So
6. Jul
2014
Mit dem Beerenberg ist das ja so eine Sache. Es gibt nur wenige Tage im Jahr, an denen das Wetter eine Besteigung überhaupt zulässt. Zudem ist die Logistik aufgrund der seit 2010 geltenden Bestimmungen sehr schwierig: Man darf eben nur noch in der Kvalrossbukta zelten. Ein Basislager am Fuß des Beerenberg ist nicht mehr erlaubt. Ob das sinnvoll ist, darüber kann man sicher streiten, aber das verschiebe ich auf später. Jedenfalls ist es so.
Daher beginnt eine Besteigung des Beerenberg für normale Menschen (also alle, die nicht auf der Station arbeiten oder staatlich geförderte/beförderte Gäste sind) mit einem fast 20 Kilometer langen Anmarsch. Und dann kommt noch ein langer Aufstieg mit allem Drum und Dran. Klar, dass das nicht für jeden und nicht bei jedem Wetter machbar ist.
Nun hatten wir mit dem Wetter sowohl auf der Überfahrt als auch während der ersten 24 Stunden auf Jan Mayen ja schon allerhand erlebt, und allzu ermutigend war das alles nicht, im Gegenteil war es ziemlich kräftezehrend. Eigentlich hatten wir uns also für heute mit der Station auf einen Besuch verabredet, um hier langsam warmzuwerden.
Nun hatte Siggi (Sigurdur, der Skipper) sich allerdings mit neuen Wetterberichten versorgt, und die sprachen eine klare Sprache. Wenn es überhaupt möglich sein würde, auf den Beerenberg zu kommen, dann Montag, also morgen. Wenn überhaupt.
Damit war der Fall klar. Einen Pausentag mit einer eigentlich nötigen, überschaubaren Tour zum Eingehen konnten wir uns leider nicht erlauben, um überhaupt eine Chance zu haben. Stattdessen wieder packen. Aurüstung für Bivac und Gletscher.
Windböen und Regenschauer peitschten immer noch um die Zelte, aber das sollte zum Nachmittag besser werden, und da wir keinesfalls schon zu Beginn nass werden wollten, haben wir uns Zeit gelassen. Das ist ja immerhin das Angenehme hier, weit nördlich des Polarkreises im Sommer: man muss vor keiner Dunkelheit davonlaufen.
Schließlich ging es aber los. Über die Straße zum Pukkelryggen, der langgestreckten Hügelkette nach Norden, wo sich ein moosbewachsener, alter Krater an den anderen reiht. Landschaft in sattem Grün, das aber heute droht, unter schwerem Grau zu ersticken. Pause an einem Bach, Roter Steinbrech und Alpensäuerling überall, alte Bekannte aus dem schönen Spitzbergen, das mir aus der Ferne gerade so unendlich lieblich erscheint. Vorbei an einem alten Flugzeugwrack aus üblen Kriegszeiten, darüber hinweg ein nebliger Blick auf die Nordlagune. Schade, heute daran einfach vorbeizulaufen, aber wir müssen noch weit, und die Kilometer machen sich bemerkbar, und das Gewicht der Rucksäcke ebenfalls.
Auf der Höhe vom Jøssingdalen teilt sich die Gruppe dann. Die Beerenberg-Aspiranten ziehen weiter, nach Nordosten in den Nebel. Die vier Übrigen schlagen die Gegenrichtung ein. Eine Chance, es sich zu überlegen und dem Beerenberg doch noch den Rücken zu kehren. Der eine oder andere denkt noch einmal kurz nach, dann kurzer Abschied und weiter geht es. Eine unendlich öde erscheinende Mondlandschaft mit finsterer Sandwüste und Lavafeldern, durch die sich der Fahrweg schlängelt. Sogar ein paar schlichte Wegweiser aus Treibholz hat man hier und dort aufgestellt.
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Nach langen 18 Kilometern haben wir das Ekerolddalen erreicht. Quot licet iovi, non licet bovi – wo Staatsdiener Geländewagen fahren, dürfen Touristen noch lange nicht zelten, und so rollen wir die Schlafsäcke auf vulkanischem Sand aus. Ein Schneefeld lässt sich mühsam ein paar Liter Wasser abringen, und so wird aus mitgebrachten Tüten ein warmes Essen. Hoffentlich bringen die nebligen Stunden in diesem finsteren Tal etwas Schlaf und ausreichend Kraft für den nächsten Tag.
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