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Zwei tote Eis­bä­ren Anfang 2020: Unter­su­chun­gen und Kri­tik an Behör­den

Anfang 2020 kamen bei Lon­gye­ar­by­en zwei Eis­bä­ren durch behörd­li­ches Han­deln ums Leben: In den frü­hen Mor­gen­stun­den des 1.1. erschoss die Poli­zei (Sys­sel­mes­ter; damals Sys­sel­man­nen) einen Eis­bä­ren in einer Ent­fer­nung von meh­re­ren Kilo­me­tern vom Ort, obwohl kei­ne aku­te Not­si­tua­ti­on vor­lag (hier mehr zu die­sem Vor­fall). Betäu­ben und Aus­flie­gen sei laut offi­zi­el­ler Mit­tei­lung nicht nötig gewe­sen, weil das erfor­der­li­che Fach­per­so­nal im Weih­nachts­ur­laub gewe­sen sei.

Nur weni­ge Wochen spä­ter, am 30. Janu­ar, starb ein auf behörd­li­che Anord­nung betäub­ter Eis­bär wäh­rend des Trans­ports im Hub­schrau­ber (hier und hier mehr zu die­sem Fall).

Wie man sich vor­stel­len kann, rie­fen bei­de Vor­fäl­le star­ke öffent­li­che Kri­tik her­vor. Auch über­ge­ord­ne­te nor­we­gi­sche Behör­den kamen nach weni­gen Mona­ten zu dem Fall, dass im kon­kre­ten Fall zuwe­nig Fach­kom­pe­tenz invol­viert war und dass die inter­nen Rou­ti­nen und Richt­li­ni­en für die Hand­tie­rung sol­cher Fäl­le nicht aus­rei­chend sind (hier mehr dazu). So war im betref­fen­den Fall etwa kein Tier­arzt ein­be­zo­gen wor­den, obwohl das vor Ort kurz­fris­tig mög­lich gewe­sen wäre.

Betäubter Eisbär und Hubschrauber bei Longyearbyen

Abtrans­port eines betäub­ten Eis­bä­ren bei Lon­gye­ar­by­en (2016).

Dar­über hin­aus hat sich eine für Poli­zei­fäl­le zustän­di­ge Unter­su­chungs­kom­mis­si­on („Spe­sia­len­he­ten for poli­tisa­ker“) die Sache auf ein Man­dat der Staats­an­walt­schaft hin genau ange­schaut. Sowohl Sys­sel­man­nen (Gover­neur und Poli­zei auf Sval­bard; heu­te Sys­sel­mes­ter) als auch das in Rat­ge­bung und Umset­zung invol­vier­te Nor­we­gi­sche Polar­in­sti­tut stan­den unter dem Ver­dacht, wäh­rend der Dienst­aus­übung grob fahr­läs­sig vor­ge­gan­gen zu sein.

Letzt­lich hat die Kom­mis­si­on ihre Unter­su­chung nun ein­ge­stellt und einen Bericht ver­öf­fent­licht: straf­recht­lich rele­van­te Vor­komm­nis­se wur­den nicht fest­ge­stellt. Aller­dings wur­den Feh­ler und unge­nü­gen­de Rou­ti­nen fest­ge­stellt, so dass die Ange­le­gen­heit dem Sys­sel­mes­ter über­ge­ben wur­de. Dort sol­len nun bes­se­re Hand­lungs­plä­ne erar­bei­tet wer­den.

Dass die Kom­mis­si­on sich über­haupt mit den Fäl­len beschäf­tigt hat, ist bemer­kens­wert, und das Ergeb­nis ist bes­ten­falls ein Frei­spruch zwei­ter Klas­se. Tat­säch­lich ist es eine Ohr­fei­ge für die ver­sam­mel­te „eis­bä­ren­fach­li­che Kom­pe­tenz“ von Sys­sel­mes­ter und Polar­in­sti­tut, die poli­zei­lich und fach­lich die höchs­ten zustän­di­gen Instan­zen sind, in deren Hän­den aber Anfang 2020 inner­halb weni­ger Wochen zwei Eis­bä­ren star­ben – mut­maß­lich hät­ten bei­de Fäl­le bei ande­rer Hand­ha­bung ver­mie­den wer­den kön­nen.

Bis­lang kennt die nor­we­gi­sche Poli­tik in sol­chen Fäl­len als Wirk­mit­tel nur das Ver­scheu­chen mit Autos, Motor­schlit­ten oder Hub­schrau­bern, wobei Kri­ti­ker ein­wen­den, dass man dadurch Eis­bä­ren, die nicht direkt ver­schwin­den, schnell bei­bringt, dass auch die laut­star­ke Gegen­wart von Men­schen nicht weh tut. Dann bleibt nur das Betäu­ben und Aus­flie­gen oder aber der töd­li­che Schuss. Nicht-töd­li­che, aber stär­ke Wirk­mit­tel wie Pfef­fer­spray, evtl. auch aus grö­ße­rer Distanz ver­schos­sen, oder Gum­mi­ge­schos­se, die einem Eis­bä­ren auf harm­lo­se Art zei­gen, dass man sich vom Men­schen bes­ser fern­hält, kom­men, soweit bekannt, nicht zum Ein­satz. Hier scheint in Sachen Kom­pe­tenz und Pra­xis noch eine gan­ze Men­ge Luft nach oben zu sein.

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Letzte Änderung: 10. Dezember 2021 · Copyright: Rolf Stange
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