Die im Frühsommer endgültig gefallene Entscheidung der norwegischen Regierung, den nicht- norwegischen Einwohnern Longyearbyens das kommunale Wahlrecht zu entziehen, hat schon reichlich Wellen geschlagen. Das Thema habe ich an dieser Stelle schon mehrfach aufgegriffen und verweise daher zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf die früheren Beiträge, etwa vom Juni 2022.
Mittlerweile beginnt sich zu zeigen, was für Konsequenzen diese Politik haben wird, obwohl die nächste Kommunalwahl in Longyearbyen, bei der das neue Wahlrecht erstmalig angewandt werden wird, erst im Herbst 2023 ansteht.
Klar ist laut NRK zum einen, dass etwa 700 Personen das Wahlrecht (aktiv und passiv) verlieren. Wer keinen norwegischen Pass hat, darf künftig nur noch wählen oder kandidieren, wenn er oder sie mindestens drei Jahre auf dem norwegischen Festland gelebt hat. Das trifft auf die wenigstens der nicht-norwegischen Einwohner Longyearbyens zu. Unter denen, die nun das Wahlrecht verlieren, sind aktive Mitglieder des Gemeinderats (Longyearbyen Lokalstyre) wie die Schwedin Olivia Ericson, die bei der nächsten Wahl nicht wieder kandidieren darf.
Longyearbyen Lokalstyre:
wird absehbar nach der Wahl im Herbst 2023 wohl eine traurige Veranstaltung.
Longyearbyen hat insgesamt rund 2500 Einwohner. Darunter sind viele, die noch nicht volljährig sind oder noch nicht drei Jahre in Longyearbyen gewohnt haben, was immer Voraussetzung für das Wahlrecht war, seit 2002 Lokaldemokratie eingeführt wurde. Wenn nun etwa 700 Menschen das Wahlrecht verlieren, ist damit also über ein Drittel der bislang Wahlberechtigten betroffen. Zu befürchten ist ein entsprechender Verlust an demokratischer Legitimation künftiger Gemeinderäte sowie an politischem und gesellschaftlichen Engagement betroffener Einwohner, von denen viele sich nun als Bürger zweiter Klasse fühlen.
Darüber hinaus zeichnet sich aber bereits eine weitere Konsequenz ab: Um aufgestellt zu werden, müssen Parteien Listen mit mindestens sieben Kandidatinnen und Kandidaten vorlegen. Kleinere Parteien hatten in dem kleinen Städtchen ohnehin Probleme, diese Bedingung zu erfüllen. Als erste Partei hat nun der lokale Zweig der norwegischen Grünen (MDG – Miljøpartiet De Grønne) angekündigt, bei der Wahl 2023 nicht mehr anzutreten. Der Grund ist, dass nicht-norwegische Kandidaten wie die Schwedin Olivia Ericson, Mitglied der MDG, 2023 wie schon erwähnt nicht mehr antreten darf. 2019 waren drei von sieben Kandidaten der MDG Staatsangehörige anderer Staaten als Norwegen. Entsprechend groß ist der Frust bei Ericson und anderen Betroffenen. Auch andere kleinere Parteien wie die Fremskrittsparti (FrP, „Fortschrittspartei“) stehen möglicherweise vor dem Schritt, nicht mehr antreten zu können.
Mehrere derzeitige Mitglieder des Gemeinderats mit norwegischer Nationalität, darunter der amtierende Bürgermeister („lokalstyreleder“) Arild Olsen, haben gegen über NRK angekündigt, 2023 nicht wieder zu kandidieren, und führen als wesentlichen Grund das neue Wahlrecht an.
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