­den sich für die Mei­nun­gen der Öffent­lich­keit nicht inter­es­sie­ren: Die Igno­ranz gegen­über den Ein­ga­ben aus der öffent­li­chen Anhö­rung ist beein­dru­ckend.

Kom­men­tar

Aha, man könn­te es anders – bes­ser! – machen, das war aber lei­der „nicht Teil des Auf­trags“. Schön, dass die betei­lig­ten Behör­den das wenigs­tens wis­sen. Noch schö­ner wäre es gewe­sen, wenn sie dar­aus etwas gemacht hät­ten. Die­se Gele­gen­heit wur­de nun ver­ge­ben, zumin­dest sei­tens der unte­ren Instan­zen in Form des Mil­jø­di­rek­to­ra­tet. Etwas ande­res zu erwar­ten, wäre aber wohl auch naiv gewe­sen, wenn man sich den Ver­lauf der Gesetz­ge­bungs­ver­fah­ren der letz­ten Jah­re ansieht, dar­un­ter die unse­li­ge Wahl­rechts­ge­schich­te. Womit das Mil­jø­di­rek­to­ra­tet zwar nichts zu tun hat­te, aber immer­hin hier weist die nor­we­gi­sche Legis­la­ti­ve der­zeit eine ver­läss­li­che Kon­sis­tenz auf.

Dass die kräf­tig gewach­se­ne Anzahl der Schif­fe, die im Som­mer in Spitz­ber­gen unter­wegs sind, pro­ble­ma­tisch ist, bestrei­tet wohl kaum jemand. Etwa 80 waren es 2022, und weni­ger wer­den es von allei­ne sicher nicht. Ein wesent­li­cher Schwer­punkt des Wachs­tums liegt auf Schif­fen, die zwi­schen 100 und 200 Pas­sa­gie­ren an Bord haben: Klein genug, um durch die Maschen der vor­ge­se­he­nen Decke­lung (200 Pas­sa­gie­re) zu fal­len, aber groß genug, um deut­lich mehr ero­si­ve Spu­ren im Gelän­de zu hin­ter­las­sen als wirk­lich klei­ne Schif­fe mit deut­lich weni­ger als 50 Pas­sa­gie­ren (meist 12-30).

Man fragt sich: Wenn die Anzahl der Schif­fe das Pro­blem ist – war­um macht man dann nichts mit der Anzahl der Schif­fe? Bei­spiels­wei­se deckeln und dann nach und nach auf ein trag­fäh­ri­ges Niveau redu­zie­ren? Das ist nicht vor­ge­se­hen.

Dazu kommt der mas­si­ve öko­lo­gi­sche Druck des Kli­ma­wan­dels auf die ark­ti­sche Natur, was nie­mand ernst­zu­neh­mend bestrei­ten kann. Nor­we­gen will da etwas tun? Ger­ne! Lie­ber heu­te als mor­gen! Auch da hät­te Nor­we­gen als Land, das mit Öl und Gas seit Jahr­zehn­ten mär­chen­haf­te Reich­tü­mer ver­dient und plant, die­ses Geschäft wei­ter aus­zu­bau­en, ernst­zu­neh­men­de Mög­lich­kei­ten. Es ist ja nicht so, dass in Nor­we­gen dies­be­züg­lich gar nichts getan wird. Aber wer die För­de­rung von Öl und Gas wei­ter­hin for­ciert – der­zeit nicht zuletzt auf­grund der star­ken Nach­fra­ge der ener­gie­hung­ri­gen Län­der wei­ter süd­lich in Euro­pa, ganz vor­ne Deutsch­land – ver­liert erheb­lich an Glaub­wür­dig­keit, wenn statt­des­sen dies­be­züg­lich wir­kungs­lo­se Maß­nah­men ein­ge­führt wer­den sol­len, die einer aus nor­we­gi­scher Sicht volks­wirt­schaft­lich ins­ge­samt offen­kun­dig eher als irrele­vant wahr­ge­nom­men Bran­che schwer scha­den wer­den. Aber wen stört das in Oslo. Haupt­sa­che, es sieht irgend­wie gut aus, eben so, als wür­de man etwas tun.

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Letzte Änderung: 16. Januar 2023 · Copyright: Rolf Stange
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