Mittlerweile führt der Sysselmannen zusammen mit dem Roten Kreuz jährlich 60-80 Such- und Bergungsaktionen durch, die meisten davon mit dem Hubschrauber. Möglicherweise hat die Verfügbarkeit moderner Kommunikationsmittel (Satellitentelefon, Notpeilsender) zu einer Herabsetzung der Hemmschwelle bei der Planung von Touren geführt.
Für Zugereiste sind die Touren in den meisten Regionen Svalbards schon lange melde- und versicherungspflichtig (für Einwohner Spitzbergens gilt dies bei Reisen in die Schutzgebiete). In der Praxis hat bei Suchaktionen bislang meistens die Verwaltung die Kosten übernommen, auch wenn eine Versicherung vorgeschrieben und vorhanden war. Da die Kosten mit der Zahl der SAR (Search-and-rescue) Operationen ansteigen, sollen diese künftig regelmäßig nicht mehr vom norwegischen Steuerzahler, sondern vom Verursacher getragen werden. Damit war prinzipiell schon bislang zu rechnen, die praktische Durchführung wird künftig verschärft. Bei Hubschraubereinsatz ist schnell mit Kosten von 100000 NOK (derzeit ca. 12700 Euro) und mehr zu rechnen.
Dies gilt für melde- und versicherungspflichtige Touren. Für andere Touren, also für Zugereiste innerhalb des Verwaltungsgebietes 10 (Nordenskiöld Land, Dickson Land, Brøggerhalvøya), werden die Kosten den Geretteten weiterhin nur bei „grober Unachtsamkeit“ auferlegt.
Aufgrund außergewöhnlicher Kälte in der höheren Atmosphäre ist etwa die Hälfte der arktischen „Ozonschicht“ in den letzten Wochen verloren gegangen. Die Kälte ist ein natürlicher Vorgang, begünstigt aber die Zerstörung des Ozons durch die menschgemachten „Ozonkiller“ (FCKW etc.). Auch bereits seit längerem verbotene Substanzen sind wegen ihrer langen Verweildauer noch für viele Jahre in der Atmosphäre.
Da sich die hochpolaren Luftmassen mit jenen in mittleren Breiten vermischen, empfehlen Wissenschaftler, auch in der gemäßigten Klimazone im Frühjahr besonderen Wert auf Sonnenschutz zu legen.
Manche Vorgänge im arktischen Himmel sind sehr schön, andere weniger
Ein schwedischer Familienvater hat gezeigt, wie man es nicht macht, und dabei nicht nur sich selbst, sondern auch seine beiden Söhne (11 und 20 Jahre alt) sowie Rettungsmannschaften gefährdet. Als Individualtouristen angereist, mietete die Familie Motorschlitten und Satellitentelefon (immerhin) in Longyearbyen für eine Tour nach Barentsburg. Wegen schwieriger Wetterverhältnisse, die schlechte Sicht und Lawinengefahr mit sich brachten, hatten von Guides geführte Gruppen ihre Touren nach Barentsburg abgesagt und stattdessen andere, sichere Routen gewählt. Der schwedische Familienvater entschied sich, trotz mangelnder Lokalkenntnis und Erfahrung die Fahrt anzutreten.
Die Rückfahrt von Barentsburg hätte zur Katastrophe führen können: Trotz Wetterwarnung und Rat vom Sysselmannen, das schlechte Wetter in Barentsburg abzuwarten, fuhren die drei los, anscheinend beunruhigt von der Aussicht, ihren Rückflug zu verpassen. Unterwegs blieben sie im Schnee stecken, und unter den schwierigen Bedingungen mussten Rettungsmannschaften von Sysselmannen und Rotem Kreuz ihre Versuche, mit Hubschrauber und Motorschlitten zu den Verunglückten vorzustoßen, mehrfach aufgeben und umkehren. Erst gegen Mitternacht gelang es, zu den Dreien vorzustoßen, die mittlerweile von Nässe und Kälte angegriffen waren.
Von offizieller Seite wird Zugereisten mit mangelnder Erfahrung empfohlen, sich geführten Touren anzuschließen und den Rat Erfahrener sowie das Wetter sorgfältig zu bedenken. Dass die Familie sowohl in Longyearbyen als auch in Barentsburg Warnungen ignorierte und dennoch loszog, ist nicht nur fahrlässig, sondern kann möglicherweise noch ein teures Nachspiel haben: Die Kosten für die Rettungsaktion werden um 15.000 Euro geschätzt. Bei grober Unachtsamkeit kann die Rechnung den Geretteten präsentiert werden.
Sollte ernst genommen werden: Arktis im Winter
Nachtrag: In einem Leserbrief (Svalbardposten 10/2011) gibt die Familie an, vor der Rückfahrt von Barentsburg nicht vor der Fahrt gewarnt worden zu sein, im Gegenteil habe der Sysselmannen zu einem Versuch geraten. Weiter hätten technisches Versagen eines Motorschlittens sowie die schlechte Batterieleistung des gemieteten Satellitentelefons dazu beigetragen, dass die Familie auf Hilfe angewiesen war.