Ich muss einfach noch zwei Bilder von gestern hinterherschieben. Das Nordlicht hatte sich wirklich noch recht schön entwickelt. Natürlich war es zum Fotografieren nicht gerade ideal, da wir an der Außenseite von Senja entlang fuhren und dabei ein wenig Dünung hatten. Zwar moderat, aber für die Kamera ist natürlich jede Bewegung Gift, das ist eben so. Also freut man sich über die lichtstarke Linse (24 mm f1.4) und reißt den Isowert auf fette 12800 hoch, wozu hat man denn so eine digitale Kamera mit Vollformatsensor, irgendwo zu muss das doch gut sein. So landet man wenigstens bei 1/10 Sekunde Belichtungszeit, das langsamste, was auf einem sich bewegenden Schiff irgendwie noch verwendbar ist.
Manchmal passt eine ganze Reise in eine Fahrt. Oft sagt man ja am Ende eines guten Tages, dass die Reise nun zu Ende sein könnte, man hat ja alles gehabt. Natürlich sagt man das nur so im Spaß vor sich hin und meint es nicht ernst.
Heute könnte man das sagen und es ernst meinen. Vor gerade einmal 24 Stunden sind alle an Bord gekommen, vor gut 12 Stunden sind wir in Tromsø losgefahren. Und haben seitdem Schwertwale gesehen, nicht nur ein paar, nicht nur 2-3 Dutzend, sondern weit im dreistelligen Bereich. Es können locker 200 gewesen sein. Überall waren sie, haben Hering gefuttert.
Und wir waren zur richtigen Zeit am richtigen Ort
Acht Uhr ist Sonnenaufgang und kurz vor 15 Uhr Sonnenuntergang. Nordlicht gab es vorhin auch schon, nicht allzu stark, nicht wirklich fotografierbar vom leicht schwankenden Schiff aus, aber schön anzusehen.
Nach den sommerlichen und spätsommerlichen Fahrten in Spitzbergen stand ein Aufenthalt in südlicheren Gefilden an. Aus denen wird normalerweise in diesem Blog nicht berichtet, es ist sicher auch eher langweilig zu verfolgen, wie Touren nach- und vorbereitet werden, bis hin zu adrenalintreibenden Tätigkeiten wie Buchhaltung, und Bücher entstehen. Was schon erfreulicher ist, aber der Vorgang des Schreibens ist nun auch nicht unbedingt spannend zu betrachten.
Aber warum nicht doch mal ein paar Ereignisse einfließen lassen, die weit äquatorwärts des Polarkreises stattfanden. Logistisch geschickt in die Anreise nach Tromsø eingebaut, hatte ich in der Nähe von Stuttgart noch die Chance, einem kulturellen Highlight beizuwohnen, bevor es dann wieder Richtung Norden gehen sollte. Meistergitarrist Jeff Beck gab sich die Ehre – in einer Turnhalle! Gedankt sei dem dem 25. Geburtstag eines lokalen Rockmusikvereins, der das mit Hilfe von Sponsoren auf die Beine gestellt hatte. Ansonsten hätten Beck & Co sich wohl kaum nach Winterbach verirrt, eine halbe Stunde S-Bahn-Fahrt hinein in die polarnächtliche Tundra. Ja, und was soll man sagen, der Meister war gut drauf und bestens in Form, messerscharf, hochpräzise und hochvirtuos gab es Leckerbissen aus fast einem halben Jahrhundert Musikgeschichte. Ein begnadeter Musiker, den man nach wenigen Noten erkennt, ein so ganz eigener Ton, direkt aus dem Hirn über die Finger hinein in Holz und Draht. Gitarrenspiel vom Mars. Und das im nicht mehr ganz zarten Alter von 72 Jahren. Vorbildlich!
Weniger vorbildlich war dann die Bahn früh am nächsten Morgen. Die Fahrt von Stuttgart nach Frankfurt Flughafen, die theoretisch eine Stunde hätte dauern sollen, nahm dann satte drei Stunden in Anspruch, einschließlich unfreiwilligen Verlassen des total überfüllten Zuges in Mannheim. Der nächste Zug war ebenfalls so sehr überfüllt, dass schon Personal zur teilweisen Räumung bereit stand. Mental schon auf eine längere und teure Taxifahrt eingestellt, gab es dann doch immerhin einen Stehplatz in der dritten (und für mich letzten) möglichen Verbindung. Genießen Sie das Leben in vollen Zügen!
Ja, im Norden ist doch manches entspannter. Ein schönes Heimkehren auf die Antigua, ein gemütliches Abendessen mit der Crew, die sich auf die letzte Fahrt der Saison freut, die am Sonntag losgeht. Wir hoffen auf Wale und Nordlichter in den nächsten Tagen. Drückt die Daumen!